böser Geist, steh mir bei, o Finsterer!" betete der Kahlkopf. -- "Rutsche herum, Spitzbube, ohne weitern Spaß," sagte Schoppe, indem er mit dem gezognen Stockdegen in der Luft von hin¬ ten ein Hufeisen vor dessen Gesicht beschrieb. Er drehte sich elend auf den Knieen herum und der Kopf hieng schlaff vom Halse herab. Schop¬ pe fieng an: "nun hab' ich Dich, Missethäter, Du betest mich ohne Nutzen auf den Knieen an -- ich habe das Richtschwerdt -- toll bin ich auch -- in wenigen Minuten, wenn wir uns ausgesprochen haben, stech' ich gegenwär¬ tigen Stockdegen in Dich -- denn ich bin ein Toller voll fixer Ideen." -- "Ach Herr, (ver¬ setzte der Kahlkopf,) Ihr seyd gewiß sehr ver¬ ständig und bei Verstand und bei sich, ich bitte zu leben, es ist so große Todsünde das Todtma¬ chen." -- Schoppe versetzte: "von meinem Ver¬ stande ein andermal! In effigie hab' ich Dich schon erschossen, nun will ich die Todsünde und den Gewissensbiß nicht umsonst herumtragen, sondern mich in natura dazu thun, Du Seelen- Henker, Du Herz-Trepan!"
"Schoppe, Schoppe!" rief es jetzt einige¬
böſer Geiſt, ſteh mir bei, o Finſterer!“ betete der Kahlkopf. — „Rutſche herum, Spitzbube, ohne weitern Spaß,“ ſagte Schoppe, indem er mit dem gezognen Stockdegen in der Luft von hin¬ ten ein Hufeiſen vor deſſen Geſicht beſchrieb. Er drehte ſich elend auf den Knieen herum und der Kopf hieng ſchlaff vom Halſe herab. Schop¬ pe fieng an: „nun hab' ich Dich, Miſſethäter, Du beteſt mich ohne Nutzen auf den Knieen an — ich habe das Richtſchwerdt — toll bin ich auch — in wenigen Minuten, wenn wir uns ausgeſprochen haben, ſtech' ich gegenwär¬ tigen Stockdegen in Dich — denn ich bin ein Toller voll fixer Ideen.“ — „Ach Herr, (ver¬ ſetzte der Kahlkopf,) Ihr ſeyd gewiß ſehr ver¬ ſtändig und bei Verſtand und bei ſich, ich bitte zu leben, es iſt ſo große Todſünde das Todtma¬ chen.“ — Schoppe verſetzte: „von meinem Ver¬ ſtande ein andermal! In effigie hab' ich Dich ſchon erſchoſſen, nun will ich die Todſünde und den Gewiſſensbiß nicht umſonſt herumtragen, ſondern mich in natura dazu thun, Du Seelen- Henker, Du Herz-Trepan!“
„Schoppe, Schoppe!“ rief es jetzt einige¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0516"n="504"/>
böſer Geiſt, ſteh mir bei, o Finſterer!“ betete der<lb/>
Kahlkopf. —„Rutſche herum, Spitzbube, ohne<lb/>
weitern Spaß,“ſagte Schoppe, indem er mit<lb/>
dem gezognen Stockdegen in der Luft von hin¬<lb/>
ten ein Hufeiſen vor deſſen Geſicht beſchrieb.<lb/>
Er drehte ſich elend auf den Knieen herum und<lb/>
der Kopf hieng ſchlaff vom Halſe herab. Schop¬<lb/>
pe fieng an: „nun hab' ich Dich, Miſſethäter,<lb/>
Du beteſt mich ohne Nutzen auf den Knieen<lb/>
an — ich habe das Richtſchwerdt — toll bin<lb/>
ich auch — in wenigen Minuten, wenn wir<lb/>
uns ausgeſprochen haben, ſtech' ich gegenwär¬<lb/>
tigen Stockdegen in Dich — denn ich bin ein<lb/>
Toller voll fixer Ideen.“—„Ach Herr, (ver¬<lb/>ſetzte der Kahlkopf,) Ihr ſeyd gewiß ſehr ver¬<lb/>ſtändig und bei Verſtand und bei ſich, ich bitte<lb/>
zu leben, es iſt ſo große Todſünde das Todtma¬<lb/>
chen.“— Schoppe verſetzte: „von meinem Ver¬<lb/>ſtande ein andermal! <hirendition="#aq">In effigie</hi> hab' ich Dich<lb/>ſchon erſchoſſen, nun will ich die Todſünde und<lb/>
den Gewiſſensbiß nicht umſonſt herumtragen,<lb/>ſondern mich <hirendition="#aq">in natura</hi> dazu thun, Du Seelen-<lb/>
Henker, Du Herz-Trepan!“</p><lb/><p>„Schoppe, Schoppe!“ rief es jetzt einige¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[504/0516]
böſer Geiſt, ſteh mir bei, o Finſterer!“ betete der
Kahlkopf. — „Rutſche herum, Spitzbube, ohne
weitern Spaß,“ ſagte Schoppe, indem er mit
dem gezognen Stockdegen in der Luft von hin¬
ten ein Hufeiſen vor deſſen Geſicht beſchrieb.
Er drehte ſich elend auf den Knieen herum und
der Kopf hieng ſchlaff vom Halſe herab. Schop¬
pe fieng an: „nun hab' ich Dich, Miſſethäter,
Du beteſt mich ohne Nutzen auf den Knieen
an — ich habe das Richtſchwerdt — toll bin
ich auch — in wenigen Minuten, wenn wir
uns ausgeſprochen haben, ſtech' ich gegenwär¬
tigen Stockdegen in Dich — denn ich bin ein
Toller voll fixer Ideen.“ — „Ach Herr, (ver¬
ſetzte der Kahlkopf,) Ihr ſeyd gewiß ſehr ver¬
ſtändig und bei Verſtand und bei ſich, ich bitte
zu leben, es iſt ſo große Todſünde das Todtma¬
chen.“ — Schoppe verſetzte: „von meinem Ver¬
ſtande ein andermal! In effigie hab' ich Dich
ſchon erſchoſſen, nun will ich die Todſünde und
den Gewiſſensbiß nicht umſonſt herumtragen,
ſondern mich in natura dazu thun, Du Seelen-
Henker, Du Herz-Trepan!“
„Schoppe, Schoppe!“ rief es jetzt einige¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/516>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.