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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Gesträuch vergüldend; und tief in die Erde
hatte sich das schöne Ungeheuer schon mit sei¬
nen Füßen eingegraben. Sie traten hinein,
und stiegen am Gebürge voll Felsenstücke von
einem Sitze der Zuschauer zum andern; Ga¬
spard wagte sich nicht zum sechsten oder höch¬
sten, wo sonst die Männer standen, aber Al¬
bano und die Fürstinn. Da schauete dieser über
die Klippen auf den runden grünenden Krater
des ausgebrannten Vulkans herunter, der einst
auf einmal neuntausend Thiere verschlang und
der sich mit Menschenblut löschte -- der Flam¬
menschein fuhr in das Geklüft und ins Geniste
des Epheus und Lorbeers und unter die gros¬
sen Schatten des Mondes, die wie Abge¬
schiedne sich in den Höhlen aufhielten, -- in
Süden, wo die Ströme der Jahrhunderte und
der Barbaren hereingedrungen waren, standen
einzelne Säulen und geschleifte Arkaden --
Tempel und drei Palläste hatte der Riese mit
seinen Gliedern genährt und gefüttert und noch
schauete er lebendig mit seinen Wunden in die
Welt. --

"Welch' ein Volk! (sagte Albano) Hier

Geſträuch vergüldend; und tief in die Erde
hatte ſich das ſchöne Ungeheuer ſchon mit ſei¬
nen Füßen eingegraben. Sie traten hinein,
und ſtiegen am Gebürge voll Felſenſtücke von
einem Sitze der Zuſchauer zum andern; Ga¬
ſpard wagte ſich nicht zum ſechsten oder höch¬
ſten, wo ſonſt die Männer ſtanden, aber Al¬
bano und die Fürſtinn. Da ſchauete dieſer über
die Klippen auf den runden grünenden Krater
des ausgebrannten Vulkans herunter, der einſt
auf einmal neuntauſend Thiere verſchlang und
der ſich mit Menſchenblut löſchte — der Flam¬
menſchein fuhr in das Geklüft und ins Geniſte
des Epheus und Lorbeers und unter die gros¬
ſen Schatten des Mondes, die wie Abge¬
ſchiedne ſich in den Höhlen aufhielten, — in
Süden, wo die Ströme der Jahrhunderte und
der Barbaren hereingedrungen waren, ſtanden
einzelne Säulen und geſchleifte Arkaden —
Tempel und drei Palläſte hatte der Rieſe mit
ſeinen Gliedern genährt und gefüttert und noch
ſchauete er lebendig mit ſeinen Wunden in die
Welt. —

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[44/0056] Geſträuch vergüldend; und tief in die Erde hatte ſich das ſchöne Ungeheuer ſchon mit ſei¬ nen Füßen eingegraben. Sie traten hinein, und ſtiegen am Gebürge voll Felſenſtücke von einem Sitze der Zuſchauer zum andern; Ga¬ ſpard wagte ſich nicht zum ſechsten oder höch¬ ſten, wo ſonſt die Männer ſtanden, aber Al¬ bano und die Fürſtinn. Da ſchauete dieſer über die Klippen auf den runden grünenden Krater des ausgebrannten Vulkans herunter, der einſt auf einmal neuntauſend Thiere verſchlang und der ſich mit Menſchenblut löſchte — der Flam¬ menſchein fuhr in das Geklüft und ins Geniſte des Epheus und Lorbeers und unter die gros¬ ſen Schatten des Mondes, die wie Abge¬ ſchiedne ſich in den Höhlen aufhielten, — in Süden, wo die Ströme der Jahrhunderte und der Barbaren hereingedrungen waren, ſtanden einzelne Säulen und geſchleifte Arkaden — Tempel und drei Palläſte hatte der Rieſe mit ſeinen Gliedern genährt und gefüttert und noch ſchauete er lebendig mit ſeinen Wunden in die Welt. — „Welch' ein Volk! (ſagte Albano) Hier

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/56>, abgerufen am 21.11.2024.