Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

die zum allgemeinen Besten Campe's Kinderschriften
so oft nachdruckten, nicht auch dessen Wörterbuch nach,
da für wohlfeilen Preis gewiß mancher Gelehrte in
Würtemberg, Baden, Darmstadt und Oesterreich, zur
Förderung der Wissenschaften, sich's ankaufen würde?

Ferner mag das Publikum nicht vergessen, daß
Gelehrte, die jetzt in den bedeutendsten, einflußreichsten
Staats-Aemtern stehen, sich Jahrzehende durch, bis
zu höherer Reife, durch Erwerb von ihren Schriften
auf freyem, meist unabhängigen, jugendlichen Stand¬
punkt erhielten.

Gehen wir über zu den Verlegern! Man
frage, wie viele Buchhandlungen, die vor 30 Jah¬
ren reich waren, es noch sind; man erwäge die Zahl
derer, die seit jener Zeit verarmten; man suche die
Buchhandlungen auf, die in den letzten 30 Jahren
reich, oder nur wohlhabend wurden; man lasse sich
erzählen, wie viele Jahre redliche Buchhändler in
Angst, Kummer und Sorge hinbrachten, um nur
ehrlich bestehen zu können! -- -- -- Die Billig¬
keit wird dann auch die härtesten Vertheidiger des
Nachdrucks zum Schweigen bringen.

Für diese Anführungen wird Niemand Beweise
verlangen, weil sie zu sehr in den Vermögensstand
noch existirender Handlungen eingreifen. Da aber beym
deutschen Buchhandel Rechtlichkeit, Thätigkeit und
guter Wille mehr gelten als Reichthum, wie ich im

die zum allgemeinen Beſten Campe's Kinderſchriften
ſo oft nachdruckten, nicht auch deſſen Woͤrterbuch nach,
da fuͤr wohlfeilen Preis gewiß mancher Gelehrte in
Wuͤrtemberg, Baden, Darmſtadt und Oeſterreich, zur
Foͤrderung der Wiſſenſchaften, ſich's ankaufen wuͤrde?

Ferner mag das Publikum nicht vergeſſen, daß
Gelehrte, die jetzt in den bedeutendſten, einflußreichſten
Staats-Aemtern ſtehen, ſich Jahrzehende durch, bis
zu hoͤherer Reife, durch Erwerb von ihren Schriften
auf freyem, meiſt unabhaͤngigen, jugendlichen Stand¬
punkt erhielten.

Gehen wir uͤber zu den Verlegern! Man
frage, wie viele Buchhandlungen, die vor 30 Jah¬
ren reich waren, es noch ſind; man erwaͤge die Zahl
derer, die ſeit jener Zeit verarmten; man ſuche die
Buchhandlungen auf, die in den letzten 30 Jahren
reich, oder nur wohlhabend wurden; man laſſe ſich
erzaͤhlen, wie viele Jahre redliche Buchhaͤndler in
Angſt, Kummer und Sorge hinbrachten, um nur
ehrlich beſtehen zu koͤnnen! — — — Die Billig¬
keit wird dann auch die haͤrteſten Vertheidiger des
Nachdrucks zum Schweigen bringen.

Fuͤr dieſe Anfuͤhrungen wird Niemand Beweiſe
verlangen, weil ſie zu ſehr in den Vermoͤgensſtand
noch exiſtirender Handlungen eingreifen. Da aber beym
deutſchen Buchhandel Rechtlichkeit, Thaͤtigkeit und
guter Wille mehr gelten als Reichthum, wie ich im

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="25"/>
die zum allgemeinen Be&#x017F;ten Campe's Kinder&#x017F;chriften<lb/>
&#x017F;o oft nachdruckten, nicht auch de&#x017F;&#x017F;en Wo&#x0364;rterbuch nach,<lb/>
da fu&#x0364;r wohlfeilen Preis gewiß mancher Gelehrte in<lb/>
Wu&#x0364;rtemberg, Baden, Darm&#x017F;tadt und Oe&#x017F;terreich, zur<lb/>
Fo&#x0364;rderung der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, &#x017F;ich's ankaufen wu&#x0364;rde?</p><lb/>
          <p>Ferner mag das Publikum nicht verge&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
Gelehrte, die jetzt in den bedeutend&#x017F;ten, einflußreich&#x017F;ten<lb/>
Staats-Aemtern &#x017F;tehen, &#x017F;ich Jahrzehende durch, bis<lb/>
zu ho&#x0364;herer Reife, durch Erwerb von ihren Schriften<lb/>
auf freyem, mei&#x017F;t unabha&#x0364;ngigen, jugendlichen Stand¬<lb/>
punkt erhielten.</p><lb/>
          <p>Gehen wir u&#x0364;ber zu den Verlegern! Man<lb/>
frage, wie viele Buchhandlungen, die vor 30 Jah¬<lb/>
ren reich waren, es noch &#x017F;ind; man erwa&#x0364;ge die Zahl<lb/>
derer, die &#x017F;eit jener Zeit verarmten; man &#x017F;uche die<lb/>
Buchhandlungen auf, die in den letzten 30 Jahren<lb/>
reich, oder nur wohlhabend wurden; man la&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich<lb/>
erza&#x0364;hlen, wie viele Jahre redliche Buchha&#x0364;ndler in<lb/>
Ang&#x017F;t, Kummer und Sorge hinbrachten, um nur<lb/>
ehrlich be&#x017F;tehen zu ko&#x0364;nnen! &#x2014; &#x2014; &#x2014; Die Billig¬<lb/>
keit wird dann auch die ha&#x0364;rte&#x017F;ten Vertheidiger des<lb/>
Nachdrucks zum Schweigen bringen.</p><lb/>
          <p>Fu&#x0364;r die&#x017F;e Anfu&#x0364;hrungen wird Niemand Bewei&#x017F;e<lb/>
verlangen, weil &#x017F;ie zu &#x017F;ehr in den Vermo&#x0364;gens&#x017F;tand<lb/>
noch exi&#x017F;tirender Handlungen eingreifen. Da aber beym<lb/>
deut&#x017F;chen Buchhandel Rechtlichkeit, Tha&#x0364;tigkeit und<lb/>
guter Wille mehr gelten als Reichthum, wie ich im<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0031] die zum allgemeinen Beſten Campe's Kinderſchriften ſo oft nachdruckten, nicht auch deſſen Woͤrterbuch nach, da fuͤr wohlfeilen Preis gewiß mancher Gelehrte in Wuͤrtemberg, Baden, Darmſtadt und Oeſterreich, zur Foͤrderung der Wiſſenſchaften, ſich's ankaufen wuͤrde? Ferner mag das Publikum nicht vergeſſen, daß Gelehrte, die jetzt in den bedeutendſten, einflußreichſten Staats-Aemtern ſtehen, ſich Jahrzehende durch, bis zu hoͤherer Reife, durch Erwerb von ihren Schriften auf freyem, meiſt unabhaͤngigen, jugendlichen Stand¬ punkt erhielten. Gehen wir uͤber zu den Verlegern! Man frage, wie viele Buchhandlungen, die vor 30 Jah¬ ren reich waren, es noch ſind; man erwaͤge die Zahl derer, die ſeit jener Zeit verarmten; man ſuche die Buchhandlungen auf, die in den letzten 30 Jahren reich, oder nur wohlhabend wurden; man laſſe ſich erzaͤhlen, wie viele Jahre redliche Buchhaͤndler in Angſt, Kummer und Sorge hinbrachten, um nur ehrlich beſtehen zu koͤnnen! — — — Die Billig¬ keit wird dann auch die haͤrteſten Vertheidiger des Nachdrucks zum Schweigen bringen. Fuͤr dieſe Anfuͤhrungen wird Niemand Beweiſe verlangen, weil ſie zu ſehr in den Vermoͤgensſtand noch exiſtirender Handlungen eingreifen. Da aber beym deutſchen Buchhandel Rechtlichkeit, Thaͤtigkeit und guter Wille mehr gelten als Reichthum, wie ich im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816/31
Zitationshilfe: Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816/31>, abgerufen am 21.11.2024.