Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
zu poltern/ wie der Hercules furens beym Seneca, so
versichere ich dich/ daß du eine rechte incommode Creatur
bist. Kluge Leute müssen mit solchen Zahnbrechern und
Titulmachern compassion haben. Endlich dienen ihre
objectiones, die sie mit grossem Geschrey in die Welt aus-
fliegen lassen/ zu nichts als zu Tobacks-fidibus, oder
sonst etwas. Lasse dir des Collins sein Buch de la
liberte de penser recommendi
ret seyn. Denn ob man
gleich nicht alles vor ein Evangelium aufnehmen darff/
was er saget/ so wirst du doch vieles finden/ das dich auf
bescheidnere Wege bringen kan. Diejenigen/ so da nicht
leiden können/ daß man von ihnen dissentiret/ und da-
hero mit lauter lästern und tourniren angestochen kom-
men/ sind gemeiniglich elende Fincken-Ritter. Sie den-
cken/ durch Freyheit im raisonniren gienge ihr gantzer
Marck/ und was sie mit vieler Mühe in das von Vorur-
theilen überhäuffte Gehirne gebracht/ auf einmahl zu
Grunde. Jch suche nach dem Exempel anderer berühm-
ter Leute einige Materien des Kirchen-Rechts in ein hel-
leres Licht zu setzen. Jch gestehe aber dabey meine
Schwachheit/ und daß ich ein Deus minorum gentium
bin. Dessen aber ohngeachtet werde verschiedenes ange-
zeiget haben/ das man vorhero nicht geschrieben. Du
wirst es auch selbsten wahrnehmen/ und vielleicht von
manchem andere Gedancken fassen/ wenn du anders mei-
ne Schrifft mit ohnpartheyischen Augen ansiehest. Kanst
du dieses nicht thun/ so weiß ich dir nicht besser zu rathen/
als daß du gar nichts von demjenigen liesest/ was ich
vorgetragen. Sonsten kanst du/ wie bereits gemeldet/ frey
raisonniren. Denn in re publica litteraria hat einer so viel
Freyheit als der andere. Jedoch gleichwie ich/ wo von ei-

nigen

Vorrede.
zu poltern/ wie der Hercules furens beym Seneca, ſo
verſichere ich dich/ daß du eine rechte incommode Creatur
biſt. Kluge Leute muͤſſen mit ſolchen Zahnbrechern und
Titulmachern compasſion haben. Endlich dienen ihre
objectiones, die ſie mit groſſem Geſchrey in die Welt aus-
fliegen laſſen/ zu nichts als zu Tobacks-fidibus, oder
ſonſt etwas. Laſſe dir des Collins ſein Buch de la
liberté de penſer recommendi
ret ſeyn. Denn ob man
gleich nicht alles vor ein Evangelium aufnehmen darff/
was er ſaget/ ſo wirſt du doch vieles finden/ das dich auf
beſcheidnere Wege bringen kan. Diejenigen/ ſo da nicht
leiden koͤnnen/ daß man von ihnen diſſentiret/ und da-
hero mit lauter laͤſtern und tourniren angeſtochen kom-
men/ ſind gemeiniglich elende Fincken-Ritter. Sie den-
cken/ durch Freyheit im raiſonniren gienge ihr gantzer
Marck/ und was ſie mit vieler Muͤhe in das von Vorur-
theilen uͤberhaͤuffte Gehirne gebracht/ auf einmahl zu
Grunde. Jch ſuche nach dem Exempel anderer beruͤhm-
ter Leute einige Materien des Kirchen-Rechts in ein hel-
leres Licht zu ſetzen. Jch geſtehe aber dabey meine
Schwachheit/ und daß ich ein Deus minorum gentium
bin. Deſſen aber ohngeachtet werde verſchiedenes ange-
zeiget haben/ das man vorhero nicht geſchrieben. Du
wirſt es auch ſelbſten wahrnehmen/ und vielleicht von
manchem andere Gedancken faſſen/ wenn du anders mei-
ne Schrifft mit ohnpartheyiſchen Augen anſieheſt. Kanſt
du dieſes nicht thun/ ſo weiß ich dir nicht beſſer zu rathen/
als daß du gar nichts von demjenigen lieſeſt/ was ich
vorgetragen. Sonſten kanſt du/ wie bereits gemeldet/ frey
raiſonniren. Denn in re publica litteraria hat einer ſo viel
Freyheit als der andere. Jedoch gleichwie ich/ wo von ei-

nigen
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
zu poltern/ wie der <hi rendition="#aq">Hercules furens</hi> beym <hi rendition="#aq">Seneca,</hi> &#x017F;o<lb/>
ver&#x017F;ichere ich dich/ daß du eine rechte <hi rendition="#aq">incommode</hi> Creatur<lb/>
bi&#x017F;t. Kluge Leute mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mit &#x017F;olchen Zahnbrechern und<lb/>
Titulmachern <hi rendition="#aq">compas&#x017F;ion</hi> haben. Endlich dienen ihre<lb/><hi rendition="#aq">objectiones,</hi> die &#x017F;ie mit gro&#x017F;&#x017F;em Ge&#x017F;chrey in die Welt aus-<lb/>
fliegen la&#x017F;&#x017F;en/ zu nichts als zu Tobacks-<hi rendition="#aq">fidibus,</hi> oder<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t etwas. La&#x017F;&#x017F;e dir des <hi rendition="#aq">Collins</hi> &#x017F;ein Buch <hi rendition="#aq">de la<lb/>
liberté de pen&#x017F;er recommendi</hi>ret &#x017F;eyn. Denn ob man<lb/>
gleich nicht alles vor ein Evangelium aufnehmen darff/<lb/>
was er &#x017F;aget/ &#x017F;o wir&#x017F;t du doch vieles finden/ das dich auf<lb/>
be&#x017F;cheidnere Wege bringen kan. Diejenigen/ &#x017F;o da nicht<lb/>
leiden ko&#x0364;nnen/ daß man von ihnen <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;enti</hi>ret/ und da-<lb/>
hero mit lauter la&#x0364;&#x017F;tern und <hi rendition="#aq">tourni</hi>ren ange&#x017F;tochen kom-<lb/>
men/ &#x017F;ind gemeiniglich elende Fincken-Ritter. Sie den-<lb/>
cken/ durch Freyheit im <hi rendition="#aq">rai&#x017F;onni</hi>ren gienge ihr gantzer<lb/>
Marck/ und was &#x017F;ie mit vieler Mu&#x0364;he in das von Vorur-<lb/>
theilen u&#x0364;berha&#x0364;uffte Gehirne gebracht/ auf einmahl zu<lb/>
Grunde. Jch &#x017F;uche nach dem Exempel anderer beru&#x0364;hm-<lb/>
ter Leute einige Materien des Kirchen-Rechts in ein hel-<lb/>
leres Licht zu &#x017F;etzen. Jch ge&#x017F;tehe aber dabey meine<lb/>
Schwachheit/ und daß ich ein <hi rendition="#aq">Deus minorum gentium</hi><lb/>
bin. De&#x017F;&#x017F;en aber ohngeachtet werde ver&#x017F;chiedenes ange-<lb/>
zeiget haben/ das man vorhero nicht ge&#x017F;chrieben. Du<lb/>
wir&#x017F;t es auch &#x017F;elb&#x017F;ten wahrnehmen/ und vielleicht von<lb/>
manchem andere Gedancken fa&#x017F;&#x017F;en/ wenn du anders mei-<lb/>
ne Schrifft mit ohnpartheyi&#x017F;chen Augen an&#x017F;iehe&#x017F;t. Kan&#x017F;t<lb/>
du die&#x017F;es nicht thun/ &#x017F;o weiß ich dir nicht be&#x017F;&#x017F;er zu rathen/<lb/>
als daß du gar nichts von demjenigen lie&#x017F;e&#x017F;t/ was ich<lb/>
vorgetragen. Son&#x017F;ten kan&#x017F;t du/ wie bereits gemeldet/ frey<lb/><hi rendition="#aq">rai&#x017F;onni</hi>ren. Denn <hi rendition="#aq">in re publica litteraria</hi> hat einer &#x017F;o viel<lb/>
Freyheit als der andere. Jedoch gleichwie ich/ wo von ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nigen</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0014] Vorrede. zu poltern/ wie der Hercules furens beym Seneca, ſo verſichere ich dich/ daß du eine rechte incommode Creatur biſt. Kluge Leute muͤſſen mit ſolchen Zahnbrechern und Titulmachern compasſion haben. Endlich dienen ihre objectiones, die ſie mit groſſem Geſchrey in die Welt aus- fliegen laſſen/ zu nichts als zu Tobacks-fidibus, oder ſonſt etwas. Laſſe dir des Collins ſein Buch de la liberté de penſer recommendiret ſeyn. Denn ob man gleich nicht alles vor ein Evangelium aufnehmen darff/ was er ſaget/ ſo wirſt du doch vieles finden/ das dich auf beſcheidnere Wege bringen kan. Diejenigen/ ſo da nicht leiden koͤnnen/ daß man von ihnen diſſentiret/ und da- hero mit lauter laͤſtern und tourniren angeſtochen kom- men/ ſind gemeiniglich elende Fincken-Ritter. Sie den- cken/ durch Freyheit im raiſonniren gienge ihr gantzer Marck/ und was ſie mit vieler Muͤhe in das von Vorur- theilen uͤberhaͤuffte Gehirne gebracht/ auf einmahl zu Grunde. Jch ſuche nach dem Exempel anderer beruͤhm- ter Leute einige Materien des Kirchen-Rechts in ein hel- leres Licht zu ſetzen. Jch geſtehe aber dabey meine Schwachheit/ und daß ich ein Deus minorum gentium bin. Deſſen aber ohngeachtet werde verſchiedenes ange- zeiget haben/ das man vorhero nicht geſchrieben. Du wirſt es auch ſelbſten wahrnehmen/ und vielleicht von manchem andere Gedancken faſſen/ wenn du anders mei- ne Schrifft mit ohnpartheyiſchen Augen anſieheſt. Kanſt du dieſes nicht thun/ ſo weiß ich dir nicht beſſer zu rathen/ als daß du gar nichts von demjenigen lieſeſt/ was ich vorgetragen. Sonſten kanſt du/ wie bereits gemeldet/ frey raiſonniren. Denn in re publica litteraria hat einer ſo viel Freyheit als der andere. Jedoch gleichwie ich/ wo von ei- nigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/14
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/14>, abgerufen am 03.12.2024.