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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stühle,
Untersu-
chung, ob al-
len Kirchen-
Dienern
das Recht
Sünde zu
vergeben zu-komme.
§. XIII.

Vielleicht aber kan nach einiger Meinung der
Sache also geholffen werden/ wenn man vorgiebet/ die Ge-
walt/ Sünde zu vergeben/ sey allezeit bey der ordentlichen
Geistlichkeit
gewesen. Da die Apostel verstorben/ hätten die
Bischöffe und Aeltesten alsobald solches Recht ausgeübet. Der
gelehrte Calvoer ist dieser Meinung/ wenn er saget a):
Das Amt der Schlüssel und Gebrauch derselben, ist ohne al-
len Zweiffel beständig bey der Clerisey gewesen, welches auch

des
unterscheiden. Es ist also eben so viel, als wenn ich sagte, wie
ich nicht wüste, wer die Macht, Sünde zu vergeben, hätte.
a) Calvoers Mei-
nung.
Cit. l. Lib. II. sect. I. cap. 10. §. 7. Exercitium clauium, absque du-
bio semper fuit penes clerum, nec hoc contra institutum domi-
nicum. Non exercuerunt proinde jus hoc Paulus solummodo,
sed & successores in ministerio, presbyterium nempe ac succes-
su temporis Episcopi, cumprimis afsistente clero &c.
Allein
wie wird dieses bewiesen? Man beruffet sich auf die 14. 15. 16.
epist. Cypriani Lib. III. Aber alle diese Stellen handeln von der
solennen öffentlichen Busse (exomologesi). Wenn diese völlig
verrichtet worden, legte der Bischoff nebst der Clerisey denen Buß-
fertigen die Hand auf. Wie räumet sich dieses auf die heutige
Beichte? Es pflegten ja dazumahl die Leute weder überhaupt,
noch ins besondere eine Beichte denen Priestern abzulegen. Man
vergabe die Sünden nicht an GOttes statt. Gesetzt aber es
wäre nicht unrecht gethan, wenn man Cypriani Stellen auf den
heutigen Gebrauch ziehen wolte. Jst darum Calvoers Meinung
richtig, daß nach der Apostel Tod die Clerisey sich das Recht,
Sünde zu vergeben, zugeeignet? Jch halte nicht dafür, daß es
angehet. Denn zwischen denen Zeiten der Apostel und Cypriani,
ist ein ziemlicher Raum. Allein Cyprianus handelt wie gedacht in
dem geringsten nicht von der heutigen Beicht-Art. Durch die
Auflegung der Hände, so damahls denen Bußfertigen wiederfah-
ren, gaben der Bischoff und die Clerisey zu verstehen, die Kirche
hätte das angethane Unrecht verziehen und vergessen. Conf. su-
pra cap. 1. §. 9. & 10.

b) Die-
I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle,
Unterſu-
chung, ob al-
len Kirchen-
Dienern
das Recht
Suͤnde zu
vergeben zu-komme.
§. XIII.

Vielleicht aber kan nach einiger Meinung der
Sache alſo geholffen werden/ wenn man vorgiebet/ die Ge-
walt/ Suͤnde zu vergeben/ ſey allezeit bey der ordentlichen
Geiſtlichkeit
geweſen. Da die Apoſtel verſtorben/ haͤtten die
Biſchoͤffe und Aelteſten alſobald ſolches Recht ausgeuͤbet. Der
gelehrte Calvœr iſt dieſer Meinung/ wenn er ſaget a):
Das Amt der Schluͤſſel und Gebrauch derſelben, iſt ohne al-
len Zweiffel beſtaͤndig bey der Cleriſey geweſen, welches auch

des
unterſcheiden. Es iſt alſo eben ſo viel, als wenn ich ſagte, wie
ich nicht wuͤſte, wer die Macht, Suͤnde zu vergeben, haͤtte.
a) Calvœrs Mei-
nung.
Cit. l. Lib. II. ſect. I. cap. 10. §. 7. Exercitium clauium, absque du-
bio ſemper fuit penes clerum, nec hoc contra inſtitutum domi-
nicum. Non exercuerunt proinde jus hoc Paulus ſolummodo,
ſed & ſucceſſores in miniſterio, presbyterium nempe ac ſucces-
ſu temporis Epiſcopi, cumprimis afſiſtente clero &c.
Allein
wie wird dieſes bewieſen? Man beruffet ſich auf die 14. 15. 16.
epiſt. Cypriani Lib. III. Aber alle dieſe Stellen handeln von der
ſolennen oͤffentlichen Buſſe (exomologeſi). Wenn dieſe voͤllig
verrichtet worden, legte der Biſchoff nebſt der Cleriſey denen Buß-
fertigen die Hand auf. Wie raͤumet ſich dieſes auf die heutige
Beichte? Es pflegten ja dazumahl die Leute weder uͤberhaupt,
noch ins beſondere eine Beichte denen Prieſtern abzulegen. Man
vergabe die Suͤnden nicht an GOttes ſtatt. Geſetzt aber es
waͤre nicht unrecht gethan, wenn man Cypriani Stellen auf den
heutigen Gebrauch ziehen wolte. Jſt darum Calvœrs Meinung
richtig, daß nach der Apoſtel Tod die Cleriſey ſich das Recht,
Suͤnde zu vergeben, zugeeignet? Jch halte nicht dafuͤr, daß es
angehet. Denn zwiſchen denen Zeiten der Apoſtel und Cypriani,
iſt ein ziemlicher Raum. Allein Cyprianus handelt wie gedacht in
dem geringſten nicht von der heutigen Beicht-Art. Durch die
Auflegung der Haͤnde, ſo damahls denen Bußfertigen wiederfah-
ren, gaben der Biſchoff und die Cleriſey zu verſtehen, die Kirche
haͤtte das angethane Unrecht verziehen und vergeſſen. Conf. ſu-
pra cap. 1. §. 9. & 10.

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[154/0173] I. Abth. IV. Cap. Von Beybehaltung der Beicht-Stuͤhle, §. XIII. Vielleicht aber kan nach einiger Meinung der Sache alſo geholffen werden/ wenn man vorgiebet/ die Ge- walt/ Suͤnde zu vergeben/ ſey allezeit bey der ordentlichen Geiſtlichkeit geweſen. Da die Apoſtel verſtorben/ haͤtten die Biſchoͤffe und Aelteſten alſobald ſolches Recht ausgeuͤbet. Der gelehrte Calvœr iſt dieſer Meinung/ wenn er ſaget a): Das Amt der Schluͤſſel und Gebrauch derſelben, iſt ohne al- len Zweiffel beſtaͤndig bey der Cleriſey geweſen, welches auch des (b) a) Cit. l. Lib. II. ſect. I. cap. 10. §. 7. Exercitium clauium, absque du- bio ſemper fuit penes clerum, nec hoc contra inſtitutum domi- nicum. Non exercuerunt proinde jus hoc Paulus ſolummodo, ſed & ſucceſſores in miniſterio, presbyterium nempe ac ſucces- ſu temporis Epiſcopi, cumprimis afſiſtente clero &c. Allein wie wird dieſes bewieſen? Man beruffet ſich auf die 14. 15. 16. epiſt. Cypriani Lib. III. Aber alle dieſe Stellen handeln von der ſolennen oͤffentlichen Buſſe (exomologeſi). Wenn dieſe voͤllig verrichtet worden, legte der Biſchoff nebſt der Cleriſey denen Buß- fertigen die Hand auf. Wie raͤumet ſich dieſes auf die heutige Beichte? Es pflegten ja dazumahl die Leute weder uͤberhaupt, noch ins beſondere eine Beichte denen Prieſtern abzulegen. Man vergabe die Suͤnden nicht an GOttes ſtatt. Geſetzt aber es waͤre nicht unrecht gethan, wenn man Cypriani Stellen auf den heutigen Gebrauch ziehen wolte. Jſt darum Calvœrs Meinung richtig, daß nach der Apoſtel Tod die Cleriſey ſich das Recht, Suͤnde zu vergeben, zugeeignet? Jch halte nicht dafuͤr, daß es angehet. Denn zwiſchen denen Zeiten der Apoſtel und Cypriani, iſt ein ziemlicher Raum. Allein Cyprianus handelt wie gedacht in dem geringſten nicht von der heutigen Beicht-Art. Durch die Auflegung der Haͤnde, ſo damahls denen Bußfertigen wiederfah- ren, gaben der Biſchoff und die Cleriſey zu verſtehen, die Kirche haͤtte das angethane Unrecht verziehen und vergeſſen. Conf. ſu- pra cap. 1. §. 9. & 10. b) Die- (b) unterſcheiden. Es iſt alſo eben ſo viel, als wenn ich ſagte, wie ich nicht wuͤſte, wer die Macht, Suͤnde zu vergeben, haͤtte.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/173>, abgerufen am 21.11.2024.