Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.eines gewissen Beicht-Vaters. befiehlet denen Bischöffen, zu desto sicherer Wahrnehmungder Seeligkeit, der ihnen anvertrauten Seelen, daß sie das Volck in gewisse eigene Pfarren eintheilen, und denen einen be- sondern und beständigen Pfarherrn geben, der solche sich be- kannt machen kan, und von welchem sie EJNZJG und AL- LEJN die Sacramenta mit Recht empfangen mögen. Von dieser Gewohnheit gehen auch die Protestirende nicht ab. Man darff sich auch solches nicht befrembden lassen/ indem die meisten Kirchen-Ordnungen aus denen Canonischen Rechten gezogen sind b). Man träget uns also in solchen einer- liche zuweilen gar sehr, daß dem Zwang-Recht kein Abbruch ge- schehen möge. Man will der Kirchen die alte Freyheit keines wegs wiederum angedeyhen lassen. b) Das Jus Canonicum wurde bey der Reformation durch HülffeAnmerckung von denen Pro- testirenden Kirchen-Ord- nungen. der Wittenbergischen Juristen gar fleißig beybehalten. Luther kunte solches nicht hindern, wie sehr er auch auf das canonische Recht erbittert war. Die Juristen kunnten nicht auf seine Seite gebracht werden, so viel diesen Punct betrifft. Man machte zwar dazumahl Kirchen-Ordnungen, wie man denn weiß, daß Bugen- hagen und andere daran gearbeitet. Diese aber giengen mei- stentheils nur auf die Liturgie und ceremonien. Auf Juristi- sche Sachen, waren solche gar wenig gerichtet. Die Juristen de- battirten also die strittigen Kirchen-Sachen nach dem Canonischen Recht. Ein und das andere wurde geändert, aber nicht gar viel. Die conclusiones behielten sie gemeiniglich und applicirten auch solche bey protestirenden Gerichten, ob gleich die Theologi die principia, daraus sie geflossen, verworffen und verdammt haben, Die damahligen Juristen hatten auch die Geschicklichkeit nicht. eine Reformation in denen Rechten vorzunehmen. Ja es ist auch im XVII. Sec. nicht viel besser gewesen. Aus Reinkings, Carp- zovs, Schilters, Linckens und anderer Schrifften, kan man es zur Gnüge abnehmen. Brunnemann, der gar viele Fehler in dem Canonischen Recht beobachtet, strauchelt doch noch hin und wie- der gar sehr. Hieraus ist leicht abzunehmen, wie viel Gutes durch die Kirchen-Ordnungen, was die materias juris betrifft, ge- stifftet worden. c) De a a 2
eines gewiſſen Beicht-Vaters. befiehlet denen Biſchoͤffen, zu deſto ſicherer Wahrnehmungder Seeligkeit, der ihnen anvertrauten Seelen, daß ſie das Volck in gewiſſe eigene Pfarren eintheilen, und denen einen be- ſondern und beſtaͤndigen Pfarherrn geben, der ſolche ſich be- kannt machen kan, und von welchem ſie EJNZJG und AL- LEJN die Sacramenta mit Recht empfangen moͤgen. Von dieſer Gewohnheit gehen auch die Proteſtirende nicht ab. Man darff ſich auch ſolches nicht befrembden laſſen/ indem die meiſten Kirchen-Ordnungen aus denen Canoniſchen Rechten gezogen ſind b). Man traͤget uns alſo in ſolchen einer- liche zuweilen gar ſehr, daß dem Zwang-Recht kein Abbruch ge- ſchehen moͤge. Man will der Kirchen die alte Freyheit keines wegs wiederum angedeyhen laſſen. b) Das Jus Canonicum wurde bey der Reformation durch HuͤlffeAnmerckung von denen Pro- teſtirenden Kirchen-Ord- nungen. der Wittenbergiſchen Juriſten gar fleißig beybehalten. Luther kunte ſolches nicht hindern, wie ſehr er auch auf das canoniſche Recht erbittert war. Die Juriſten kunnten nicht auf ſeine Seite gebracht werden, ſo viel dieſen Punct betrifft. Man machte zwar dazumahl Kirchen-Ordnungen, wie man denn weiß, daß Bugen- hagen und andere daran gearbeitet. Dieſe aber giengen mei- ſtentheils nur auf die Liturgie und ceremonien. Auf Juriſti- ſche Sachen, waren ſolche gar wenig gerichtet. Die Juriſten de- battirten alſo die ſtrittigen Kirchen-Sachen nach dem Canoniſchen Recht. Ein und das andere wurde geaͤndert, aber nicht gar viel. Die concluſiones behielten ſie gemeiniglich und applicirten auch ſolche bey proteſtirenden Gerichten, ob gleich die Theologi die principia, daraus ſie gefloſſen, verworffen und verdammt haben, Die damahligen Juriſten hatten auch die Geſchicklichkeit nicht. eine Reformation in denen Rechten vorzunehmen. Ja es iſt auch im XVII. Sec. nicht viel beſſer geweſen. Aus Reinkings, Carp- zovs, Schilters, Linckens und anderer Schrifften, kan man es zur Gnuͤge abnehmen. Brunnemann, der gar viele Fehler in dem Canoniſchen Recht beobachtet, ſtrauchelt doch noch hin und wie- der gar ſehr. Hieraus iſt leicht abzunehmen, wie viel Gutes durch die Kirchen-Ordnungen, was die materias juris betrifft, ge- ſtifftet worden. c) De a a 2
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befiehlet denen Biſchoͤffen, zu deſto ſicherer Wahrnehmung
der Seeligkeit, der ihnen anvertrauten Seelen, daß ſie das
Volck in gewiſſe eigene Pfarren eintheilen, und denen einen be-
ſondern und beſtaͤndigen Pfarherrn geben, der ſolche ſich be-
kannt machen kan, und von welchem ſie EJNZJG und AL-
LEJN die Sacramenta mit Recht empfangen moͤgen. Von
dieſer Gewohnheit gehen auch die Proteſtirende nicht ab.
Man darff ſich auch ſolches nicht befrembden laſſen/ indem
die meiſten Kirchen-Ordnungen aus denen Canoniſchen
Rechten gezogen ſind b). Man traͤget uns alſo in ſolchen
einer-
(a)
b) Das Jus Canonicum wurde bey der Reformation durch Huͤlffe
der Wittenbergiſchen Juriſten gar fleißig beybehalten. Luther
kunte ſolches nicht hindern, wie ſehr er auch auf das canoniſche
Recht erbittert war. Die Juriſten kunnten nicht auf ſeine Seite
gebracht werden, ſo viel dieſen Punct betrifft. Man machte zwar
dazumahl Kirchen-Ordnungen, wie man denn weiß, daß Bugen-
hagen und andere daran gearbeitet. Dieſe aber giengen mei-
ſtentheils nur auf die Liturgie und ceremonien. Auf Juriſti-
ſche Sachen, waren ſolche gar wenig gerichtet. Die Juriſten de-
battirten alſo die ſtrittigen Kirchen-Sachen nach dem Canoniſchen
Recht. Ein und das andere wurde geaͤndert, aber nicht gar viel.
Die concluſiones behielten ſie gemeiniglich und applicirten auch
ſolche bey proteſtirenden Gerichten, ob gleich die Theologi die
principia, daraus ſie gefloſſen, verworffen und verdammt haben,
Die damahligen Juriſten hatten auch die Geſchicklichkeit nicht.
eine Reformation in denen Rechten vorzunehmen. Ja es iſt auch
im XVII. Sec. nicht viel beſſer geweſen. Aus Reinkings, Carp-
zovs, Schilters, Linckens und anderer Schrifften, kan man es
zur Gnuͤge abnehmen. Brunnemann, der gar viele Fehler in dem
Canoniſchen Recht beobachtet, ſtrauchelt doch noch hin und wie-
der gar ſehr. Hieraus iſt leicht abzunehmen, wie viel Gutes
durch die Kirchen-Ordnungen, was die materias juris betrifft, ge-
ſtifftet worden.
c) De
(a) liche zuweilen gar ſehr, daß dem Zwang-Recht kein Abbruch ge-
ſchehen moͤge. Man will der Kirchen die alte Freyheit keines
wegs wiederum angedeyhen laſſen.
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