Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Vorbericht von der Juristen nicht sogleich verstehet was die Schrifft will/ so wird man garleicht von ihrer Meinung muthmassen können. Jedoch ist eine Muthmassung stärcker als die andere. muß bey Le- sung der Schrifftnachforschen. §. VII. Wer also selbst der Sache nachdencket/ verdie- heisset uns die Nachfor- schung und Beurthei-lung selbst. §. VIII. Bey einer solchen Aufführung/ da man warum (a) Was bey unter-
suchung der Wahrheit zu beobachten.Augustinus c. 3. contr. epist. fundam. Nemo nostrum dicat, se jam inuenisse veritatem. Sic eam quaeramus, quasi ab utrisque nesciatur. Ita enim diligenter & concorditer quaeri poterit, si nulla temeraria praesumtione inuenta & cognita esse credatur. Vorbericht von der Juriſten nicht ſogleich verſtehet was die Schrifft will/ ſo wird man garleicht von ihrer Meinung muthmaſſen koͤnnen. Jedoch iſt eine Muthmaſſung ſtaͤrcker als die andere. muß bey Le- ſung der Schrifftnachforſchen. §. VII. Wer alſo ſelbſt der Sache nachdencket/ verdie- heiſſet uns die Nachfor- ſchung und Beurthei-lung ſelbſt. §. VIII. Bey einer ſolchen Auffuͤhrung/ da man warum (a) Was bey unter-
ſuchung der Wahrheit zu beobachten.Auguſtinus c. 3. contr. epiſt. fundam. Nemo noſtrum dicat, ſe jam inueniſſe veritatem. Sic eam quæramus, quaſi ab utrisque neſciatur. Ita enim diligenter & concorditer quæri poterit, ſi nulla temeraria præſumtione inuenta & cognita eſſe credatur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0027" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorbericht von der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Juriſten</hi></hi></hi></fw><lb/> nicht ſogleich verſtehet was die Schrifft will/ ſo wird man gar<lb/> leicht von ihrer Meinung muthmaſſen koͤnnen. Jedoch iſt<lb/> eine Muthmaſſung ſtaͤrcker als die andere.</p><lb/> <note place="left">Ein jeder<lb/> muß bey Le-<lb/> ſung der<lb/> Schrifftnachforſchen.</note> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. <hi rendition="#aq">VII.</hi></head> <p>Wer alſo ſelbſt der Sache nachdencket/ verdie-<lb/> net vor andern gelobet zu werden. Es muß auch von<lb/> rechtswegen ein ieder die Wahrheiten und Wahrſcheinlichkei-<lb/> ten ſelbſten ſehen. Wer dieſes nicht thut/ der <hi rendition="#aq">raiſonniret</hi><lb/> auch nicht/ ſondern andere thun es vor ihm. Zwar weiß ich<lb/> allzuwohl/ daß man diejenigen/ ſo ihre Vernunfft unter dem<lb/><hi rendition="#fr">Gehorſam der Prediger</hi> gefangen nehmen vor andern zu erhe-<lb/> ben pfleget. Ja man will zu weilen einige bereden/ es muͤſte<lb/> alſo ſeyn. Jch kan aber nicht verhalten/ daß mir allezeit da-<lb/> bey einfaͤlt/ es ſey ſolches ein ſchlimmer Streich. Hat der<lb/> Pabſt dem ſeeligen Luther und andern <hi rendition="#aq">Reformatoribus</hi> nicht<lb/> eben dergleichen weiß machen wollen? Klinget der Jeſuiten<lb/> ihre Meinung nicht noch heute zu Tage auff dieſen Schlag?<lb/> Man muß aber wiſſen/ daß man ſich zwar verbindlich machen<lb/> koͤnne iemand zu <hi rendition="#fr">gehorchen,</hi> keines weges aber alles/ was er ſa-<lb/> get zu <hi rendition="#fr">glauben.</hi> Jſt denn alles ſchon ſo gewiß/ daß weiter<lb/> nichts dawieder einzuwenden? Hoͤre was <hi rendition="#aq">Auguſtinus</hi> ſaget:<lb/><note place="foot" n="(a)"><note place="left">Was bey unter-<lb/> ſuchung der<lb/> Wahrheit zu<lb/> beobachten.</note><hi rendition="#aq">Auguſtinus <hi rendition="#i">c. 3. contr. epiſt. fundam.</hi> Nemo noſtrum dicat, ſe jam<lb/> inueniſſe veritatem. Sic eam quæramus, quaſi ab utrisque neſciatur.<lb/> Ita enim diligenter & concorditer quæri poterit, ſi nulla temeraria<lb/> præſumtione inuenta & cognita eſſe credatur.</hi></note> <hi rendition="#fr">Niemand ſage er habe die Wahrheit ſchon gefunden.<lb/> Wir muͤſſen ſie ſo ſuchen, als wenn beyde Theile ſolche nicht<lb/> wuͤſten. So kan man dieſelbe fleißig und einmuͤthig ſuchen,<lb/> wenn man weiß daß ſolche duꝛch keine vergebliche Einbildung<lb/> erfunden und erkannt worden.</hi></p><lb/> <note place="left">Die Schrifft<lb/> heiſſet uns die<lb/> Nachfor-<lb/> ſchung und<lb/> Beurthei-lung ſelbſt.</note> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></head> <p>Bey einer ſolchen Auffuͤhrung/ da man<lb/> meinet/ andere haͤtten die Sache ſchon genug eingeſehen/ und<lb/> beduͤrfften wir keines Nachdenckens/ iſt gemeiniglich eine<lb/> Faulheit. Die Schrifft billiget ſolche ſelbſten nicht. Denn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">warum</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0027]
Vorbericht von der Juriſten
nicht ſogleich verſtehet was die Schrifft will/ ſo wird man gar
leicht von ihrer Meinung muthmaſſen koͤnnen. Jedoch iſt
eine Muthmaſſung ſtaͤrcker als die andere.
§. VII. Wer alſo ſelbſt der Sache nachdencket/ verdie-
net vor andern gelobet zu werden. Es muß auch von
rechtswegen ein ieder die Wahrheiten und Wahrſcheinlichkei-
ten ſelbſten ſehen. Wer dieſes nicht thut/ der raiſonniret
auch nicht/ ſondern andere thun es vor ihm. Zwar weiß ich
allzuwohl/ daß man diejenigen/ ſo ihre Vernunfft unter dem
Gehorſam der Prediger gefangen nehmen vor andern zu erhe-
ben pfleget. Ja man will zu weilen einige bereden/ es muͤſte
alſo ſeyn. Jch kan aber nicht verhalten/ daß mir allezeit da-
bey einfaͤlt/ es ſey ſolches ein ſchlimmer Streich. Hat der
Pabſt dem ſeeligen Luther und andern Reformatoribus nicht
eben dergleichen weiß machen wollen? Klinget der Jeſuiten
ihre Meinung nicht noch heute zu Tage auff dieſen Schlag?
Man muß aber wiſſen/ daß man ſich zwar verbindlich machen
koͤnne iemand zu gehorchen, keines weges aber alles/ was er ſa-
get zu glauben. Jſt denn alles ſchon ſo gewiß/ daß weiter
nichts dawieder einzuwenden? Hoͤre was Auguſtinus ſaget:
(a) Niemand ſage er habe die Wahrheit ſchon gefunden.
Wir muͤſſen ſie ſo ſuchen, als wenn beyde Theile ſolche nicht
wuͤſten. So kan man dieſelbe fleißig und einmuͤthig ſuchen,
wenn man weiß daß ſolche duꝛch keine vergebliche Einbildung
erfunden und erkannt worden.
§. VIII. Bey einer ſolchen Auffuͤhrung/ da man
meinet/ andere haͤtten die Sache ſchon genug eingeſehen/ und
beduͤrfften wir keines Nachdenckens/ iſt gemeiniglich eine
Faulheit. Die Schrifft billiget ſolche ſelbſten nicht. Denn
warum
(a) Auguſtinus c. 3. contr. epiſt. fundam. Nemo noſtrum dicat, ſe jam
inueniſſe veritatem. Sic eam quæramus, quaſi ab utrisque neſciatur.
Ita enim diligenter & concorditer quæri poterit, ſi nulla temeraria
præſumtione inuenta & cognita eſſe credatur.
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