Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abth. III. Cap. Von dem
stehet auch der Clerisey zu. Diese will kat' exokhen arm ge-
nennet seyn. Daß aber die Kirche und Clerisey einerley
sey/ bekennet auch Flodoardus, da er saget b): Es ist billig,
daß der Priester habe, was der Kirchen überlassen worden,
und die Kirche, was dem Priester zugehöret.

Wegen des
Gewinsts
von diesen
Gaben such-
te man die
Kirchen-Dienste.
§. XXII.

Auff diese Weise suchten gar viele um Ge-
winsts willen Kirchen-Diener zu werden. Sie gedachten
nicht auf das/ was Christi ware/ sondern was ihnen zum
besten möchte dienen. Die Gaben, so von denen Zuhörern
gewöhnlicher massen gebracht wurden/ waren auch ein
Mittel/ dem Geitz einiger Geistlichen ein Genügen zu lei-
sten. Ammianus Marcellinus hat davon eine merckwür-
dige Geschichte auffgezeichnet/ er schreibet unter andern a):

Da-
b) Kirchen-Gü-
ther sind Erb-
theil der Geist-
lichen.
Flodoardus lib. II. hist. Remens. c. 5. Justum est, vt sicut sacerdos habet,
quod ecclesiae dimissum est, & ecclesia habeat, quod relinquitur sa-
cerdoti.
Was aber das Wort Kirche in der Bibel bedeute, davon
werde wohl anderwärts reden. Jetzo sage ich nur, die Clerisey kom-
me niemahls unter dem Wort Kirche vor. Ja es sind so zu sagen
gäntzlich asusata, daß die Clerisey und Kirche einerley seyn solten.
a) Zeugniß Am-
miani Mar-
eellini.
Ammianus Marcellinus Lib. XXVII. cap. 3. Damasus & Vrsinus
supera humanum modum ad rapiendam Episcopatus sedem arden-
tes scissis studiis asperrime conflictabantur, ad usque mortis vul-
nerumque discrimina adiumentis vtriusque progressis: quae nec
corrigere sufficiens Juuentius, nec mollire, coactus vi magna se-
cessit in suburbanum. Et in concertatione superauerat Dama-
sus, parte, quae ei fauebat, instante. Constatque in basilica Sici-
ni, vbi ritus Christiani est conuenticulum, vno die centum tri-
ginta septem reperta cadauera peremptorum: efferatamque diu
plebem aegre postea delenitam. Neque ego abnuo, ostentatio-
nem rerum considerans vrbanarum, huius rei cupidos ob im-
petrandum quod appetunt, omni contentione laterum jurgari
debere: cum id adepti, futuri sint ita securi, VT DITENTVR
OBLATIONIBVS MATRONARVM, procedantque vehicu-

lis

II. Abth. III. Cap. Von dem
ſtehet auch der Cleriſey zu. Dieſe will κατ᾽ ἐξοχὴν arm ge-
nennet ſeyn. Daß aber die Kirche und Cleriſey einerley
ſey/ bekennet auch Flodoardus, da er ſaget b): Es iſt billig,
daß der Prieſter habe, was der Kirchen uͤberlaſſen worden,
und die Kirche, was dem Prieſter zugehoͤret.

Wegen des
Gewinſts
von dieſen
Gabẽ ſuch-
te man die
Kirchen-Dienſte.
§. XXII.

Auff dieſe Weiſe ſuchten gar viele um Ge-
winſts willen Kirchen-Diener zu werden. Sie gedachten
nicht auf das/ was Chriſti ware/ ſondern was ihnen zum
beſten moͤchte dienen. Die Gaben, ſo von denen Zuhoͤrern
gewoͤhnlicher maſſen gebracht wurden/ waren auch ein
Mittel/ dem Geitz einiger Geiſtlichen ein Genuͤgen zu lei-
ſten. Ammianus Marcellinus hat davon eine merckwuͤr-
dige Geſchichte auffgezeichnet/ er ſchreibet unter andern a):

Da-
b) Kirchen-Guͤ-
ther ſind Erb-
theil der Geiſt-
lichen.
Flodoardus lib. II. hiſt. Remenſ. c. 5. Juſtum eſt, vt ſicut ſacerdos habet,
quod eccleſiæ dimisſum eſt, & eccleſia habeat, quod relinquitur ſa-
cerdoti.
Was aber das Wort Kirche in der Bibel bedeute, davon
werde wohl anderwaͤrts reden. Jetzo ſage ich nur, die Cleriſey kom-
me niemahls unter dem Wort Kirche vor. Ja es ſind ſo zu ſagen
gaͤntzlich ἀσύςατα, daß die Cleriſey und Kirche einerley ſeyn ſolten.
a) Zeugniß Am-
miani Mar-
eellini.
Ammianus Marcellinus Lib. XXVII. cap. 3. Damaſus & Vrſinus
ſupera humanum modum ad rapiendam Epiſcopatus ſedem arden-
tes ſciſſis ſtudiis aſperrime conflictabantur, ad uſque mortis vul-
nerumque diſcrimina adiumentis vtriuſque progreſſis: quæ nec
corrigere ſufficiens Juuentius, nec mollire, coactus vi magna ſe-
cesſit in ſuburbanum. Et in concertatione ſuperauerat Dama-
ſus, parte, quæ ei fauebat, inſtante. Conſtatque in baſilica Sici-
ni, vbi ritus Chriſtiani eſt conuenticulum, vno die centum tri-
ginta ſeptem reperta cadauera peremptorum: efferatamque diu
plebem ægre poſtea delenitam. Neque ego abnuo, oſtentatio-
nem rerum conſiderans vrbanarum, huius rei cupidos ob im-
petrandum quod appetunt, omni contentione laterum jurgari
debere: cum id adepti, futuri ſint ita ſecuri, VT DITENTVR
OBLATIONIBVS MATRONARVM, procedantque vehicu-

lis
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0297" n="278"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Von dem</hi></fw><lb/>
&#x017F;tehet auch der Cleri&#x017F;ey zu. Die&#x017F;e will &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x1FBD; &#x1F10;&#x03BE;&#x03BF;&#x03C7;&#x1F74;&#x03BD; arm ge-<lb/>
nennet &#x017F;eyn. Daß aber die Kirche und Cleri&#x017F;ey einerley<lb/>
&#x017F;ey/ bekennet auch <hi rendition="#aq">Flodoardus,</hi> da er &#x017F;aget <note place="foot" n="b)"><note place="left">Kirchen-Gu&#x0364;-<lb/>
ther &#x017F;ind Erb-<lb/>
theil der Gei&#x017F;t-<lb/>
lichen.</note><hi rendition="#aq">Flodoardus <hi rendition="#i">lib. II. hi&#x017F;t. Remen&#x017F;. c. 5.</hi> Ju&#x017F;tum e&#x017F;t, vt &#x017F;icut &#x017F;acerdos habet,<lb/>
quod eccle&#x017F;iæ dimis&#x017F;um e&#x017F;t, &amp; eccle&#x017F;ia habeat, quod relinquitur &#x017F;a-<lb/>
cerdoti.</hi> Was aber das Wort Kirche in der Bibel bedeute, davon<lb/>
werde wohl anderwa&#x0364;rts reden. Jetzo &#x017F;age ich nur, die Cleri&#x017F;ey kom-<lb/>
me niemahls unter dem Wort <hi rendition="#fr">Kirche</hi> vor. Ja es &#x017F;ind &#x017F;o zu &#x017F;agen<lb/>
ga&#x0364;ntzlich &#x1F00;&#x03C3;&#x03CD;&#x03C2;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;, daß die Cleri&#x017F;ey und Kirche einerley &#x017F;eyn &#x017F;olten.</note>: <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t billig,<lb/>
daß der Prie&#x017F;ter habe, was der Kirchen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en worden,<lb/>
und die Kirche, was dem Prie&#x017F;ter zugeho&#x0364;ret.</hi></p><lb/>
            <note place="left">Wegen des<lb/>
Gewin&#x017F;ts<lb/>
von die&#x017F;en<lb/>
Gabe&#x0303; &#x017F;uch-<lb/>
te man die<lb/>
Kirchen-Dien&#x017F;te.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">XXII.</hi></head>
            <p>Auff die&#x017F;e Wei&#x017F;e &#x017F;uchten gar viele um Ge-<lb/>
win&#x017F;ts willen Kirchen-Diener zu werden. Sie gedachten<lb/>
nicht auf das/ was Chri&#x017F;ti ware/ &#x017F;ondern was ihnen zum<lb/>
be&#x017F;ten mo&#x0364;chte dienen. Die <hi rendition="#fr">Gaben,</hi> &#x017F;o von denen Zuho&#x0364;rern<lb/>
gewo&#x0364;hnlicher ma&#x017F;&#x017F;en gebracht wurden/ waren auch ein<lb/>
Mittel/ dem Geitz einiger Gei&#x017F;tlichen ein Genu&#x0364;gen zu lei-<lb/>
&#x017F;ten. <hi rendition="#aq">Ammianus Marcellinus</hi> hat davon eine merckwu&#x0364;r-<lb/>
dige Ge&#x017F;chichte auffgezeichnet/ er &#x017F;chreibet unter andern <note xml:id="h72" next="#h73" place="foot" n="a)"><note place="left">Zeugniß <hi rendition="#aq">Am-<lb/>
miani Mar-<lb/>
eellini.</hi></note><hi rendition="#aq">Ammianus Marcellinus <hi rendition="#i">Lib. XXVII. cap. 3.</hi> Dama&#x017F;us &amp; Vr&#x017F;inus<lb/>
&#x017F;upera humanum modum ad rapiendam Epi&#x017F;copatus &#x017F;edem arden-<lb/>
tes &#x017F;ci&#x017F;&#x017F;is &#x017F;tudiis a&#x017F;perrime conflictabantur, ad u&#x017F;que mortis vul-<lb/>
nerumque di&#x017F;crimina adiumentis vtriu&#x017F;que progre&#x017F;&#x017F;is: quæ nec<lb/>
corrigere &#x017F;ufficiens Juuentius, nec mollire, coactus vi magna &#x017F;e-<lb/>
ces&#x017F;it in &#x017F;uburbanum. Et in concertatione &#x017F;uperauerat Dama-<lb/>
&#x017F;us, parte, quæ ei fauebat, in&#x017F;tante. Con&#x017F;tatque in ba&#x017F;ilica Sici-<lb/>
ni, vbi ritus Chri&#x017F;tiani e&#x017F;t conuenticulum, vno die centum tri-<lb/>
ginta &#x017F;eptem reperta cadauera peremptorum: efferatamque diu<lb/>
plebem ægre po&#x017F;tea delenitam. Neque ego abnuo, o&#x017F;tentatio-<lb/>
nem rerum con&#x017F;iderans vrbanarum, huius rei cupidos ob im-<lb/>
petrandum quod appetunt, omni contentione laterum jurgari<lb/>
debere: cum id adepti, futuri &#x017F;int ita &#x017F;ecuri, VT DITENTVR<lb/>
OBLATIONIBVS MATRONARVM, procedantque vehicu-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">lis</hi></fw></note>:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Da-</hi></hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0297] II. Abth. III. Cap. Von dem ſtehet auch der Cleriſey zu. Dieſe will κατ᾽ ἐξοχὴν arm ge- nennet ſeyn. Daß aber die Kirche und Cleriſey einerley ſey/ bekennet auch Flodoardus, da er ſaget b): Es iſt billig, daß der Prieſter habe, was der Kirchen uͤberlaſſen worden, und die Kirche, was dem Prieſter zugehoͤret. §. XXII. Auff dieſe Weiſe ſuchten gar viele um Ge- winſts willen Kirchen-Diener zu werden. Sie gedachten nicht auf das/ was Chriſti ware/ ſondern was ihnen zum beſten moͤchte dienen. Die Gaben, ſo von denen Zuhoͤrern gewoͤhnlicher maſſen gebracht wurden/ waren auch ein Mittel/ dem Geitz einiger Geiſtlichen ein Genuͤgen zu lei- ſten. Ammianus Marcellinus hat davon eine merckwuͤr- dige Geſchichte auffgezeichnet/ er ſchreibet unter andern a): Da- b) Flodoardus lib. II. hiſt. Remenſ. c. 5. Juſtum eſt, vt ſicut ſacerdos habet, quod eccleſiæ dimisſum eſt, & eccleſia habeat, quod relinquitur ſa- cerdoti. Was aber das Wort Kirche in der Bibel bedeute, davon werde wohl anderwaͤrts reden. Jetzo ſage ich nur, die Cleriſey kom- me niemahls unter dem Wort Kirche vor. Ja es ſind ſo zu ſagen gaͤntzlich ἀσύςατα, daß die Cleriſey und Kirche einerley ſeyn ſolten. a) Ammianus Marcellinus Lib. XXVII. cap. 3. Damaſus & Vrſinus ſupera humanum modum ad rapiendam Epiſcopatus ſedem arden- tes ſciſſis ſtudiis aſperrime conflictabantur, ad uſque mortis vul- nerumque diſcrimina adiumentis vtriuſque progreſſis: quæ nec corrigere ſufficiens Juuentius, nec mollire, coactus vi magna ſe- cesſit in ſuburbanum. Et in concertatione ſuperauerat Dama- ſus, parte, quæ ei fauebat, inſtante. Conſtatque in baſilica Sici- ni, vbi ritus Chriſtiani eſt conuenticulum, vno die centum tri- ginta ſeptem reperta cadauera peremptorum: efferatamque diu plebem ægre poſtea delenitam. Neque ego abnuo, oſtentatio- nem rerum conſiderans vrbanarum, huius rei cupidos ob im- petrandum quod appetunt, omni contentione laterum jurgari debere: cum id adepti, futuri ſint ita ſecuri, VT DITENTVR OBLATIONIBVS MATRONARVM, procedantque vehicu- lis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/297
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/297>, abgerufen am 22.11.2024.