Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbericht von der Juristen
brachte es auff den Reichs-Tag. (a) Da man wiederum
solche Freyheit über einen Hauffen zu werffen bemühet war/
Protestireten einige Fürsten/ (b) und suchten solche auffrechts
zu erhalten. Es würde zu weitläufftig fallen/ alle Sorge
und Mühe/ so man sich wegen dieser Freyheit gegeben/ an-
zuführen. (c) Endlich aber wurde durch den Westphäli-
schen Frieden die Gewissens-Freyheit auff einen festem Fuß
gesetzet/ als sie vorhero gestanden. (d)

§. XXX.
(a) Wird auf dem
Reichs-Tag
abgehandelt.
Anno 1526. suchte der Ertz-Hertzog Ferdinand in Nahmen des Käy-
sers, die alte Religion beyzubehalten. Die Sächsischen und Heßi-
schen Gesandten aber stritten vor die Gewissens-Freyheit. vid. Se-
ckendorff. in hist. Lutheran. lib. 2. §. 15. Edit. 1. lit. C.
(b) Von dem Nah-
men Prote-
stir
end.
Daher wurden sie die Protestirende genennet. Es geschahe auf dem
Reichs-Tag zu Speyer Anno 1529. Es protestirten sechs Fürsten und
vierzehn Städte. Sie erklähreten sich, daß es bey dem Reichs-Ab-
schied Anno 1526. zu lassen sey.
(c) Fata der Ge-
wissens-Frey-
heit, nach der
Reformation.
Luther wolte es durchaus nicht zur Gewaltthätigkeit um die Gewis-
sens-Freyheit kommen lassen. Man übergabe endlich die Augspurgi-
sche Confession. Allein der Nutzen davon war schlecht. Luther wur-
de in die Acht erklähret. Die Türcken brachten endlich dem Käyser
friedfertige Gedancken in Kopff. Auf der Versammlung zu Nürn-
berg liesse man endlich geschehen, daß das Wormische Edict wegen der
Protestanten aufgehoben bliebe, und sie geduldet würden. Man wol-
te alles biß auf ein Concilium verschieben. Auf dem Reichs-Tag zu
Speyer Anno 1544. wurde die Tolerantz noch fester gestellet. Diese
währete aber nicht lange. Hierauff kam Anno 1552. der Passauische
Vertrag. Dieser bekräfftigte die Gewissens-Freyheit. Auf dem
Reichs-Tage zu Augspurg Anno 1555. wolte man solche wieder unter-
miniren, doch bliebe die Sache noch in ziemlichem Stande.
(d) Diese wird
dürch den
Westphäli-
schen Frieden
fester gestellt.
Der Westphälische Friede brachte endlich die Gewissens-Freyheit in
einen bessern Stand, als solche bißanhero gewesen. Des Pabsts Un-
ternehmungen wurden dadurch ziemlich aufgehoben. Es ist auch sol-
che bißdahero noch ziemlich im Stande geblieben, obgleich alle Haupt-
Religionen zu weilen die Tolerantz angefochten.

Vorbericht von der Juriſten
brachte es auff den Reichs-Tag. (a) Da man wiederum
ſolche Freyheit uͤber einen Hauffen zu werffen bemuͤhet war/
Proteſtireten einige Fuͤrſten/ (b) und ſuchten ſolche auffrechts
zu erhalten. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen/ alle Sorge
und Muͤhe/ ſo man ſich wegen dieſer Freyheit gegeben/ an-
zufuͤhren. (c) Endlich aber wurde durch den Weſtphaͤli-
ſchen Frieden die Gewiſſens-Freyheit auff einen feſtem Fuß
geſetzet/ als ſie vorhero geſtanden. (d)

§. XXX.
(a) Wird auf dem
Reichs-Tag
abgehandelt.
Anno 1526. ſuchte der Ertz-Hertzog Ferdinand in Nahmen des Kaͤy-
ſers, die alte Religion beyzubehalten. Die Saͤchſiſchen und Heßi-
ſchen Geſandten aber ſtritten vor die Gewiſſens-Freyheit. vid. Se-
ckendorff. in hiſt. Lutheran. lib. 2. §. 15. Edit. 1. lit. C.
(b) Von dem Nah-
men Prote-
ſtir
end.
Daher wurden ſie die Proteſtirende genennet. Es geſchahe auf dem
Reichs-Tag zu Speyer Anno 1529. Es proteſtirten ſechs Fuͤrſten und
vierzehn Staͤdte. Sie erklaͤhreten ſich, daß es bey dem Reichs-Ab-
ſchied Anno 1526. zu laſſen ſey.
(c) Fata der Ge-
wiſſens-Frey-
heit, nach der
Reformation.
Luther wolte es durchaus nicht zur Gewaltthaͤtigkeit um die Gewiſ-
ſens-Freyheit kommen laſſen. Man uͤbergabe endlich die Augſpurgi-
ſche Confeſſion. Allein der Nutzen davon war ſchlecht. Luther wur-
de in die Acht erklaͤhret. Die Tuͤrcken brachten endlich dem Kaͤyſer
friedfertige Gedancken in Kopff. Auf der Verſammlung zu Nuͤrn-
berg lieſſe man endlich geſchehen, daß das Wormiſche Edict wegen der
Proteſtanten aufgehoben bliebe, und ſie geduldet wuͤrden. Man wol-
te alles biß auf ein Concilium verſchieben. Auf dem Reichs-Tag zu
Speyer Anno 1544. wurde die Tolerantz noch feſter geſtellet. Dieſe
waͤhrete aber nicht lange. Hierauff kam Anno 1552. der Paſſauiſche
Vertrag. Dieſer bekraͤfftigte die Gewiſſens-Freyheit. Auf dem
Reichs-Tage zu Augſpurg Anno 1555. wolte man ſolche wieder unter-
miniren, doch bliebe die Sache noch in ziemlichem Stande.
(d) Dieſe wird
duͤrch den
Weſtphaͤli-
ſchen Frieden
feſter geſtellt.
Der Weſtphaͤliſche Friede brachte endlich die Gewiſſens-Freyheit in
einen beſſern Stand, als ſolche bißanhero geweſen. Des Pabſts Un-
ternehmungen wurden dadurch ziemlich aufgehoben. Es iſt auch ſol-
che bißdahero noch ziemlich im Stande geblieben, obgleich alle Haupt-
Religionen zu weilen die Tolerantz angefochten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorbericht von der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Juri&#x017F;ten</hi></hi></hi></fw><lb/>
brachte es auff den Reichs-Tag. <note place="foot" n="(a)"><note place="left">Wird auf dem<lb/>
Reichs-Tag<lb/>
abgehandelt.</note><hi rendition="#aq">Anno</hi> 1526. &#x017F;uchte der Ertz-Hertzog <hi rendition="#aq">Ferdinand</hi> in Nahmen des Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;ers, die alte <hi rendition="#aq">Religion</hi> beyzubehalten. Die Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen und Heßi-<lb/>
&#x017F;chen Ge&#x017F;andten aber &#x017F;tritten vor die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit. <hi rendition="#aq">vid. Se-<lb/>
ckendorff. <hi rendition="#i">in hi&#x017F;t. Lutheran. lib. 2. §. 15. Edit. 1. lit. C.</hi></hi></note> Da man wiederum<lb/>
&#x017F;olche Freyheit u&#x0364;ber einen Hauffen zu werffen bemu&#x0364;het war/<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Prote&#x017F;tiret</hi></hi>en einige Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ <note place="foot" n="(b)"><note place="left">Von dem Nah-<lb/>
men <hi rendition="#aq">Prote-<lb/>
&#x017F;tir</hi>end.</note>Daher wurden &#x017F;ie die <hi rendition="#aq">Prote&#x017F;tir</hi>ende genennet. Es ge&#x017F;chahe auf dem<lb/>
Reichs-Tag zu Speyer <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1529. Es <hi rendition="#aq">prote&#x017F;tir</hi>ten &#x017F;echs Fu&#x0364;r&#x017F;ten und<lb/>
vierzehn Sta&#x0364;dte. Sie erkla&#x0364;hreten &#x017F;ich, daß es bey dem Reichs-Ab-<lb/>
&#x017F;chied <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1526. zu la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey.</note> und &#x017F;uchten &#x017F;olche auffrechts<lb/>
zu erhalten. Es wu&#x0364;rde zu weitla&#x0364;ufftig fallen/ alle Sorge<lb/>
und Mu&#x0364;he/ &#x017F;o man &#x017F;ich wegen die&#x017F;er Freyheit gegeben/ an-<lb/>
zufu&#x0364;hren. <note place="foot" n="(c)"><note place="left"><hi rendition="#aq">Fata</hi> der Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ens-Frey-<lb/>
heit, nach der<lb/><hi rendition="#aq">Reformation.</hi></note>Luther wolte es durchaus nicht zur Gewalttha&#x0364;tigkeit um die Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens-Freyheit kommen la&#x017F;&#x017F;en. Man u&#x0364;bergabe endlich die Aug&#x017F;purgi-<lb/>
&#x017F;che <hi rendition="#aq">Confe&#x017F;&#x017F;ion.</hi> Allein der Nutzen davon war &#x017F;chlecht. Luther wur-<lb/>
de in die Acht erkla&#x0364;hret. Die Tu&#x0364;rcken brachten endlich dem Ka&#x0364;y&#x017F;er<lb/><hi rendition="#fr">friedfertige</hi> Gedancken in Kopff. Auf der Ver&#x017F;ammlung zu Nu&#x0364;rn-<lb/>
berg lie&#x017F;&#x017F;e man endlich ge&#x017F;chehen, daß das Wormi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Edict</hi> wegen der<lb/><hi rendition="#aq">Prote&#x017F;tant</hi>en aufgehoben bliebe, und &#x017F;ie geduldet wu&#x0364;rden. Man wol-<lb/>
te alles biß auf ein <hi rendition="#aq">Concilium</hi> ver&#x017F;chieben. Auf dem Reichs-Tag zu<lb/>
Speyer <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1544. wurde die <hi rendition="#aq">Toleran</hi>tz noch fe&#x017F;ter ge&#x017F;tellet. Die&#x017F;e<lb/>
wa&#x0364;hrete aber nicht lange. Hierauff kam <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1552. der <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;aui</hi>&#x017F;che<lb/>
Vertrag. Die&#x017F;er bekra&#x0364;fftigte die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit. Auf dem<lb/>
Reichs-Tage zu Aug&#x017F;purg <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1555. wolte man &#x017F;olche wieder unter-<lb/><hi rendition="#aq">minir</hi>en, doch bliebe die Sache noch in ziemlichem Stande.</note> Endlich aber wurde durch den We&#x017F;tpha&#x0364;li-<lb/>
&#x017F;chen Frieden die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit auff einen fe&#x017F;tem Fuß<lb/>
ge&#x017F;etzet/ als &#x017F;ie vorhero ge&#x017F;tanden. <note place="foot" n="(d)"><note place="left">Die&#x017F;e wird<lb/>
du&#x0364;rch den<lb/>
We&#x017F;tpha&#x0364;li-<lb/>
&#x017F;chen Frieden<lb/>
fe&#x017F;ter ge&#x017F;tellt.</note>Der We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;che Friede brachte endlich die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Freyheit in<lb/>
einen be&#x017F;&#x017F;ern Stand, als &#x017F;olche bißanhero gewe&#x017F;en. Des Pab&#x017F;ts Un-<lb/>
ternehmungen wurden dadurch ziemlich aufgehoben. Es i&#x017F;t auch &#x017F;ol-<lb/>
che bißdahero noch ziemlich im Stande geblieben, obgleich alle Haupt-<lb/><hi rendition="#aq">Religion</hi>en zu weilen die <hi rendition="#aq">Toleran</hi>tz angefochten.</note></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">XXX.</hi></fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0057] Vorbericht von der Juriſten brachte es auff den Reichs-Tag. (a) Da man wiederum ſolche Freyheit uͤber einen Hauffen zu werffen bemuͤhet war/ Proteſtireten einige Fuͤrſten/ (b) und ſuchten ſolche auffrechts zu erhalten. Es wuͤrde zu weitlaͤufftig fallen/ alle Sorge und Muͤhe/ ſo man ſich wegen dieſer Freyheit gegeben/ an- zufuͤhren. (c) Endlich aber wurde durch den Weſtphaͤli- ſchen Frieden die Gewiſſens-Freyheit auff einen feſtem Fuß geſetzet/ als ſie vorhero geſtanden. (d) §. XXX. (a) Anno 1526. ſuchte der Ertz-Hertzog Ferdinand in Nahmen des Kaͤy- ſers, die alte Religion beyzubehalten. Die Saͤchſiſchen und Heßi- ſchen Geſandten aber ſtritten vor die Gewiſſens-Freyheit. vid. Se- ckendorff. in hiſt. Lutheran. lib. 2. §. 15. Edit. 1. lit. C. (b) Daher wurden ſie die Proteſtirende genennet. Es geſchahe auf dem Reichs-Tag zu Speyer Anno 1529. Es proteſtirten ſechs Fuͤrſten und vierzehn Staͤdte. Sie erklaͤhreten ſich, daß es bey dem Reichs-Ab- ſchied Anno 1526. zu laſſen ſey. (c) Luther wolte es durchaus nicht zur Gewaltthaͤtigkeit um die Gewiſ- ſens-Freyheit kommen laſſen. Man uͤbergabe endlich die Augſpurgi- ſche Confeſſion. Allein der Nutzen davon war ſchlecht. Luther wur- de in die Acht erklaͤhret. Die Tuͤrcken brachten endlich dem Kaͤyſer friedfertige Gedancken in Kopff. Auf der Verſammlung zu Nuͤrn- berg lieſſe man endlich geſchehen, daß das Wormiſche Edict wegen der Proteſtanten aufgehoben bliebe, und ſie geduldet wuͤrden. Man wol- te alles biß auf ein Concilium verſchieben. Auf dem Reichs-Tag zu Speyer Anno 1544. wurde die Tolerantz noch feſter geſtellet. Dieſe waͤhrete aber nicht lange. Hierauff kam Anno 1552. der Paſſauiſche Vertrag. Dieſer bekraͤfftigte die Gewiſſens-Freyheit. Auf dem Reichs-Tage zu Augſpurg Anno 1555. wolte man ſolche wieder unter- miniren, doch bliebe die Sache noch in ziemlichem Stande. (d) Der Weſtphaͤliſche Friede brachte endlich die Gewiſſens-Freyheit in einen beſſern Stand, als ſolche bißanhero geweſen. Des Pabſts Un- ternehmungen wurden dadurch ziemlich aufgehoben. Es iſt auch ſol- che bißdahero noch ziemlich im Stande geblieben, obgleich alle Haupt- Religionen zu weilen die Tolerantz angefochten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/57
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/57>, abgerufen am 24.11.2024.