Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.I. Abth. I. Cap. Vom Ursprung der Macht Würckungen verliehen, auch von ihnen allein gebraucht undausgeübet worden. Es wird diese Umschreibung denen meisten nicht anstehen und neüerlich vorkommen/ derohal- ben will ich jedes Stück derselben insonderheit untersuchen und beweisen a). Gewalt ei- ne auseror- dentliche Gabe Got-tes. §. IV. Jch habe gesagt/ die Macht/ Sünde zu vergeben gesal- a) Erinnerung wegen dersel- ben.Jch bitte alle die, so diese definition lesen, daß sie nicht eher ein Urtheil fällen, biß sie das folgende auch übersehen, und ohne Vorur- theile erwogen. Allein dieses ist gewiß eine schwere Arbeit, abson- derlich aber vor solche, die an dem ehrwürdigen Alterthum hangen und bereits bey sich die feste Entschliessung gefast, nicht einen Na- gel breit davon abzuweichen. Dergleichen Leute sehen mehr auf die Personen, so etwas gesaget, als auf die allerbündigsten Schlüs- se. Solche mögen von meiner Arbeit halten, was sie wollen, ich will alles mit der grösten Gedult anhören. Jch will mich, wo ich geirret, von ihnen zu rechte führen lassen. Dieses bitte ich nur, daß sie sich der Ketzermacherey enthalten, weil diese ihnen nicht zuste- het. Gemeiniglich wirfft man mit solchen Tituln um sich, und will denjenigen, so dem grosen und kleinen Pabst an den Bauch greifft, zu einem Ketzer, Schismaticum, und ich weiß selbst nicht zu was machen. Jm übrigen stelle ich ihnen frey, ob sie meine Arbeit lo- ben oder tadeln wollen. Beydes gilt mir gleich viel. Jch ersu- che sie nur, daß sie sich in acht nehmen, daß sie nicht so wohl wider mich, als wider die Wahrheit aufstehen. a) Sendung
Christi und der Apostel.Christus war vornehmlich darum gesendet, damit er die gantze Welt I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht Wuͤrckungen verliehen, auch von ihnen allein gebraucht undausgeuͤbet worden. Es wird dieſe Umſchreibung denen meiſten nicht anſtehen und neuͤerlich vorkommen/ derohal- ben will ich jedes Stuͤck derſelben inſonderheit unterſuchen und beweiſen a). Gewalt ei- ne auſeror- dentliche Gabe Got-tes. §. IV. Jch habe geſagt/ die Macht/ Suͤnde zu vergeben geſal- a) Erinnerung wegen derſel- ben.Jch bitte alle die, ſo dieſe definition leſen, daß ſie nicht eher ein Urtheil faͤllen, biß ſie das folgende auch uͤberſehen, und ohne Vorur- theile erwogen. Allein dieſes iſt gewiß eine ſchwere Arbeit, abſon- derlich aber vor ſolche, die an dem ehrwuͤrdigen Alterthum hangen und bereits bey ſich die feſte Entſchlieſſung gefaſt, nicht einen Na- gel breit davon abzuweichen. Dergleichen Leute ſehen mehr auf die Perſonen, ſo etwas geſaget, als auf die allerbuͤndigſten Schluͤſ- ſe. Solche moͤgen von meiner Arbeit halten, was ſie wollen, ich will alles mit der groͤſten Gedult anhoͤren. Jch will mich, wo ich geirret, von ihnen zu rechte fuͤhren laſſen. Dieſes bitte ich nur, daß ſie ſich der Ketzermacherey enthalten, weil dieſe ihnen nicht zuſte- het. Gemeiniglich wirfft man mit ſolchen Tituln um ſich, und will denjenigen, ſo dem groſen und kleinen Pabſt an den Bauch greifft, zu einem Ketzer, Schismaticum, und ich weiß ſelbſt nicht zu was machen. Jm uͤbrigen ſtelle ich ihnen frey, ob ſie meine Arbeit lo- ben oder tadeln wollen. Beydes gilt mir gleich viel. Jch erſu- che ſie nur, daß ſie ſich in acht nehmen, daß ſie nicht ſo wohl wider mich, als wider die Wahrheit aufſtehen. a) Sendung
Chriſti und der Apoſtel.Chriſtus war vornehmlich darum geſendet, damit er die gantze Welt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0077" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Vom Urſprung der Macht</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Wuͤrckungen verliehen, auch von ihnen allein gebraucht und<lb/> ausgeuͤbet worden.</hi> Es wird dieſe Umſchreibung denen<lb/> meiſten nicht anſtehen und neuͤerlich vorkommen/ derohal-<lb/> ben will ich jedes Stuͤck derſelben inſonderheit unterſuchen<lb/> und beweiſen <note place="foot" n="a)"><note place="left">Erinnerung<lb/> wegen derſel-<lb/> ben.</note>Jch bitte alle die, ſo dieſe <hi rendition="#aq">definition</hi> leſen, daß ſie nicht eher ein<lb/> Urtheil faͤllen, biß ſie das folgende auch uͤberſehen, und ohne Vorur-<lb/> theile erwogen. Allein dieſes iſt gewiß eine ſchwere Arbeit, abſon-<lb/> derlich aber vor ſolche, die an dem ehrwuͤrdigen Alterthum hangen<lb/> und bereits bey ſich die feſte Entſchlieſſung gefaſt, nicht einen Na-<lb/> gel breit davon abzuweichen. Dergleichen Leute ſehen mehr auf<lb/> die Perſonen, ſo etwas geſaget, als auf die allerbuͤndigſten Schluͤſ-<lb/> ſe. Solche moͤgen von meiner Arbeit halten, was ſie wollen, ich<lb/> will alles mit der groͤſten Gedult anhoͤren. Jch will mich, wo ich<lb/> geirret, von ihnen zu rechte fuͤhren laſſen. Dieſes bitte ich nur, daß<lb/> ſie ſich der Ketzermacherey enthalten, weil dieſe ihnen nicht zuſte-<lb/> het. Gemeiniglich wirfft man mit ſolchen Tituln um ſich, und will<lb/> denjenigen, ſo dem groſen und kleinen Pabſt an den Bauch greifft,<lb/> zu einem Ketzer, <hi rendition="#aq">Schismaticum,</hi> und ich weiß ſelbſt nicht zu was<lb/> machen. Jm uͤbrigen ſtelle ich ihnen frey, ob ſie meine Arbeit lo-<lb/> ben oder tadeln wollen. Beydes gilt mir gleich viel. Jch erſu-<lb/> che ſie nur, daß ſie ſich in acht nehmen, daß ſie nicht ſo wohl wider<lb/> mich, als wider die Wahrheit aufſtehen.</note>.</p><lb/> <note place="left">1) Jſt dieſe<lb/> Gewalt ei-<lb/> ne auſeror-<lb/> dentliche<lb/> Gabe Got-tes.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">IV.</hi></head> <p>Jch habe geſagt/ die Macht/ Suͤnde zu vergeben<lb/> und zu behalten/ ſey eine <hi rendition="#fr">auſerordentliche Gabe GOttes,</hi> und<lb/> dieſes iſt aus folgenden Gruͤnden geſchehen. Der liebe Hey-<lb/> land wolte/ da Er gen Himmel gefahren/ die Apoſtel als<lb/> ſeine <hi rendition="#fr">rechte Erben</hi> in der Welt hinterlaſſen/ und alſo hat er<lb/> ihnen das meiſte/ ſo ihm von dem himmliſchen Vater ver-<lb/> liehen worden/ wiederum reichlich mitgetheilet. Der Sohn<lb/> ware von dem Vater geſendet/ und alſo ſendete er wiede-<lb/> rum die Apoſtel <note xml:id="f48" next="#f49" place="foot" n="a)"><note place="left"><hi rendition="#g">Sendung</hi><lb/> Chriſti und<lb/> der Apoſtel.</note>Chriſtus war vornehmlich darum geſendet, damit er die gantze<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Welt</fw></note>. Der Sohn ware mit dem heiligen Geiſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">geſal-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0077]
I. Abth. I. Cap. Vom Urſprung der Macht
Wuͤrckungen verliehen, auch von ihnen allein gebraucht und
ausgeuͤbet worden. Es wird dieſe Umſchreibung denen
meiſten nicht anſtehen und neuͤerlich vorkommen/ derohal-
ben will ich jedes Stuͤck derſelben inſonderheit unterſuchen
und beweiſen a).
§. IV. Jch habe geſagt/ die Macht/ Suͤnde zu vergeben
und zu behalten/ ſey eine auſerordentliche Gabe GOttes, und
dieſes iſt aus folgenden Gruͤnden geſchehen. Der liebe Hey-
land wolte/ da Er gen Himmel gefahren/ die Apoſtel als
ſeine rechte Erben in der Welt hinterlaſſen/ und alſo hat er
ihnen das meiſte/ ſo ihm von dem himmliſchen Vater ver-
liehen worden/ wiederum reichlich mitgetheilet. Der Sohn
ware von dem Vater geſendet/ und alſo ſendete er wiede-
rum die Apoſtel a). Der Sohn ware mit dem heiligen Geiſt
geſal-
a) Jch bitte alle die, ſo dieſe definition leſen, daß ſie nicht eher ein
Urtheil faͤllen, biß ſie das folgende auch uͤberſehen, und ohne Vorur-
theile erwogen. Allein dieſes iſt gewiß eine ſchwere Arbeit, abſon-
derlich aber vor ſolche, die an dem ehrwuͤrdigen Alterthum hangen
und bereits bey ſich die feſte Entſchlieſſung gefaſt, nicht einen Na-
gel breit davon abzuweichen. Dergleichen Leute ſehen mehr auf
die Perſonen, ſo etwas geſaget, als auf die allerbuͤndigſten Schluͤſ-
ſe. Solche moͤgen von meiner Arbeit halten, was ſie wollen, ich
will alles mit der groͤſten Gedult anhoͤren. Jch will mich, wo ich
geirret, von ihnen zu rechte fuͤhren laſſen. Dieſes bitte ich nur, daß
ſie ſich der Ketzermacherey enthalten, weil dieſe ihnen nicht zuſte-
het. Gemeiniglich wirfft man mit ſolchen Tituln um ſich, und will
denjenigen, ſo dem groſen und kleinen Pabſt an den Bauch greifft,
zu einem Ketzer, Schismaticum, und ich weiß ſelbſt nicht zu was
machen. Jm uͤbrigen ſtelle ich ihnen frey, ob ſie meine Arbeit lo-
ben oder tadeln wollen. Beydes gilt mir gleich viel. Jch erſu-
che ſie nur, daß ſie ſich in acht nehmen, daß ſie nicht ſo wohl wider
mich, als wider die Wahrheit aufſtehen.
a) Chriſtus war vornehmlich darum geſendet, damit er die gantze
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