Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

die Sünde zu vergeben und zu behalten.
chen auf die Exempel Ananiae und Saphirae, und fähret so
dann fort: Jch zehle auch hieher die Ubergebung des Blut-
schänders dem Satan, deren Paulus gedencket.
1. Cor. V. 5. und
welche er mit der Krafft des Herrn verrichtete.
Kluge Leu-
te werden aus diesen die wunderbahre Würckungen/ so die
Macht Sünde zu vergeben und zu behalten begleitet/ erken-
nen. Andere acht ich nicht/ weil sie wegen ihrer Vorur-
theile/ damit das Gehirne angefüllet/ nicht sehen/ sondern
in der Finsterniß immer herum tappen.

§. VIII.

Daß nach der Apostel, Absterben in denen5) Die Apo-
stel haben
solche Ge-
walt eintzig
und allein
ausgeübet.

ersten Zeiten sich niemand solches Rechts die Sünde zu
vergeben und zu behalten angemasset/ ist das letztere
Stück meiner gegebenen Definition. Denn in denen bey-
den ersten Jahrhunderten/ findet sich nichts/ daß die Bi-
schöffe und Aeltesten sich diese Gewalt zugeeignet. Wäre es
eine Sache gewesen/ die allen Kirchen-Lehrern zukäme/ so
würden die Apostel Zweiffels ohne ihnen solche anbefohlen
haben. Denn nach Irenaei Bericht/ a) haben die Apostel
in die Kirche gleich als in eine reiche Niederlage alles dasjeni-
gebracht, was Warheit ist, damit jeder, wer nur wolte, dar-
aus den Tranck des Lebens holen könte.
Von dem Gebrauch
aber dieser Gewalt ist nichts zu hören noch zu sehen. Ter-
tullianus
ist übel auf diejenigen zu sprechen/ die zu seiner
Zeit sich solcher Macht anmassen wollen/ da man angefan-
gen sich und andere zu bereden/ die Bischöffe wären der A-
postel Nachfolger. Tertullianus aber behauptet/ solche Ge-
walt/ stünde denen Aposteln allein zu. Wir wollen seine
eigne Worte/ ob sie schon lang sind hieher setzen. Sie lau-

ten
a) Irenaeus advers. haeres. Valent. Lib. III. cap. 4. Apostoli in Eccle-Die Apostel
haben alles
nothwendige
in der Kirchen
angeordnet.

siam, quasi in depositorium dives, plenissime contulerunt o-
mnia quae sunt veritatis, uti omnis quicunque velit, sumat ex
ea potum vitae.

die Suͤnde zu vergeben und zu behalten.
chen auf die Exempel Ananiæ und Saphiræ, und faͤhret ſo
dann fort: Jch zehle auch hieher die Ubergebung des Blut-
ſchaͤnders dem Satan, deren Paulus gedencket.
1. Cor. V. 5. und
welche er mit der Krafft des Herrn verrichtete.
Kluge Leu-
te werden aus dieſen die wunderbahre Wuͤrckungen/ ſo die
Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten begleitet/ erken-
nen. Andere acht ich nicht/ weil ſie wegen ihrer Vorur-
theile/ damit das Gehirne angefuͤllet/ nicht ſehen/ ſondern
in der Finſterniß immer herum tappen.

§. VIII.

Daß nach der Apoſtel, Abſterben in denen5) Die Apo-
ſtel haben
ſolche Ge-
walt eintzig
und allein
ausgeuͤbet.

erſten Zeiten ſich niemand ſolches Rechts die Suͤnde zu
vergeben und zu behalten angemaſſet/ iſt das letztere
Stuͤck meiner gegebenen Definition. Denn in denen bey-
den erſten Jahrhunderten/ findet ſich nichts/ daß die Bi-
ſchoͤffe und Aelteſten ſich dieſe Gewalt zugeeignet. Waͤre es
eine Sache geweſen/ die allen Kirchen-Lehrern zukaͤme/ ſo
wuͤrden die Apoſtel Zweiffels ohne ihnen ſolche anbefohlen
haben. Denn nach Irenæi Bericht/ a) haben die Apoſtel
in die Kirche gleich als in eine reiche Niederlage alles dasjeni-
gebracht, was Warheit iſt, damit jeder, wer nur wolte, dar-
aus den Tranck des Lebens holen koͤnte.
Von dem Gebrauch
aber dieſer Gewalt iſt nichts zu hoͤren noch zu ſehen. Ter-
tullianus
iſt uͤbel auf diejenigen zu ſprechen/ die zu ſeiner
Zeit ſich ſolcher Macht anmaſſen wollen/ da man angefan-
gen ſich und andere zu bereden/ die Biſchoͤffe waͤren der A-
poſtel Nachfolger. Tertullianus aber behauptet/ ſolche Ge-
walt/ ſtuͤnde denen Apoſteln allein zu. Wir wollen ſeine
eigne Worte/ ob ſie ſchon lang ſind hieher ſetzen. Sie lau-

ten
a) Irenæus adverſ. hæreſ. Valent. Lib. III. cap. 4. Apoſtoli in Eccle-Die Apoſtel
haben alles
nothwendige
in der Kirchen
angeordnet.

ſiam, quaſi in depoſitorium dives, pleniſſime contulerunt o-
mnia quæ ſunt veritatis, uti omnis quicunque velit, ſumat ex
ea potum vitæ.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0082" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">die Su&#x0364;nde zu vergeben und zu behalten.</hi></fw><lb/>
chen auf die Exempel <hi rendition="#aq">Ananiæ</hi> und <hi rendition="#aq">Saphiræ,</hi> und fa&#x0364;hret &#x017F;o<lb/>
dann fort: <hi rendition="#fr">Jch zehle auch hieher die Ubergebung des Blut-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;nders dem Satan, deren Paulus gedencket.</hi> <hi rendition="#i">1. <hi rendition="#aq">Cor. V.</hi> 5.</hi> <hi rendition="#fr">und<lb/>
welche er mit der Krafft des Herrn verrichtete.</hi> Kluge Leu-<lb/>
te werden aus die&#x017F;en die wunderbahre Wu&#x0364;rckungen/ &#x017F;o die<lb/>
Macht Su&#x0364;nde zu vergeben und zu behalten begleitet/ erken-<lb/>
nen. Andere acht ich nicht/ weil &#x017F;ie wegen ihrer Vorur-<lb/>
theile/ damit das Gehirne angefu&#x0364;llet/ nicht &#x017F;ehen/ &#x017F;ondern<lb/>
in der Fin&#x017F;terniß immer herum tappen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. <hi rendition="#aq">VIII.</hi></head>
            <p>Daß nach der Apo&#x017F;tel, Ab&#x017F;terben in denen<note place="right">5) Die Apo-<lb/>
&#x017F;tel haben<lb/>
&#x017F;olche Ge-<lb/>
walt eintzig<lb/>
und allein<lb/>
ausgeu&#x0364;bet.</note><lb/>
er&#x017F;ten Zeiten &#x017F;ich <hi rendition="#fr">niemand</hi> &#x017F;olches Rechts die Su&#x0364;nde zu<lb/>
vergeben und zu behalten angema&#x017F;&#x017F;et/ i&#x017F;t das letztere<lb/>
Stu&#x0364;ck meiner gegebenen <hi rendition="#aq">Definition.</hi> Denn in denen bey-<lb/>
den er&#x017F;ten Jahrhunderten/ findet &#x017F;ich nichts/ daß die Bi-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ffe und Aelte&#x017F;ten &#x017F;ich die&#x017F;e Gewalt zugeeignet. Wa&#x0364;re es<lb/>
eine Sache gewe&#x017F;en/ die <hi rendition="#fr">allen Kirchen-Lehrern</hi> zuka&#x0364;me/ &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rden die Apo&#x017F;tel Zweiffels ohne ihnen &#x017F;olche anbefohlen<lb/>
haben. Denn nach <hi rendition="#aq">Irenæi</hi> Bericht/ <note place="foot" n="a)"><hi rendition="#aq">Irenæus <hi rendition="#i">adver&#x017F;. hære&#x017F;. Valent. Lib.</hi> III. <hi rendition="#i">cap. 4.</hi> Apo&#x017F;toli in Eccle-</hi><note place="right">Die Apo&#x017F;tel<lb/>
haben alles<lb/>
nothwendige<lb/>
in der Kirchen<lb/>
angeordnet.</note><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;iam, qua&#x017F;i in depo&#x017F;itorium dives, pleni&#x017F;&#x017F;ime contulerunt o-<lb/>
mnia quæ &#x017F;unt veritatis, uti omnis quicunque velit, &#x017F;umat ex<lb/>
ea potum vitæ.</hi></note> <hi rendition="#fr">haben die Apo&#x017F;tel<lb/>
in die Kirche gleich als in eine reiche Niederlage alles dasjeni-<lb/>
gebracht, was Warheit i&#x017F;t, damit jeder, wer nur wolte, dar-<lb/>
aus den Tranck des Lebens holen ko&#x0364;nte.</hi> Von dem Gebrauch<lb/>
aber die&#x017F;er Gewalt i&#x017F;t nichts zu ho&#x0364;ren noch zu &#x017F;ehen. <hi rendition="#aq">Ter-<lb/>
tullianus</hi> i&#x017F;t u&#x0364;bel auf diejenigen zu &#x017F;prechen/ die zu &#x017F;einer<lb/>
Zeit &#x017F;ich &#x017F;olcher Macht anma&#x017F;&#x017F;en wollen/ da man angefan-<lb/>
gen &#x017F;ich und andere zu bereden/ die Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe wa&#x0364;ren der A-<lb/>
po&#x017F;tel Nachfolger. <hi rendition="#aq">Tertullianus</hi> aber behauptet/ &#x017F;olche Ge-<lb/>
walt/ &#x017F;tu&#x0364;nde denen Apo&#x017F;teln allein zu. Wir wollen &#x017F;eine<lb/>
eigne Worte/ ob &#x017F;ie &#x017F;chon lang &#x017F;ind hieher &#x017F;etzen. Sie lau-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0082] die Suͤnde zu vergeben und zu behalten. chen auf die Exempel Ananiæ und Saphiræ, und faͤhret ſo dann fort: Jch zehle auch hieher die Ubergebung des Blut- ſchaͤnders dem Satan, deren Paulus gedencket. 1. Cor. V. 5. und welche er mit der Krafft des Herrn verrichtete. Kluge Leu- te werden aus dieſen die wunderbahre Wuͤrckungen/ ſo die Macht Suͤnde zu vergeben und zu behalten begleitet/ erken- nen. Andere acht ich nicht/ weil ſie wegen ihrer Vorur- theile/ damit das Gehirne angefuͤllet/ nicht ſehen/ ſondern in der Finſterniß immer herum tappen. §. VIII. Daß nach der Apoſtel, Abſterben in denen erſten Zeiten ſich niemand ſolches Rechts die Suͤnde zu vergeben und zu behalten angemaſſet/ iſt das letztere Stuͤck meiner gegebenen Definition. Denn in denen bey- den erſten Jahrhunderten/ findet ſich nichts/ daß die Bi- ſchoͤffe und Aelteſten ſich dieſe Gewalt zugeeignet. Waͤre es eine Sache geweſen/ die allen Kirchen-Lehrern zukaͤme/ ſo wuͤrden die Apoſtel Zweiffels ohne ihnen ſolche anbefohlen haben. Denn nach Irenæi Bericht/ a) haben die Apoſtel in die Kirche gleich als in eine reiche Niederlage alles dasjeni- gebracht, was Warheit iſt, damit jeder, wer nur wolte, dar- aus den Tranck des Lebens holen koͤnte. Von dem Gebrauch aber dieſer Gewalt iſt nichts zu hoͤren noch zu ſehen. Ter- tullianus iſt uͤbel auf diejenigen zu ſprechen/ die zu ſeiner Zeit ſich ſolcher Macht anmaſſen wollen/ da man angefan- gen ſich und andere zu bereden/ die Biſchoͤffe waͤren der A- poſtel Nachfolger. Tertullianus aber behauptet/ ſolche Ge- walt/ ſtuͤnde denen Apoſteln allein zu. Wir wollen ſeine eigne Worte/ ob ſie ſchon lang ſind hieher ſetzen. Sie lau- ten 5) Die Apo- ſtel haben ſolche Ge- walt eintzig und allein ausgeuͤbet. a) Irenæus adverſ. hæreſ. Valent. Lib. III. cap. 4. Apoſtoli in Eccle- ſiam, quaſi in depoſitorium dives, pleniſſime contulerunt o- mnia quæ ſunt veritatis, uti omnis quicunque velit, ſumat ex ea potum vitæ.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/82
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/82>, abgerufen am 26.11.2024.