Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Dravida oder Urbewohner Vorderindiens.
den sollen, so ist dieser gewagte Schritt schon von Sprachkennern 1)
gemissbilligt worden, eine Völkerkunde aber, welche den Körper-
merkmalen das entscheidende Gewicht beilegt, kann nur vor diesem
Irrthum warnen. In den Dravidasprachen stossen wir bereits auf
Keime zur Unterscheidung eines grammatischen Geschlechtes, in-
sofern nämlich die Hauptwörter in solche einer "hohen" und in solche
einer "niedern Kaste" zerfallen. Alle Wörter, die höhere Wesen,
Menschen, Götter oder Geister bezeichnen, gehören in die hohe,
alle anderen, die Thiere, sonstige sichtbare Gegenstände und Be-
griffe ausdrücken, in die niedere Kaste 2).

Die männliche Form wird durch die Endsylbe an, on, on zu-
sammengezogen aus avan dieser, die weibliche durch die Endsylben
al, al zusammengezogen aus aval, diese, gebildet, es heisst daher
magan, der Sohn, magal die Tochter, illan der Hausherr, illal die
Hausfrau 3).


1) Whitney, Language and the study of language. p. 327.
2) K. Graul, Tamil Grammar § 11. Biblioth. Tamulica tom. II. p. 17.
3) Fr. Müller l. c. S. 85.

Die Dravida oder Urbewohner Vorderindiens.
den sollen, so ist dieser gewagte Schritt schon von Sprachkennern 1)
gemissbilligt worden, eine Völkerkunde aber, welche den Körper-
merkmalen das entscheidende Gewicht beilegt, kann nur vor diesem
Irrthum warnen. In den Dravidasprachen stossen wir bereits auf
Keime zur Unterscheidung eines grammatischen Geschlechtes, in-
sofern nämlich die Hauptwörter in solche einer „hohen“ und in solche
einer „niedern Kaste“ zerfallen. Alle Wörter, die höhere Wesen,
Menschen, Götter oder Geister bezeichnen, gehören in die hohe,
alle anderen, die Thiere, sonstige sichtbare Gegenstände und Be-
griffe ausdrücken, in die niedere Kaste 2).

Die männliche Form wird durch die Endsylbe ân, on, ôn zu-
sammengezogen aus avan dieser, die weibliche durch die Endsylben
âl, al zusammengezogen aus aval, diese, gebildet, es heisst daher
magan, der Sohn, magal die Tochter, illân der Hausherr, illâl die
Hausfrau 3).


1) Whitney, Language and the study of language. p. 327.
2) K. Graul, Tamil Grammar § 11. Biblioth. Tamulica tom. II. p. 17.
3) Fr. Müller l. c. S. 85.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0505" n="487"/><fw place="top" type="header">Die Dravida oder Urbewohner Vorderindiens.</fw><lb/>
den sollen, so ist dieser gewagte Schritt schon von Sprachkennern <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Whitney</hi>, Language and the study of language. p. 327.</note><lb/>
gemissbilligt worden, eine Völkerkunde aber, welche den Körper-<lb/>
merkmalen das entscheidende Gewicht beilegt, kann nur vor diesem<lb/>
Irrthum warnen. In den Dravidasprachen stossen wir bereits auf<lb/>
Keime zur Unterscheidung eines grammatischen Geschlechtes, in-<lb/>
sofern nämlich die Hauptwörter in solche einer &#x201E;hohen&#x201C; und in solche<lb/>
einer &#x201E;niedern Kaste&#x201C; zerfallen. Alle Wörter, die höhere Wesen,<lb/>
Menschen, Götter oder Geister bezeichnen, gehören in die hohe,<lb/>
alle anderen, die Thiere, sonstige sichtbare Gegenstände und Be-<lb/>
griffe ausdrücken, in die niedere Kaste <note place="foot" n="2)">K. <hi rendition="#g">Graul</hi>, Tamil Grammar § 11. Biblioth. Tamulica tom. II. p. 17.</note>.</p><lb/>
          <p>Die männliche Form wird durch die Endsylbe <hi rendition="#i">ân, on, ôn</hi> zu-<lb/>
sammengezogen aus <hi rendition="#i">avan</hi> dieser, die weibliche durch die Endsylben<lb/><hi rendition="#i">âl, al</hi> zusammengezogen aus <hi rendition="#i">aval</hi>, diese, gebildet, es heisst daher<lb/><hi rendition="#i">magan</hi>, der Sohn, <hi rendition="#i">magal</hi> die Tochter, <hi rendition="#i">illân</hi> der Hausherr, <hi rendition="#i">illâl</hi> die<lb/>
Hausfrau <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#g">Fr. Müller</hi> l. c. S. 85.</note>.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[487/0505] Die Dravida oder Urbewohner Vorderindiens. den sollen, so ist dieser gewagte Schritt schon von Sprachkennern 1) gemissbilligt worden, eine Völkerkunde aber, welche den Körper- merkmalen das entscheidende Gewicht beilegt, kann nur vor diesem Irrthum warnen. In den Dravidasprachen stossen wir bereits auf Keime zur Unterscheidung eines grammatischen Geschlechtes, in- sofern nämlich die Hauptwörter in solche einer „hohen“ und in solche einer „niedern Kaste“ zerfallen. Alle Wörter, die höhere Wesen, Menschen, Götter oder Geister bezeichnen, gehören in die hohe, alle anderen, die Thiere, sonstige sichtbare Gegenstände und Be- griffe ausdrücken, in die niedere Kaste 2). Die männliche Form wird durch die Endsylbe ân, on, ôn zu- sammengezogen aus avan dieser, die weibliche durch die Endsylben âl, al zusammengezogen aus aval, diese, gebildet, es heisst daher magan, der Sohn, magal die Tochter, illân der Hausherr, illâl die Hausfrau 3). 1) Whitney, Language and the study of language. p. 327. 2) K. Graul, Tamil Grammar § 11. Biblioth. Tamulica tom. II. p. 17. 3) Fr. Müller l. c. S. 85.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/505
Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/505>, abgerufen am 23.12.2024.