im Himmel nicht recht und am jüngsten und letz- ten Tage nicht zu verantworten sey, daß er dem ar- men Gemeindlein das Wirthsrecht abstehlen wolle, das es doch seit Noahs und Abrahams Zeiten be- sessen hätte. Dann wieder ein andrer, wie er es beym Donner! doch noch nicht habe, und wie er's vor allen Tenfeln erzwingen wolle -- daß morgen schon darwider Gemeind seyn müsse. Dann erzählt wieder ein andrer, wie es mit dem gar nicht so noth thue, und wie der Vogt seine Feinde alle immer so schön in die Grube gebracht habe, und wie er jezt weder mit dem Gnädigen Herrn, noch mit dem Bettler, dem Mäurer, eine neue Mode anfangen werde. -- So schwatzten die Männer und soffen.
Die Vögtinn lachte mit unter, trug einen Krug nach dem andern auf den Tisch, und zeichnete alle richtig an die Tafel in der Nebenstube mit ihrer Kreide.
Indessen kam der Vogt, und es freute ihn in seinem Herzen, daß er die Tische alle wieder so be- setzt fand mit seinen Lumpen.
Das ist brav, ihr Herren! daß ihr mich nicht verlasset, sagte er zu ihnen.
Du bist uns noch nicht feil, antworteten die Bauern, und tranken mit Lärmen und Brüllen auf seine Gesundheit.
Der
im Himmel nicht recht und am juͤngſten und letz- ten Tage nicht zu verantworten ſey, daß er dem ar- men Gemeindlein das Wirthsrecht abſtehlen wolle, das es doch ſeit Noahs und Abrahams Zeiten be- ſeſſen haͤtte. Dann wieder ein andrer, wie er es beym Donner! doch noch nicht habe, und wie er’s vor allen Tenfeln erzwingen wolle — daß morgen ſchon darwider Gemeind ſeyn muͤſſe. Dann erzaͤhlt wieder ein andrer, wie es mit dem gar nicht ſo noth thue, und wie der Vogt ſeine Feinde alle immer ſo ſchoͤn in die Grube gebracht habe, und wie er jezt weder mit dem Gnaͤdigen Herrn, noch mit dem Bettler, dem Maͤurer, eine neue Mode anfangen werde. — So ſchwatzten die Maͤnner und ſoffen.
Die Voͤgtinn lachte mit unter, trug einen Krug nach dem andern auf den Tiſch, und zeichnete alle richtig an die Tafel in der Nebenſtube mit ihrer Kreide.
Indeſſen kam der Vogt, und es freute ihn in ſeinem Herzen, daß er die Tiſche alle wieder ſo be- ſetzt fand mit ſeinen Lumpen.
Das iſt brav, ihr Herren! daß ihr mich nicht verlaſſet, ſagte er zu ihnen.
Du biſt uns noch nicht feil, antworteten die Bauern, und tranken mit Laͤrmen und Bruͤllen auf ſeine Geſundheit.
Der
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im Himmel nicht recht und am juͤngſten und letz-
ten Tage nicht zu verantworten ſey, daß er dem ar-
men Gemeindlein das Wirthsrecht abſtehlen wolle,
das es doch ſeit Noahs und Abrahams Zeiten be-
ſeſſen haͤtte. Dann wieder ein andrer, wie er
es beym Donner! doch noch nicht habe, und wie
er’s vor allen Tenfeln erzwingen wolle — daß
morgen ſchon darwider Gemeind ſeyn muͤſſe. Dann
erzaͤhlt wieder ein andrer, wie es mit dem gar nicht
ſo noth thue, und wie der Vogt ſeine Feinde alle
immer ſo ſchoͤn in die Grube gebracht habe, und
wie er jezt weder mit dem Gnaͤdigen Herrn, noch
mit dem Bettler, dem Maͤurer, eine neue Mode
anfangen werde. — So ſchwatzten die Maͤnner
und ſoffen.
Die Voͤgtinn lachte mit unter, trug einen Krug
nach dem andern auf den Tiſch, und zeichnete alle
richtig an die Tafel in der Nebenſtube mit ihrer
Kreide.
Indeſſen kam der Vogt, und es freute ihn in
ſeinem Herzen, daß er die Tiſche alle wieder ſo be-
ſetzt fand mit ſeinen Lumpen.
Das iſt brav, ihr Herren! daß ihr mich nicht
verlaſſet, ſagte er zu ihnen.
Du biſt uns noch nicht feil, antworteten die
Bauern, und tranken mit Laͤrmen und Bruͤllen auf
ſeine Geſundheit.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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