dachte in dieser Stunde an seinen Eid, den er ge- schworen hatte, Acht zu geben auf allen Unfug und auf alles gottlose Wesen, und solches dem Pfarrer anzuzeigen. Und der Ehegaumer bestellte einen ehrbaren Mann, daß er Acht geben sollte auf diese Pursche, ob sie vor der Predigt wieder aus dem Wirthshaus heim giengen oder nicht? Und da es bald zusammen läuten wollte, und noch Nie- mand wieder heraus kam, gieng er zum Pfarrer, und sagt' ihm, was er gesehen und wie er den Samuel Treu bestellt hätte, Acht zu geben.
Der Pfarrer aber erschrack über diesen Bericht; seufzete still bey sich selber, und redete nicht viel.
Da dachte der Ehegaumer, der Herr! Pfar- rer studiere noch an seiner Predigt, und redete bey seinem Glas Wein auch minder, als er sonst gewöhnt war.
Endlich als der Pfarrer eben in die Kirche ge- hen wollte, kam der Samuel, und der Ehegaumer sagte zu ihm:
Du kannst jezt dem Wohlehrwürdigen Herrn Pfarrer alles selber erzählen.
Da sagte der Samuel: Gott grüß euch, Wohl- ehrwürdiger Herr Pfarrer!
Der Pfarrer dankt' ihm, und sagte: Sind denn die Leute noch nicht wieder heim?
Samuel. Nein, Herr Pfarrer! ich gieng von dem Augenblick an, da mich der Ehegaumer be-
stellte,
dachte in dieſer Stunde an ſeinen Eid, den er ge- ſchworen hatte, Acht zu geben auf allen Unfug und auf alles gottloſe Weſen, und ſolches dem Pfarrer anzuzeigen. Und der Ehegaumer beſtellte einen ehrbaren Mann, daß er Acht geben ſollte auf dieſe Purſche, ob ſie vor der Predigt wieder aus dem Wirthshaus heim giengen oder nicht? Und da es bald zuſammen laͤuten wollte, und noch Nie- mand wieder heraus kam, gieng er zum Pfarrer, und ſagt’ ihm, was er geſehen und wie er den Samuel Treu beſtellt haͤtte, Acht zu geben.
Der Pfarrer aber erſchrack uͤber dieſen Bericht; ſeufzete ſtill bey ſich ſelber, und redete nicht viel.
Da dachte der Ehegaumer, der Herr! Pfar- rer ſtudiere noch an ſeiner Predigt, und redete bey ſeinem Glas Wein auch minder, als er ſonſt gewoͤhnt war.
Endlich als der Pfarrer eben in die Kirche ge- hen wollte, kam der Samuel, und der Ehegaumer ſagte zu ihm:
Du kannſt jezt dem Wohlehrwuͤrdigen Herrn Pfarrer alles ſelber erzaͤhlen.
Da ſagte der Samuel: Gott gruͤß euch, Wohl- ehrwuͤrdiger Herr Pfarrer!
Der Pfarrer dankt’ ihm, und ſagte: Sind denn die Leute noch nicht wieder heim?
Samuel. Nein, Herr Pfarrer! ich gieng von dem Augenblick an, da mich der Ehegaumer be-
ſtellte,
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dachte in dieſer Stunde an ſeinen Eid, den er ge-
ſchworen hatte, Acht zu geben auf allen Unfug
und auf alles gottloſe Weſen, und ſolches dem
Pfarrer anzuzeigen. Und der Ehegaumer beſtellte
einen ehrbaren Mann, daß er Acht geben ſollte auf
dieſe Purſche, ob ſie vor der Predigt wieder aus
dem Wirthshaus heim giengen oder nicht? Und da
es bald zuſammen laͤuten wollte, und noch Nie-
mand wieder heraus kam, gieng er zum Pfarrer,
und ſagt’ ihm, was er geſehen und wie er den
Samuel Treu beſtellt haͤtte, Acht zu geben.
Der Pfarrer aber erſchrack uͤber dieſen Bericht;
ſeufzete ſtill bey ſich ſelber, und redete nicht viel.
Da dachte der Ehegaumer, der Herr! Pfar-
rer ſtudiere noch an ſeiner Predigt, und redete
bey ſeinem Glas Wein auch minder, als er ſonſt
gewoͤhnt war.
Endlich als der Pfarrer eben in die Kirche ge-
hen wollte, kam der Samuel, und der Ehegaumer
ſagte zu ihm:
Du kannſt jezt dem Wohlehrwuͤrdigen Herrn
Pfarrer alles ſelber erzaͤhlen.
Da ſagte der Samuel: Gott gruͤß euch, Wohl-
ehrwuͤrdiger Herr Pfarrer!
Der Pfarrer dankt’ ihm, und ſagte: Sind denn
die Leute noch nicht wieder heim?
Samuel. Nein, Herr Pfarrer! ich gieng
von dem Augenblick an, da mich der Ehegaumer be-
ſtellte,
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/241>, abgerufen am 21.11.2024.
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