Vogt. Wart, man muß nur nie verzagt seyn. Es fällt mir etwas ein. Sag du nur keck und mit Ernst, du habest den Befehl am Abend der Frau oder einem Kind des Mäurers gesagt. Sie rich- ten wider dich nichts aus, wenn du mit Ernst da- ran setzest.
Flink. Mit dem hab ich nichts zu thun; es könnte fehlen.
Vogt. Nein, es könnte nicht fehlen, wenn du daran setztest; aber bey mehrerm Nachdenken fällt mir etwas ein, das noch besser ist.
Flink. Was denn?
Vogt. Du mußst zurücklaufen zum Mäurer, dich grämen und jammern und sagen: Es könne dir übel gehn, daß du den Befehl versäumt ha- best; aber er könne dir mit einem einzigen guten Wort aus allem helfen, wenn er nur etwann ein- mal dem Junker sage, er habe den Zedel am Sonn- tag empfangen, und aus Mißverstand, da es hei- liger Abend gewesen wäre, es ihnen erst heute ansagen wollen -- Das schadet dem Mäurer kein Haar, und thut er's, so ist vollkommen geholfen.
Flink. Du hast Recht; ich glaube, das würde angehn.
Vogt. Es fehlt gewiß nicht.
Flink. Ich muß gehen, ich habe noch Briefe; aber ich will doch noch diesen Morgen zum Mäu- rer hin. Behüt dich Gott, Vogt! (Er geht.)
Der
Vogt. Wart, man muß nur nie verzagt ſeyn. Es faͤllt mir etwas ein. Sag du nur keck und mit Ernſt, du habeſt den Befehl am Abend der Frau oder einem Kind des Maͤurers geſagt. Sie rich- ten wider dich nichts aus, wenn du mit Ernſt da- ran ſetzeſt.
Flink. Mit dem hab ich nichts zu thun; es koͤnnte fehlen.
Vogt. Nein, es koͤnnte nicht fehlen, wenn du daran ſetzteſt; aber bey mehrerm Nachdenken faͤllt mir etwas ein, das noch beſſer iſt.
Flink. Was denn?
Vogt. Du mußſt zuruͤcklaufen zum Maͤurer, dich graͤmen und jammern und ſagen: Es koͤnne dir uͤbel gehn, daß du den Befehl verſaͤumt ha- beſt; aber er koͤnne dir mit einem einzigen guten Wort aus allem helfen, wenn er nur etwann ein- mal dem Junker ſage, er habe den Zedel am Sonn- tag empfangen, und aus Mißverſtand, da es hei- liger Abend geweſen waͤre, es ihnen erſt heute anſagen wollen — Das ſchadet dem Maͤurer kein Haar, und thut er’s, ſo iſt vollkommen geholfen.
Flink. Du haſt Recht; ich glaube, das wuͤrde angehn.
Vogt. Es fehlt gewiß nicht.
Flink. Ich muß gehen, ich habe noch Briefe; aber ich will doch noch dieſen Morgen zum Maͤu- rer hin. Behuͤt dich Gott, Vogt! (Er geht.)
Der
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Vogt. Wart, man muß nur nie verzagt ſeyn.
Es faͤllt mir etwas ein. Sag du nur keck und mit
Ernſt, du habeſt den Befehl am Abend der Frau
oder einem Kind des Maͤurers geſagt. Sie rich-
ten wider dich nichts aus, wenn du mit Ernſt da-
ran ſetzeſt.
Flink. Mit dem hab ich nichts zu thun; es
koͤnnte fehlen.
Vogt. Nein, es koͤnnte nicht fehlen, wenn du
daran ſetzteſt; aber bey mehrerm Nachdenken faͤllt
mir etwas ein, das noch beſſer iſt.
Flink. Was denn?
Vogt. Du mußſt zuruͤcklaufen zum Maͤurer,
dich graͤmen und jammern und ſagen: Es koͤnne
dir uͤbel gehn, daß du den Befehl verſaͤumt ha-
beſt; aber er koͤnne dir mit einem einzigen guten
Wort aus allem helfen, wenn er nur etwann ein-
mal dem Junker ſage, er habe den Zedel am Sonn-
tag empfangen, und aus Mißverſtand, da es hei-
liger Abend geweſen waͤre, es ihnen erſt heute
anſagen wollen — Das ſchadet dem Maͤurer kein
Haar, und thut er’s, ſo iſt vollkommen geholfen.
Flink. Du haſt Recht; ich glaube, das wuͤrde
angehn.
Vogt. Es fehlt gewiß nicht.
Flink. Ich muß gehen, ich habe noch Briefe;
aber ich will doch noch dieſen Morgen zum Maͤu-
rer hin. Behuͤt dich Gott, Vogt! (Er geht.)
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/278>, abgerufen am 24.11.2024.
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