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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Gespenster, im Staub und in der Asche gnädiglich,
und auf einen besonders dazu angesetzten Tag ab-
beten können.

Der Junker und der Pfarrer konnten freylich
das Lachen schier gar nicht verbeissen, bis er fertig
war; doch hörten sie ihm mit aller Gedult zu.

Die Bauern aber freueten sich in ihrem Her-
zen dieser Rede; und sie beschlossen, den theu-
ren Mann zu Hunderten heim zu begleiten, da sie
ihn nur zu Dreyen abgeholt hatten. Auch stuhnden
sie zu Dutzenden auf, und sagten:

Gnädiger Herr! das wäre in Gottes Namen
unser aller Meynung, was der Ehegaumer da
sagt.

Den Armen aber, und allen denen, welchen der
Pfarrer lieb war, war es recht angst und bang
für ihn; und da und dort sagte noch einer zum
andern:

Wäre er doch nur auch nicht so unglücklich,
und glaubte auch was andere Leute -- er ist doch
sonst auch so brav; aber diese durften nicht reden,
so weh es ihnen that, daß seine Feinde jezt trium-
phierten.



§. 91.

Geſpenſter, im Staub und in der Aſche gnaͤdiglich,
und auf einen beſonders dazu angeſetzten Tag ab-
beten koͤnnen.

Der Junker und der Pfarrer konnten freylich
das Lachen ſchier gar nicht verbeiſſen, bis er fertig
war; doch hoͤrten ſie ihm mit aller Gedult zu.

Die Bauern aber freueten ſich in ihrem Her-
zen dieſer Rede; und ſie beſchloſſen, den theu-
ren Mann zu Hunderten heim zu begleiten, da ſie
ihn nur zu Dreyen abgeholt hatten. Auch ſtuhnden
ſie zu Dutzenden auf, und ſagten:

Gnaͤdiger Herr! das waͤre in Gottes Namen
unſer aller Meynung, was der Ehegaumer da
ſagt.

Den Armen aber, und allen denen, welchen der
Pfarrer lieb war, war es recht angſt und bang
fuͤr ihn; und da und dort ſagte noch einer zum
andern:

Waͤre er doch nur auch nicht ſo ungluͤcklich,
und glaubte auch was andere Leute — er iſt doch
ſonſt auch ſo brav; aber dieſe durften nicht reden,
ſo weh es ihnen that, daß ſeine Feinde jezt trium-
phierten.



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[352/0377] Geſpenſter, im Staub und in der Aſche gnaͤdiglich, und auf einen beſonders dazu angeſetzten Tag ab- beten koͤnnen. Der Junker und der Pfarrer konnten freylich das Lachen ſchier gar nicht verbeiſſen, bis er fertig war; doch hoͤrten ſie ihm mit aller Gedult zu. Die Bauern aber freueten ſich in ihrem Her- zen dieſer Rede; und ſie beſchloſſen, den theu- ren Mann zu Hunderten heim zu begleiten, da ſie ihn nur zu Dreyen abgeholt hatten. Auch ſtuhnden ſie zu Dutzenden auf, und ſagten: Gnaͤdiger Herr! das waͤre in Gottes Namen unſer aller Meynung, was der Ehegaumer da ſagt. Den Armen aber, und allen denen, welchen der Pfarrer lieb war, war es recht angſt und bang fuͤr ihn; und da und dort ſagte noch einer zum andern: Waͤre er doch nur auch nicht ſo ungluͤcklich, und glaubte auch was andere Leute — er iſt doch ſonſt auch ſo brav; aber dieſe durften nicht reden, ſo weh es ihnen that, daß ſeine Feinde jezt trium- phierten. §. 91.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/377>, abgerufen am 22.11.2024.