Ihr Hunde! was man von euch will, ist immer nichts mit euch ausgerichtet. Wofür muß ich immer euer Narr seyn? Wenn ihr Holz frevelt, und ganze Fuder raubet -- so muß ich nichts wis- sen -- wenn ihr in den Schloßtriften waidet -- und alle Zäune wegtraget, so muß ich schweigen.
Du Buller! mehr als ein Drittheil von deiner Waisenrechnung war falsch -- und -- ich schwieg -- meynst du, das Bißchen verschimmelt Heu stelle mich zufrieden? -- es ist noch nicht verjährt --
Und du Krüel! deine halbe Matte gehört dei- nes Bruders Kindern. Du alter Dieb! -- was habe ich von dir, daß ich dich nicht dem Henker überlasse, dem du gehörst? --
Dieses Gerede machte den Nachbaren bang. Was können wir thun? was können wir machen -- Herr Untervogt -- weder Tag noch Nacht ist uns zu viel -- zu thun, was du uns heissest.
Ihr Hunde! ihr könnt nichts, ihr wißt nichts. Ich bin ausser mir vor Wuth. Ich muß wissen, was des Mäurers Gesindel diese Woche gehabt hat -- was hinder diesem Pochen steckt -- so wüthete er --
Indessen besann sich Krüel. Halt, Vogt -- ich glaub, ich könne dienen, erst fällt mir's ein -- Gertrud war heute bis Mittag über Feld -- und am Abend hat ihr Liselj beym Brunnen den Schloß- herrn sehr gerühmt -- gewiß war sie im Schloß --
am
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Ihr Hunde! was man von euch will, iſt immer nichts mit euch ausgerichtet. Wofuͤr muß ich immer euer Narr ſeyn? Wenn ihr Holz frevelt, und ganze Fuder raubet — ſo muß ich nichts wiſ- ſen — wenn ihr in den Schloßtriften waidet — und alle Zaͤune wegtraget, ſo muß ich ſchweigen.
Du Buller! mehr als ein Drittheil von deiner Waiſenrechnung war falſch — und — ich ſchwieg — meynſt du, das Bißchen verſchimmelt Heu ſtelle mich zufrieden? — es iſt noch nicht verjaͤhrt —
Und du Kruͤel! deine halbe Matte gehoͤrt dei- nes Bruders Kindern. Du alter Dieb! — was habe ich von dir, daß ich dich nicht dem Henker uͤberlaſſe, dem du gehoͤrſt? —
Dieſes Gerede machte den Nachbaren bang. Was koͤnnen wir thun? was koͤnnen wir machen — Herr Untervogt — weder Tag noch Nacht iſt uns zu viel — zu thun, was du uns heiſſeſt.
Ihr Hunde! ihr koͤnnt nichts, ihr wißt nichts. Ich bin auſſer mir vor Wuth. Ich muß wiſſen, was des Maͤurers Geſindel dieſe Woche gehabt hat — was hinder dieſem Pochen ſteckt — ſo wuͤthete er —
Indeſſen beſann ſich Kruͤel. Halt, Vogt — ich glaub, ich koͤnne dienen, erſt faͤllt mir’s ein — Gertrud war heute bis Mittag uͤber Feld — und am Abend hat ihr Liſelj beym Brunnen den Schloß- herrn ſehr geruͤhmt — gewiß war ſie im Schloß —
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Ihr Hunde! was man von euch will, iſt
immer nichts mit euch ausgerichtet. Wofuͤr muß
ich immer euer Narr ſeyn? Wenn ihr Holz frevelt,
und ganze Fuder raubet — ſo muß ich nichts wiſ-
ſen — wenn ihr in den Schloßtriften waidet —
und alle Zaͤune wegtraget, ſo muß ich ſchweigen.
Du Buller! mehr als ein Drittheil von deiner
Waiſenrechnung war falſch — und — ich ſchwieg —
meynſt du, das Bißchen verſchimmelt Heu ſtelle
mich zufrieden? — es iſt noch nicht verjaͤhrt —
Und du Kruͤel! deine halbe Matte gehoͤrt dei-
nes Bruders Kindern. Du alter Dieb! — was
habe ich von dir, daß ich dich nicht dem Henker
uͤberlaſſe, dem du gehoͤrſt? —
Dieſes Gerede machte den Nachbaren bang.
Was koͤnnen wir thun? was koͤnnen wir machen —
Herr Untervogt — weder Tag noch Nacht iſt uns
zu viel — zu thun, was du uns heiſſeſt.
Ihr Hunde! ihr koͤnnt nichts, ihr wißt
nichts. Ich bin auſſer mir vor Wuth. Ich muß
wiſſen, was des Maͤurers Geſindel dieſe Woche
gehabt hat — was hinder dieſem Pochen ſteckt —
ſo wuͤthete er —
Indeſſen beſann ſich Kruͤel. Halt, Vogt —
ich glaub, ich koͤnne dienen, erſt faͤllt mir’s ein —
Gertrud war heute bis Mittag uͤber Feld — und
am Abend hat ihr Liſelj beym Brunnen den Schloß-
herrn ſehr geruͤhmt — gewiß war ſie im Schloß —
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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