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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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am Abend vorher war ein Geheul in ihrer Stube --
aber Niemand weiß warum. Heute sind sie alle
ganz besonders frölich.

Der Vogt war nun überzeuget, daß Gertrud
im Schloß gewesen wäre. Zorn und Unruhe
wütheten nun noch gewaltiger in seiner Seele.

Er stieß greuliche Flüche aus, schimpfte mit
abscheulichen Worten auf Arner, der alles Bettel-
gesindel anhörte, und Lienhard und Gertrud schwur
er Rache ernstlich empfinden zu machen. Doch
müßt ihr schweigen, Nachbaren -- ich will mit dem
Gesindel freundlich thun, bis es reif ist. Forschet
fleißig nach, was sie thun, und bringt mir Nach-
richt. Ich will euer Mann seyn, wo es nöthig
seyn wird.

Da nahm er noch Buller beyseits, und sagte --
Weißst du nichts von den gestohlenen Blumenge-
schirren? Man sah dich vorgestern über den Gren-
zen, mit einem geladenen Esel; was hattest du zu
führen?

Buller erschrack -- ich - - ich -- hatte -- Nu!
nu! sprach der Vogt -- sey mir treu! ich bin dir
Mann, wo es die Noth erheischt.

Da giengen die Nachbaren fort. Der Morgen
aber war schon nahe --

Und Hummel wälzte sich noch eine Stunde auf
seinem Lager, staunte, sann auf Rache, knirsch-
te oft im wilden Schlummer mit den Zähnen,

und

am Abend vorher war ein Geheul in ihrer Stube —
aber Niemand weiß warum. Heute ſind ſie alle
ganz beſonders froͤlich.

Der Vogt war nun uͤberzeuget, daß Gertrud
im Schloß geweſen waͤre. Zorn und Unruhe
wuͤtheten nun noch gewaltiger in ſeiner Seele.

Er ſtieß greuliche Fluͤche aus, ſchimpfte mit
abſcheulichen Worten auf Arner, der alles Bettel-
geſindel anhoͤrte, und Lienhard und Gertrud ſchwur
er Rache ernſtlich empfinden zu machen. Doch
muͤßt ihr ſchweigen, Nachbaren — ich will mit dem
Geſindel freundlich thun, bis es reif iſt. Forſchet
fleißig nach, was ſie thun, und bringt mir Nach-
richt. Ich will euer Mann ſeyn, wo es noͤthig
ſeyn wird.

Da nahm er noch Buller beyſeits, und ſagte —
Weißſt du nichts von den geſtohlenen Blumenge-
ſchirren? Man ſah dich vorgeſtern uͤber den Gren-
zen, mit einem geladenen Eſel; was hatteſt du zu
fuͤhren?

Buller erſchrack — ich - - ich — hatte — Nu!
nu! ſprach der Vogt — ſey mir treu! ich bin dir
Mann, wo es die Noth erheiſcht.

Da giengen die Nachbaren fort. Der Morgen
aber war ſchon nahe —

Und Hummel waͤlzte ſich noch eine Stunde auf
ſeinem Lager, ſtaunte, ſann auf Rache, knirſch-
te oft im wilden Schlummer mit den Zaͤhnen,

und
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[24/0047] am Abend vorher war ein Geheul in ihrer Stube — aber Niemand weiß warum. Heute ſind ſie alle ganz beſonders froͤlich. Der Vogt war nun uͤberzeuget, daß Gertrud im Schloß geweſen waͤre. Zorn und Unruhe wuͤtheten nun noch gewaltiger in ſeiner Seele. Er ſtieß greuliche Fluͤche aus, ſchimpfte mit abſcheulichen Worten auf Arner, der alles Bettel- geſindel anhoͤrte, und Lienhard und Gertrud ſchwur er Rache ernſtlich empfinden zu machen. Doch muͤßt ihr ſchweigen, Nachbaren — ich will mit dem Geſindel freundlich thun, bis es reif iſt. Forſchet fleißig nach, was ſie thun, und bringt mir Nach- richt. Ich will euer Mann ſeyn, wo es noͤthig ſeyn wird. Da nahm er noch Buller beyſeits, und ſagte — Weißſt du nichts von den geſtohlenen Blumenge- ſchirren? Man ſah dich vorgeſtern uͤber den Gren- zen, mit einem geladenen Eſel; was hatteſt du zu fuͤhren? Buller erſchrack — ich - - ich — hatte — Nu! nu! ſprach der Vogt — ſey mir treu! ich bin dir Mann, wo es die Noth erheiſcht. Da giengen die Nachbaren fort. Der Morgen aber war ſchon nahe — Und Hummel waͤlzte ſich noch eine Stunde auf ſeinem Lager, ſtaunte, ſann auf Rache, knirſch- te oft im wilden Schlummer mit den Zaͤhnen, und

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/47>, abgerufen am 21.11.2024.