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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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§. 9.
Von den Rechten im Land.

Nicht so lärmend, Christen! sagte der Vogt;
das nützt nichts. Es wäre mir leid, wenn dem
Mäurer ein Unglück begegnete. Ich verzeihe es
ihm gerne. Er hat's aus Armuth gethan. Aber
das ist schlimm, daß keine Rechte mehr im Land
sicher sind.

Die Nachbaren horchten steif, als er von den
Rechten im Land redte. Etliche stellten so gar die
Gläser beyseits, da sie vom Rechten im Land hö-
reten, und horchten.

Ich bin ein alter Mann, Nachbaren! und mir
kann nicht viel dran liegen. Ich habe keine Kin-
der, und mit mir ist's ans. Aber ihr habt
Jungens -- Nachbaren! Euch muß an euern Rech-
ten viel gelegen seyn.

Ja. Unsere Rechte! riefen die Bauern. Ihr
seyd unser Vogt. Vergebt kein Haar von unsern
Rechten.

Vogt. Ja, Nachbaren! Es ist mit dem
Wirthsrecht eine Gemeindsache, und ein theures
Recht um das Wirthsrecht; wir müssen uns weh-
ren.

Etliche
D 3

§. 9.
Von den Rechten im Land.

Nicht ſo laͤrmend, Chriſten! ſagte der Vogt;
das nuͤtzt nichts. Es waͤre mir leid, wenn dem
Maͤurer ein Ungluͤck begegnete. Ich verzeihe es
ihm gerne. Er hat’s aus Armuth gethan. Aber
das iſt ſchlimm, daß keine Rechte mehr im Land
ſicher ſind.

Die Nachbaren horchten ſteif, als er von den
Rechten im Land redte. Etliche ſtellten ſo gar die
Glaͤſer beyſeits, da ſie vom Rechten im Land hoͤ-
reten, und horchten.

Ich bin ein alter Mann, Nachbaren! und mir
kann nicht viel dran liegen. Ich habe keine Kin-
der, und mit mir iſt’s ans. Aber ihr habt
Jungens — Nachbaren! Euch muß an euern Rech-
ten viel gelegen ſeyn.

Ja. Unſere Rechte! riefen die Bauern. Ihr
ſeyd unſer Vogt. Vergebt kein Haar von unſern
Rechten.

Vogt. Ja, Nachbaren! Es iſt mit dem
Wirthsrecht eine Gemeindſache, und ein theures
Recht um das Wirthsrecht; wir muͤſſen uns weh-
ren.

Etliche
D 3
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[53/0076] §. 9. Von den Rechten im Land. Nicht ſo laͤrmend, Chriſten! ſagte der Vogt; das nuͤtzt nichts. Es waͤre mir leid, wenn dem Maͤurer ein Ungluͤck begegnete. Ich verzeihe es ihm gerne. Er hat’s aus Armuth gethan. Aber das iſt ſchlimm, daß keine Rechte mehr im Land ſicher ſind. Die Nachbaren horchten ſteif, als er von den Rechten im Land redte. Etliche ſtellten ſo gar die Glaͤſer beyſeits, da ſie vom Rechten im Land hoͤ- reten, und horchten. Ich bin ein alter Mann, Nachbaren! und mir kann nicht viel dran liegen. Ich habe keine Kin- der, und mit mir iſt’s ans. Aber ihr habt Jungens — Nachbaren! Euch muß an euern Rech- ten viel gelegen ſeyn. Ja. Unſere Rechte! riefen die Bauern. Ihr ſeyd unſer Vogt. Vergebt kein Haar von unſern Rechten. Vogt. Ja, Nachbaren! Es iſt mit dem Wirthsrecht eine Gemeindſache, und ein theures Recht um das Wirthsrecht; wir muͤſſen uns weh- ren. Etliche D 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/76>, abgerufen am 26.11.2024.