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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Sprüchwort -- Wenn die Junker den Bettlern im
Dorf höfelen, (gute Worte geben) so helf Gott den
Bauern. Sie thun das nur, damit sie die Bauern
entzweyen, und denn allein Meister seyn. Nach-
baren! wir müssen immer nur die Narren im Spiel
seyn.

Bauern. Nichts ist gewisser. Wir müssen
immer nur die Narren im Spiel seyn.

Vogt. Ja, Nac[hb]aren! Wenn eure Gerichts-
männer nichts mehr zu bedeuten haben, dann ha-
bet ihrs gerade wie die Soldaten, denen der Hin-
derhut abgeschnitten ist. Der neue Junker ist fein
und listig wie der Teufel. Es sähe ihm's kein
Mensch an, und gewiß giebt er ohne gute Grün-
de keinem Menschen kein gutes Wort. Wenn ihr
nur das Halbe wüßtet, was ich, ich würde denn
nicht nöthig haben zu reden. Aber ihr seyd doch auch
nicht Stocknarren. Ihr werdet wohl etwas merken,
und auf eurer Hut seyn.

Aebj, mit dem es der Vogt abgeredt, und dem
er ein Zeichen gegeben hatte, antwortete ihm:

Meynst du, Vogt! wir merken den Griff nicht.
Er will das Wirthsrecht ins Schloß ziehen.

Vogt. Merkt ihr etwas.

Bauern.
ihm Hummel da in den Mund legt, von dem
weiß kein Mensch mit Wahrheit, daß es Rüp-
plj in seinem Leben ein einziges mal gesagt hätte.
D 4

Spruͤchwort — Wenn die Junker den Bettlern im
Dorf hoͤfelen, (gute Worte geben) ſo helf Gott den
Bauern. Sie thun das nur, damit ſie die Bauern
entzweyen, und denn allein Meiſter ſeyn. Nach-
baren! wir muͤſſen immer nur die Narren im Spiel
ſeyn.

Bauern. Nichts iſt gewiſſer. Wir muͤſſen
immer nur die Narren im Spiel ſeyn.

Vogt. Ja, Nac[hb]aren! Wenn eure Gerichts-
maͤnner nichts mehr zu bedeuten haben, dann ha-
bet ihrs gerade wie die Soldaten, denen der Hin-
derhut abgeſchnitten iſt. Der neue Junker iſt fein
und liſtig wie der Teufel. Es ſaͤhe ihm’s kein
Menſch an, und gewiß giebt er ohne gute Gruͤn-
de keinem Menſchen kein gutes Wort. Wenn ihr
nur das Halbe wuͤßtet, was ich, ich wuͤrde denn
nicht noͤthig haben zu reden. Aber ihr ſeyd doch auch
nicht Stocknarren. Ihr werdet wohl etwas merken,
und auf eurer Hut ſeyn.

Aebj, mit dem es der Vogt abgeredt, und dem
er ein Zeichen gegeben hatte, antwortete ihm:

Meynſt du, Vogt! wir merken den Griff nicht.
Er will das Wirthsrecht ins Schloß ziehen.

Vogt. Merkt ihr etwas.

Bauern.
ihm Hummel da in den Mund legt, von dem
weiß kein Menſch mit Wahrheit, daß es Ruͤp-
plj in ſeinem Leben ein einziges mal geſagt haͤtte.
D 4
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[55/0078] Spruͤchwort — Wenn die Junker den Bettlern im Dorf hoͤfelen, (gute Worte geben) ſo helf Gott den Bauern. Sie thun das nur, damit ſie die Bauern entzweyen, und denn allein Meiſter ſeyn. Nach- baren! wir muͤſſen immer nur die Narren im Spiel ſeyn. Bauern. Nichts iſt gewiſſer. Wir muͤſſen immer nur die Narren im Spiel ſeyn. Vogt. Ja, Nachbaren! Wenn eure Gerichts- maͤnner nichts mehr zu bedeuten haben, dann ha- bet ihrs gerade wie die Soldaten, denen der Hin- derhut abgeſchnitten iſt. Der neue Junker iſt fein und liſtig wie der Teufel. Es ſaͤhe ihm’s kein Menſch an, und gewiß giebt er ohne gute Gruͤn- de keinem Menſchen kein gutes Wort. Wenn ihr nur das Halbe wuͤßtet, was ich, ich wuͤrde denn nicht noͤthig haben zu reden. Aber ihr ſeyd doch auch nicht Stocknarren. Ihr werdet wohl etwas merken, und auf eurer Hut ſeyn. Aebj, mit dem es der Vogt abgeredt, und dem er ein Zeichen gegeben hatte, antwortete ihm: Meynſt du, Vogt! wir merken den Griff nicht. Er will das Wirthsrecht ins Schloß ziehen. Vogt. Merkt ihr etwas. Bauern. *) *) ihm Hummel da in den Mund legt, von dem weiß kein Menſch mit Wahrheit, daß es Ruͤp- plj in ſeinem Leben ein einziges mal geſagt haͤtte. D 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/78>, abgerufen am 26.11.2024.