das, was der Gemeinde nutzlich ist, auch mir lieb und recht wäre, oder wenn ich mich zuletzt, nur äusserlich mehr gestellt hätte, als ob ich's gut mit ihr meyne; denn wäre es angegangen. So eine Gemeinde tanzt im Augenblick nach eines Geschei- den Pfeife, wenn sie denkt, daß man es gut meyne. Aber die Zeiten waren gar zu gut für mich. Unter dem Alten fragte ich der Gemeind oder einem Geißbock ungefehr gleich viel nach. So lang ich Vogt bin, war's meine Lust und meine Freude sie immer nur zu narren, zu beschimpfen und zu meistern, und eigentlich hab ich gut im Sinn es noch ferner zu thun. Aber darum muß und soll ich sie auch tüchtig drey Schritt vom Leib halten; das Händedrücken, das Herablassen, das mit jedermann Rath halten und freundlich thun, wie ein aller Leute Schwager, geht nicht mehr an, wenn man einen zu wohl kennt. Unser einer muß still und allein für sich handeln, nur die Leute brauchen, die er kennt, und die Gemeind, Gemeind seyn lassen. Ein Hirt berathet sich nicht mit den Ochsen; und doch war ich heut Narrs genug und wollte es thun.
Indessen kamen die Männer mit den leeren Flaschen.
Seyd ihr allein -- wollten die Hunde nicht mit? fragte der Vogt --
Nein, kein Mensch, antwortete Aebj.
Und
das, was der Gemeinde nutzlich iſt, auch mir lieb und recht waͤre, oder wenn ich mich zuletzt, nur aͤuſſerlich mehr geſtellt haͤtte, als ob ich’s gut mit ihr meyne; denn waͤre es angegangen. So eine Gemeinde tanzt im Augenblick nach eines Geſchei- den Pfeife, wenn ſie denkt, daß man es gut meyne. Aber die Zeiten waren gar zu gut fuͤr mich. Unter dem Alten fragte ich der Gemeind oder einem Geißbock ungefehr gleich viel nach. So lang ich Vogt bin, war’s meine Luſt und meine Freude ſie immer nur zu narren, zu beſchimpfen und zu meiſtern, und eigentlich hab ich gut im Sinn es noch ferner zu thun. Aber darum muß und ſoll ich ſie auch tuͤchtig drey Schritt vom Leib halten; das Haͤndedruͤcken, das Herablaſſen, das mit jedermann Rath halten und freundlich thun, wie ein aller Leute Schwager, geht nicht mehr an, wenn man einen zu wohl kennt. Unſer einer muß ſtill und allein fuͤr ſich handeln, nur die Leute brauchen, die er kennt, und die Gemeind, Gemeind ſeyn laſſen. Ein Hirt berathet ſich nicht mit den Ochſen; und doch war ich heut Narrs genug und wollte es thun.
Indeſſen kamen die Maͤnner mit den leeren Flaſchen.
Seyd ihr allein — wollten die Hunde nicht mit? fragte der Vogt —
Nein, kein Menſch, antwortete Aebj.
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das, was der Gemeinde nutzlich iſt, auch mir lieb
und recht waͤre, oder wenn ich mich zuletzt, nur
aͤuſſerlich mehr geſtellt haͤtte, als ob ich’s gut mit
ihr meyne; denn waͤre es angegangen. So eine
Gemeinde tanzt im Augenblick nach eines Geſchei-
den Pfeife, wenn ſie denkt, daß man es gut
meyne. Aber die Zeiten waren gar zu gut fuͤr
mich. Unter dem Alten fragte ich der Gemeind
oder einem Geißbock ungefehr gleich viel nach. So
lang ich Vogt bin, war’s meine Luſt und meine
Freude ſie immer nur zu narren, zu beſchimpfen
und zu meiſtern, und eigentlich hab ich gut im
Sinn es noch ferner zu thun. Aber darum muß
und ſoll ich ſie auch tuͤchtig drey Schritt vom Leib
halten; das Haͤndedruͤcken, das Herablaſſen, das
mit jedermann Rath halten und freundlich thun,
wie ein aller Leute Schwager, geht nicht mehr
an, wenn man einen zu wohl kennt. Unſer einer
muß ſtill und allein fuͤr ſich handeln, nur die Leute
brauchen, die er kennt, und die Gemeind, Gemeind
ſeyn laſſen. Ein Hirt berathet ſich nicht mit den
Ochſen; und doch war ich heut Narrs genug
und wollte es thun.
Indeſſen kamen die Maͤnner mit den leeren
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/85>, abgerufen am 25.11.2024.
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