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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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und die Freuden und Pflichten des Vaters
in den niedersten Hütten also fühlte. --

Langsam ritt er gegen die eben unterge-
hende Sonne, Hand und Zügel ruheten auf
seinem Schoos; sein Aug sah den Himmel,
u. sein Herz war beym Vater der Menschen.

Therese empfieng ihn im Wäldchen, vor
seinem Thor, und der Abend gieng in Ge-
sprächen über den Stand der Fürsten und
des Adels vorüber. --

Und das lezte Wort Arners an Therese
war dieses: Gottes Gesäz über Fürsten und
Edle ist dieses, daß ihr Reich nicht das ih-
rige, daß sie vielmehr Fürsten und Edle
sind, damit sie ihrem Volk geben, sicherstel-
len, vervollkommnen was sie ihm geben kön-
nen, und ihns nuzen und brauchen, und Kin-
deskindern hinterlassen lehren, was sie ihm
geben.

Und Arner und Therese segneten ihren
Stand, umarmten ihre Kinder, und bathen
Gott, daß sie immrr menschlich blieben, und
das Gesäz Gottes, das über Fürsten und
Edle ist, von ihrer Jugend auf bis auf ihre
friedliche Ruhstätte erkennen und befolgen.



§. 26.

und die Freuden und Pflichten des Vaters
in den niederſten Huͤtten alſo fuͤhlte. —

Langſam ritt er gegen die eben unterge-
hende Sonne, Hand und Zuͤgel ruheten auf
ſeinem Schoos; ſein Aug ſah den Himmel,
u. ſein Herz war beym Vater der Menſchen.

Thereſe empfieng ihn im Waͤldchen, vor
ſeinem Thor, und der Abend gieng in Ge-
ſpraͤchen uͤber den Stand der Fuͤrſten und
des Adels voruͤber. —

Und das lezte Wort Arners an Thereſe
war dieſes: Gottes Geſaͤz uͤber Fuͤrſten und
Edle iſt dieſes, daß ihr Reich nicht das ih-
rige, daß ſie vielmehr Fuͤrſten und Edle
ſind, damit ſie ihrem Volk geben, ſicherſtel-
len, vervollkommnen was ſie ihm geben koͤn-
nen, und ihns nuzen und brauchen, und Kin-
deskindern hinterlaſſen lehren, was ſie ihm
geben.

Und Arner und Thereſe ſegneten ihren
Stand, umarmten ihre Kinder, und bathen
Gott, daß ſie immrr menſchlich blieben, und
das Geſaͤz Gottes, das uͤber Fuͤrſten und
Edle iſt, von ihrer Jugend auf bis auf ihre
friedliche Ruhſtaͤtte erkennen und befolgen.



§. 26.
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[91/0109] und die Freuden und Pflichten des Vaters in den niederſten Huͤtten alſo fuͤhlte. — Langſam ritt er gegen die eben unterge- hende Sonne, Hand und Zuͤgel ruheten auf ſeinem Schoos; ſein Aug ſah den Himmel, u. ſein Herz war beym Vater der Menſchen. Thereſe empfieng ihn im Waͤldchen, vor ſeinem Thor, und der Abend gieng in Ge- ſpraͤchen uͤber den Stand der Fuͤrſten und des Adels voruͤber. — Und das lezte Wort Arners an Thereſe war dieſes: Gottes Geſaͤz uͤber Fuͤrſten und Edle iſt dieſes, daß ihr Reich nicht das ih- rige, daß ſie vielmehr Fuͤrſten und Edle ſind, damit ſie ihrem Volk geben, ſicherſtel- len, vervollkommnen was ſie ihm geben koͤn- nen, und ihns nuzen und brauchen, und Kin- deskindern hinterlaſſen lehren, was ſie ihm geben. Und Arner und Thereſe ſegneten ihren Stand, umarmten ihre Kinder, und bathen Gott, daß ſie immrr menſchlich blieben, und das Geſaͤz Gottes, das uͤber Fuͤrſten und Edle iſt, von ihrer Jugend auf bis auf ihre friedliche Ruhſtaͤtte erkennen und befolgen. §. 26.

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/109>, abgerufen am 24.05.2024.