Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Vogt. Wie weist du das, wenn du da
bey mir warest?

Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war,
hats mir gesagt.

Vogt. Aber warum ist sie denn in Ohn-
macht gefallen?

Rudi. Sie hörte dich da wieder laut re-
den, und ist darob erschroken.

Vogt. O Gott!

Rudi. Sie war in Gottes Namen todt-
schwach und am äußersten.

Vogt. Und das, was du mir zuerst ge-
sagt, hat sie da nach der Ohnmacht geredt?

Rudi. Wohl drey Stund darnach.

Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht
wieder verziegen?

Rudi. Ja, gewiß, Vogt!

Vogt. Jch möchte mich vor dir und allen
Menschen vergraben, was ich für ein Un-
mensch bin!

Rudi. Was ist izt das wieder?

Vogt. Daß du mich fragest -- Du hast
es ja gehört, was ich dir nachrieff, da du
von mir weglieffst, weil dir das Kind sagte,
sie wär todt.

Rudi. Nein, ich habs nicht gehört; ich
hätte vor Schreken auch nichts verstanden,
du hättest mögen sagen, was du hättest
wollen.

Vogt.

Vogt. Wie weiſt du das, wenn du da
bey mir wareſt?

Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war,
hats mir geſagt.

Vogt. Aber warum iſt ſie denn in Ohn-
macht gefallen?

Rudi. Sie hoͤrte dich da wieder laut re-
den, und iſt darob erſchroken.

Vogt. O Gott!

Rudi. Sie war in Gottes Namen todt-
ſchwach und am aͤußerſten.

Vogt. Und das, was du mir zuerſt ge-
ſagt, hat ſie da nach der Ohnmacht geredt?

Rudi. Wohl drey Stund darnach.

Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht
wieder verziegen?

Rudi. Ja, gewiß, Vogt!

Vogt. Jch moͤchte mich vor dir und allen
Menſchen vergraben, was ich fuͤr ein Un-
menſch bin!

Rudi. Was iſt izt das wieder?

Vogt. Daß du mich frageſt — Du haſt
es ja gehoͤrt, was ich dir nachrieff, da du
von mir weglieffſt, weil dir das Kind ſagte,
ſie waͤr todt.

Rudi. Nein, ich habs nicht gehoͤrt; ich
haͤtte vor Schreken auch nichts verſtanden,
du haͤtteſt moͤgen ſagen, was du haͤtteſt
wollen.

Vogt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0118" n="100"/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Wie wei&#x017F;t du das, wenn du da<lb/>
bey mir ware&#x017F;t?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Der Rudeli, der bey ihr war,<lb/>
hats mir ge&#x017F;agt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Aber warum i&#x017F;t &#x017F;ie denn in Ohn-<lb/>
macht gefallen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Sie ho&#x0364;rte dich da wieder laut re-<lb/>
den, und i&#x017F;t darob er&#x017F;chroken.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> O Gott!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Sie war in Gottes Namen todt-<lb/>
&#x017F;chwach und am a&#x0364;ußer&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Und das, was du mir zuer&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;agt, hat &#x017F;ie da nach der Ohnmacht geredt?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Wohl drey Stund darnach.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Und hat mir nach der Ohnmacht<lb/>
wieder verziegen?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Ja, gewiß, Vogt!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Jch mo&#x0364;chte mich vor dir und allen<lb/>
Men&#x017F;chen vergraben, was ich fu&#x0364;r ein Un-<lb/>
men&#x017F;ch bin!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Was i&#x017F;t izt das wieder?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Daß du mich frage&#x017F;t &#x2014; Du ha&#x017F;t<lb/>
es ja geho&#x0364;rt, was ich dir nachrieff, da du<lb/>
von mir weglieff&#x017F;t, weil dir das Kind &#x017F;agte,<lb/>
&#x017F;ie wa&#x0364;r todt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Rudi.</hi> Nein, ich habs nicht geho&#x0364;rt; ich<lb/>
ha&#x0364;tte vor Schreken auch nichts ver&#x017F;tanden,<lb/>
du ha&#x0364;tte&#x017F;t mo&#x0364;gen &#x017F;agen, was du ha&#x0364;tte&#x017F;t<lb/>
wollen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Vogt.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0118] Vogt. Wie weiſt du das, wenn du da bey mir wareſt? Rudi. Der Rudeli, der bey ihr war, hats mir geſagt. Vogt. Aber warum iſt ſie denn in Ohn- macht gefallen? Rudi. Sie hoͤrte dich da wieder laut re- den, und iſt darob erſchroken. Vogt. O Gott! Rudi. Sie war in Gottes Namen todt- ſchwach und am aͤußerſten. Vogt. Und das, was du mir zuerſt ge- ſagt, hat ſie da nach der Ohnmacht geredt? Rudi. Wohl drey Stund darnach. Vogt. Und hat mir nach der Ohnmacht wieder verziegen? Rudi. Ja, gewiß, Vogt! Vogt. Jch moͤchte mich vor dir und allen Menſchen vergraben, was ich fuͤr ein Un- menſch bin! Rudi. Was iſt izt das wieder? Vogt. Daß du mich frageſt — Du haſt es ja gehoͤrt, was ich dir nachrieff, da du von mir weglieffſt, weil dir das Kind ſagte, ſie waͤr todt. Rudi. Nein, ich habs nicht gehoͤrt; ich haͤtte vor Schreken auch nichts verſtanden, du haͤtteſt moͤgen ſagen, was du haͤtteſt wollen. Vogt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/118
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/118>, abgerufen am 24.11.2024.