der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden mit ihm hatten. --
§. 28. Die Himmelstropfen.
Dennoch aber fand er sich bald darauf durch diesen Vorfall gestärkt und er- quikt; seine Frau hingegen erlag unter dem Schreken und Verdruß, so sie die Zeit über gehabt, und zum Unglük gerieth sie dem Treufaug unter die Hände.
Dieser gab ihr von seinen Himmelstropfen -- Das sind Tropfen, die unter seinem Großva- ter noch Henkerstropfen hießen; da aber sein Vater ehrlich worden, hat er sie nicht mehr unter diesem Titul verkauffen wollen, sonder ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben, unter welchem Namen sie bis auf izt für Menschen und Vieh vielen Abgang hatten.
Als die Vögtin dem Treufaug ihre Noth klagte, war seine erste Antwort: "Gieb mir Kirrschenwasser, ich bin so durstig, daß ich mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden kann." -- Sie gabs ihm, und klagte dann ferner der Länge und der Breite nach ihre Noth.
Er
G 4
der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden mit ihm hatten. —
§. 28. Die Himmelstropfen.
Dennoch aber fand er ſich bald darauf durch dieſen Vorfall geſtaͤrkt und er- quikt; ſeine Frau hingegen erlag unter dem Schreken und Verdruß, ſo ſie die Zeit uͤber gehabt, und zum Ungluͤk gerieth ſie dem Treufaug unter die Haͤnde.
Dieſer gab ihr von ſeinen Him̃elstropfen — Das ſind Tropfen, die unter ſeinem Großva- ter noch Henkerstropfen hießen; da aber ſein Vater ehrlich worden, hat er ſie nicht mehr unter dieſem Titul verkauffen wollen, ſonder ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben, unter welchem Namen ſie bis auf izt fuͤr Menſchen und Vieh vielen Abgang hatten.
Als die Voͤgtin dem Treufaug ihre Noth klagte, war ſeine erſte Antwort: „Gieb mir Kirrſchenwaſſer, ich bin ſo durſtig, daß ich mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden kann.“ — Sie gabs ihm, und klagte dann ferner der Laͤnge und der Breite nach ihre Noth.
Er
G 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0121"n="103"/>
der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden<lb/>
mit ihm hatten. —</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 28.<lb/>
Die Himmelstropfen.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ennoch aber fand er ſich bald darauf<lb/>
durch dieſen Vorfall geſtaͤrkt und er-<lb/>
quikt; ſeine Frau hingegen erlag unter dem<lb/>
Schreken und Verdruß, ſo ſie die Zeit uͤber<lb/>
gehabt, und zum Ungluͤk gerieth ſie dem<lb/>
Treufaug unter die Haͤnde.</p><lb/><p>Dieſer gab ihr von ſeinen Him̃elstropfen —<lb/>
Das ſind Tropfen, die unter ſeinem Großva-<lb/>
ter noch Henkerstropfen hießen; da aber ſein<lb/>
Vater ehrlich worden, hat er ſie nicht mehr<lb/>
unter dieſem Titul verkauffen wollen, ſonder<lb/>
ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben,<lb/>
unter welchem Namen ſie bis auf izt fuͤr<lb/>
Menſchen und Vieh vielen Abgang hatten.</p><lb/><p>Als die Voͤgtin dem Treufaug ihre Noth<lb/>
klagte, war ſeine erſte Antwort: „Gieb mir<lb/>
Kirrſchenwaſſer, ich bin ſo durſtig, daß ich<lb/>
mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden<lb/>
kann.“— Sie gabs ihm, und klagte dann<lb/>
ferner der Laͤnge und der Breite nach ihre<lb/>
Noth.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[103/0121]
der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden
mit ihm hatten. —
§. 28.
Die Himmelstropfen.
Dennoch aber fand er ſich bald darauf
durch dieſen Vorfall geſtaͤrkt und er-
quikt; ſeine Frau hingegen erlag unter dem
Schreken und Verdruß, ſo ſie die Zeit uͤber
gehabt, und zum Ungluͤk gerieth ſie dem
Treufaug unter die Haͤnde.
Dieſer gab ihr von ſeinen Him̃elstropfen —
Das ſind Tropfen, die unter ſeinem Großva-
ter noch Henkerstropfen hießen; da aber ſein
Vater ehrlich worden, hat er ſie nicht mehr
unter dieſem Titul verkauffen wollen, ſonder
ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben,
unter welchem Namen ſie bis auf izt fuͤr
Menſchen und Vieh vielen Abgang hatten.
Als die Voͤgtin dem Treufaug ihre Noth
klagte, war ſeine erſte Antwort: „Gieb mir
Kirrſchenwaſſer, ich bin ſo durſtig, daß ich
mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden
kann.“ — Sie gabs ihm, und klagte dann
ferner der Laͤnge und der Breite nach ihre
Noth.
Er
G 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/121>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.