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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden
mit ihm hatten. --

§. 28.
Die Himmelstropfen.

Dennoch aber fand er sich bald darauf
durch diesen Vorfall gestärkt und er-
quikt; seine Frau hingegen erlag unter dem
Schreken und Verdruß, so sie die Zeit über
gehabt, und zum Unglük gerieth sie dem
Treufaug unter die Hände.

Dieser gab ihr von seinen Himmelstropfen --
Das sind Tropfen, die unter seinem Großva-
ter noch Henkerstropfen hießen; da aber sein
Vater ehrlich worden, hat er sie nicht mehr
unter diesem Titul verkauffen wollen, sonder
ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben,
unter welchem Namen sie bis auf izt für
Menschen und Vieh vielen Abgang hatten.

Als die Vögtin dem Treufaug ihre Noth
klagte, war seine erste Antwort: "Gieb mir
Kirrschenwasser, ich bin so durstig, daß ich
mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden
kann." -- Sie gabs ihm, und klagte dann
ferner der Länge und der Breite nach ihre
Noth.

Er
G 4

der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden
mit ihm hatten. —

§. 28.
Die Himmelstropfen.

Dennoch aber fand er ſich bald darauf
durch dieſen Vorfall geſtaͤrkt und er-
quikt; ſeine Frau hingegen erlag unter dem
Schreken und Verdruß, ſo ſie die Zeit uͤber
gehabt, und zum Ungluͤk gerieth ſie dem
Treufaug unter die Haͤnde.

Dieſer gab ihr von ſeinen Him̃elstropfen —
Das ſind Tropfen, die unter ſeinem Großva-
ter noch Henkerstropfen hießen; da aber ſein
Vater ehrlich worden, hat er ſie nicht mehr
unter dieſem Titul verkauffen wollen, ſonder
ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben,
unter welchem Namen ſie bis auf izt fuͤr
Menſchen und Vieh vielen Abgang hatten.

Als die Voͤgtin dem Treufaug ihre Noth
klagte, war ſeine erſte Antwort: „Gieb mir
Kirrſchenwaſſer, ich bin ſo durſtig, daß ich
mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden
kann.“ — Sie gabs ihm, und klagte dann
ferner der Laͤnge und der Breite nach ihre
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G 4
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[103/0121] der Pfarrer und der Rudi inniges Mitleiden mit ihm hatten. — §. 28. Die Himmelstropfen. Dennoch aber fand er ſich bald darauf durch dieſen Vorfall geſtaͤrkt und er- quikt; ſeine Frau hingegen erlag unter dem Schreken und Verdruß, ſo ſie die Zeit uͤber gehabt, und zum Ungluͤk gerieth ſie dem Treufaug unter die Haͤnde. Dieſer gab ihr von ſeinen Him̃elstropfen — Das ſind Tropfen, die unter ſeinem Großva- ter noch Henkerstropfen hießen; da aber ſein Vater ehrlich worden, hat er ſie nicht mehr unter dieſem Titul verkauffen wollen, ſonder ihnen den Namen Himmelstropfen gegeben, unter welchem Namen ſie bis auf izt fuͤr Menſchen und Vieh vielen Abgang hatten. Als die Voͤgtin dem Treufaug ihre Noth klagte, war ſeine erſte Antwort: „Gieb mir Kirrſchenwaſſer, ich bin ſo durſtig, daß ich mich anfeuchten muß, eh ich mit dir reden kann.“ — Sie gabs ihm, und klagte dann ferner der Laͤnge und der Breite nach ihre Noth. Er G 4

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/121>, abgerufen am 21.11.2024.