Aber die Bauren hatten wie immer keine Ohren für das, was sie nicht wollten. --
"Es müßte der Teufel thun, wenn das ihn nicht wider den Pfarrer aufbringen wür- de," sagte der Kienast. --
"Nein, bey Gott! das fehlt nicht," sagte der Kalberleder.
"So alt ich bin, hab ichs noch nie erlebt, daß es nicht Händel abseze, wenn ein Pfar- rer etwas gethan, wie das ist."
"Es ist sicher dem Junker ins Amt gegrif- fen" -- sagte der Mooßbauer, und die Bauren alle beharreten darauf, er müßte das anzeigen, und so hoch treiben als er nur könnte.
Der gute Meyer ließ sich endlich auch das noch aufladen.
§. 33. Jn welch hohem Grad ein Verbre- cher Mensch bleiben -- und seine geistliche und weltliche Herrschaft intereßieren kann.
Aber der Pfarrer schrieb es dem Junker selber -- Er gab dem Michel, der eh- dem mit dem Vogt so eng verbunden war, aber sint kurzem so gut mit dem Lienhard
wor-
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Aber die Bauren hatten wie immer keine Ohren fuͤr das, was ſie nicht wollten. —
„Es muͤßte der Teufel thun, wenn das ihn nicht wider den Pfarrer aufbringen wuͤr- de,“ ſagte der Kienaſt. —
„Nein, bey Gott! das fehlt nicht,“ ſagte der Kalberleder.
„So alt ich bin, hab ichs noch nie erlebt, daß es nicht Haͤndel abſeze, wenn ein Pfar- rer etwas gethan, wie das iſt.“
„Es iſt ſicher dem Junker ins Amt gegrif- fen“ — ſagte der Mooßbauer, und die Bauren alle beharreten darauf, er muͤßte das anzeigen, und ſo hoch treiben als er nur koͤnnte.
Der gute Meyer ließ ſich endlich auch das noch aufladen.
§. 33. Jn welch hohem Grad ein Verbre- cher Menſch bleiben — und ſeine geiſtliche und weltliche Herrſchaft intereßieren kann.
Aber der Pfarrer ſchrieb es dem Junker ſelber — Er gab dem Michel, der eh- dem mit dem Vogt ſo eng verbunden war, aber ſint kurzem ſo gut mit dem Lienhard
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Aber die Bauren hatten wie immer keine
Ohren fuͤr das, was ſie nicht wollten. —
„Es muͤßte der Teufel thun, wenn das
ihn nicht wider den Pfarrer aufbringen wuͤr-
de,“ ſagte der Kienaſt. —
„Nein, bey Gott! das fehlt nicht,“ ſagte
der Kalberleder.
„So alt ich bin, hab ichs noch nie erlebt,
daß es nicht Haͤndel abſeze, wenn ein Pfar-
rer etwas gethan, wie das iſt.“
„Es iſt ſicher dem Junker ins Amt gegrif-
fen“ — ſagte der Mooßbauer, und die
Bauren alle beharreten darauf, er muͤßte das
anzeigen, und ſo hoch treiben als er nur
koͤnnte.
Der gute Meyer ließ ſich endlich auch das
noch aufladen.
§. 33.
Jn welch hohem Grad ein Verbre-
cher Menſch bleiben — und ſeine
geiſtliche und weltliche Herrſchaft
intereßieren kann.
Aber der Pfarrer ſchrieb es dem Junker
ſelber — Er gab dem Michel, der eh-
dem mit dem Vogt ſo eng verbunden war,
aber ſint kurzem ſo gut mit dem Lienhard
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/139>, abgerufen am 16.02.2025.
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