Greuel aus dem Dorf zu bahnen, zwey Ka- puziner wohl hundert Stund weit her kom- men zu lassen: aber er redete nur mit dem Sauff-Waldbruder in der Haberau ab, machte ihn 8. Tag sich im Haus versteken, und dann und wann sich an den Fenstern zei- gen und Grimaßen machen. -- Jndessen fraßen, soffen und spielten wir alle Nacht mit dem Bruder, und thaten so laut, daß der Wächter Leutold es merkte; er erkannte vor den Fenstern alle drey Stimmen, und kam morn deß mit dem Geschwornen Kalber- leder, seinem Bruder und dem Hügi, auf den Schlag 12. Uhr, mitten im jubilieren vors Haus. -- Der Pfaff war, so bald sie anklopften, wie der Bliz im Verbergloch, und ich auf dem Dach, und von da über den Birrbaum hinunter und fort. -- Der Vogt kroch in den Ofen, aber er konnte ihn nicht zumachen, weil schon Holz darinn war. Die vier stießen die Thüren mit Gewalt auf, u. waren im Augenblik mit einem Hund und ei- nem Licht in der Stube, und des Vogts Kaz flüchtete sich vom Tisch weg zu ihrem Meister in den Ofen: dieser wußte nicht, was es war, und that einen erbärmlichen Schrey -- Da ist der Vogt -- rieffen die Kerl, zünde- ten ihm mit dem Licht zum Ofen hinaus, und machten ihn alles Geld, das er bey sich
hat-
Greuel aus dem Dorf zu bahnen, zwey Ka- puziner wohl hundert Stund weit her kom- men zu laſſen: aber er redete nur mit dem Sauff-Waldbruder in der Haberau ab, machte ihn 8. Tag ſich im Haus verſteken, und dann und wann ſich an den Fenſtern zei- gen und Grimaßen machen. — Jndeſſen fraßen, ſoffen und ſpielten wir alle Nacht mit dem Bruder, und thaten ſo laut, daß der Waͤchter Leutold es merkte; er erkannte vor den Fenſtern alle drey Stimmen, und kam morn deß mit dem Geſchwornen Kalber- leder, ſeinem Bruder und dem Huͤgi, auf den Schlag 12. Uhr, mitten im jubilieren vors Haus. — Der Pfaff war, ſo bald ſie anklopften, wie der Bliz im Verbergloch, und ich auf dem Dach, und von da uͤber den Birrbaum hinunter und fort. — Der Vogt kroch in den Ofen, aber er konnte ihn nicht zumachen, weil ſchon Holz darinn war. Die vier ſtießen die Thuͤren mit Gewalt auf, u. waren im Augenblik mit einem Hund und ei- nem Licht in der Stube, und des Vogts Kaz fluͤchtete ſich vom Tiſch weg zu ihrem Meiſter in den Ofen: dieſer wußte nicht, was es war, und that einen erbaͤrmlichen Schrey — Da iſt der Vogt — rieffen die Kerl, zuͤnde- ten ihm mit dem Licht zum Ofen hinaus, und machten ihn alles Geld, das er bey ſich
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Greuel aus dem Dorf zu bahnen, zwey Ka-
puziner wohl hundert Stund weit her kom-
men zu laſſen: aber er redete nur mit dem
Sauff-Waldbruder in der Haberau ab,
machte ihn 8. Tag ſich im Haus verſteken,
und dann und wann ſich an den Fenſtern zei-
gen und Grimaßen machen. — Jndeſſen
fraßen, ſoffen und ſpielten wir alle Nacht
mit dem Bruder, und thaten ſo laut, daß
der Waͤchter Leutold es merkte; er erkannte
vor den Fenſtern alle drey Stimmen, und
kam morn deß mit dem Geſchwornen Kalber-
leder, ſeinem Bruder und dem Huͤgi, auf
den Schlag 12. Uhr, mitten im jubilieren
vors Haus. — Der Pfaff war, ſo bald
ſie anklopften, wie der Bliz im Verbergloch,
und ich auf dem Dach, und von da uͤber den
Birrbaum hinunter und fort. — Der Vogt
kroch in den Ofen, aber er konnte ihn nicht
zumachen, weil ſchon Holz darinn war. Die
vier ſtießen die Thuͤren mit Gewalt auf, u.
waren im Augenblik mit einem Hund und ei-
nem Licht in der Stube, und des Vogts Kaz
fluͤchtete ſich vom Tiſch weg zu ihrem Meiſter
in den Ofen: dieſer wußte nicht, was es
war, und that einen erbaͤrmlichen Schrey —
Da iſt der Vogt — rieffen die Kerl, zuͤnde-
ten ihm mit dem Licht zum Ofen hinaus,
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/144>, abgerufen am 21.11.2024.
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