ihm von allen Seiten her allen nur erdenkli- chen Verdruß und Herzenleid angethan, und es so weit getrieben, daß so gar die Schloß- dienste auf desselben Anstiften ihren Hun- den den Namen Bamberger gegeben, ihn in allen Eken zum Gespött zu machen. Er er- zählte weitläuftig, wie das alles ihn zulezt so weit heruntergebracht, daß er Haus und Hof verlassen, und ins Kaiserliche ziehen mußte, wo er erst vor ein paar Jahren in Armuth gestorben: wie er aber ein paar Wochen vor seinem Tod durch einen Landsmann noch heim sagen lassen, er woll- te lieber unter den Türken sterben, als zu- rük kommen, so lange es sey, wie es sey.
Der Junker redete hernach auch vom Hummel mit dem Renold. Dieser sagte un- verhollen: das Uebel sey vor dem Vogt schon eingewurzelt gewesen, und wenn im Schloß Ordnung gewesen wäre, so wäre es mit ihm gekommen wie mit hundert andern Müßig- gängern; er hätte entweder fort aus dem Lande müssen, oder die Noth hätte ihn be- then und arbeiten gelehrt.
Er sagte wohl noch mehr. Es zerschnitt dem Junker das Herz, aber er ließ ihn re- den, denn er sah, daß er die Wahrheit sagte.
Er
ihm von allen Seiten her allen nur erdenkli- chen Verdruß und Herzenleid angethan, und es ſo weit getrieben, daß ſo gar die Schloß- dienſte auf deſſelben Anſtiften ihren Hun- den den Namen Bamberger gegeben, ihn in allen Eken zum Geſpoͤtt zu machen. Er er- zaͤhlte weitlaͤuftig, wie das alles ihn zulezt ſo weit heruntergebracht, daß er Haus und Hof verlaſſen, und ins Kaiſerliche ziehen mußte, wo er erſt vor ein paar Jahren in Armuth geſtorben: wie er aber ein paar Wochen vor ſeinem Tod durch einen Landsmann noch heim ſagen laſſen, er woll- te lieber unter den Tuͤrken ſterben, als zu- ruͤk kommen, ſo lange es ſey, wie es ſey.
Der Junker redete hernach auch vom Hummel mit dem Renold. Dieſer ſagte un- verhollen: das Uebel ſey vor dem Vogt ſchon eingewurzelt geweſen, und wenn im Schloß Ordnung geweſen waͤre, ſo waͤre es mit ihm gekommen wie mit hundert andern Muͤßig- gaͤngern; er haͤtte entweder fort aus dem Lande muͤſſen, oder die Noth haͤtte ihn be- then und arbeiten gelehrt.
Er ſagte wohl noch mehr. Es zerſchnitt dem Junker das Herz, aber er ließ ihn re- den, denn er ſah, daß er die Wahrheit ſagte.
Er
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ihm von allen Seiten her allen nur erdenkli-
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es ſo weit getrieben, daß ſo gar die Schloß-
dienſte auf deſſelben Anſtiften ihren Hun-
den den Namen Bamberger gegeben, ihn in
allen Eken zum Geſpoͤtt zu machen. Er er-
zaͤhlte weitlaͤuftig, wie das alles ihn zulezt
ſo weit heruntergebracht, daß er Haus und
Hof verlaſſen, und ins Kaiſerliche ziehen
mußte, wo er erſt vor ein paar Jahren
in Armuth geſtorben: wie er aber ein
paar Wochen vor ſeinem Tod durch einen
Landsmann noch heim ſagen laſſen, er woll-
te lieber unter den Tuͤrken ſterben, als zu-
ruͤk kommen, ſo lange es ſey, wie es ſey.
Der Junker redete hernach auch vom
Hummel mit dem Renold. Dieſer ſagte un-
verhollen: das Uebel ſey vor dem Vogt ſchon
eingewurzelt geweſen, und wenn im Schloß
Ordnung geweſen waͤre, ſo waͤre es mit ihm
gekommen wie mit hundert andern Muͤßig-
gaͤngern; er haͤtte entweder fort aus dem
Lande muͤſſen, oder die Noth haͤtte ihn be-
then und arbeiten gelehrt.
Er ſagte wohl noch mehr. Es zerſchnitt
dem Junker das Herz, aber er ließ ihn re-
den, denn er ſah, daß er die Wahrheit
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/209>, abgerufen am 21.11.2024.
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