§. 63. Hier ist wahrhaftig ein Hause Got- tes, und eine Pforte des Himmels.
Jch saß auch da mitten unter den Leuten; aber ich kanns nicht ausdrüken, und nicht beschreiben, wie uns allen zu Muthe war, als sie nun ohnmächtig vor uns hin- sank. --
Geist des Herrn! der du wie ein Wind wehest, und wie ein Feuer brennest, die Her- zen der Menschen zu lenken -- du segnetest und heiligtest die Worte der Sterbenden, daß die Schaar der Armen, die gestern noch über sie seufzten und Raache schryen, und bitter redeten, izt für sie jammerten wie für eine Geliebte, und ihre Liebe suchten, wie die Liebe einer Schwester, und ihren Segen wünschten, wie den Segen einer Mutter!
Geist des Herrn! Der du Menschenworte segnest, daß sie wer- den wie Worte Gottes; ruhe ewig auf den Worten dieser Sterbenden, daß ihr Licht nicht erlösche, und ihre Kraft nicht ver- schwinde, so lange Reiche auf Erde drüken, und Arme auf Erden leiden werden.
Mei-
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§. 63. Hier iſt wahrhaftig ein Hauſe Got- tes, und eine Pforte des Himmels.
Jch ſaß auch da mitten unter den Leuten; aber ich kanns nicht ausdruͤken, und nicht beſchreiben, wie uns allen zu Muthe war, als ſie nun ohnmaͤchtig vor uns hin- ſank. —
Geiſt des Herrn! der du wie ein Wind weheſt, und wie ein Feuer brenneſt, die Her- zen der Menſchen zu lenken — du ſegneteſt und heiligteſt die Worte der Sterbenden, daß die Schaar der Armen, die geſtern noch uͤber ſie ſeufzten und Raache ſchryen, und bitter redeten, izt fuͤr ſie jammerten wie fuͤr eine Geliebte, und ihre Liebe ſuchten, wie die Liebe einer Schweſter, und ihren Segen wuͤnſchten, wie den Segen einer Mutter!
Geiſt des Herrn! Der du Menſchenworte ſegneſt, daß ſie wer- den wie Worte Gottes; ruhe ewig auf den Worten dieſer Sterbenden, daß ihr Licht nicht erloͤſche, und ihre Kraft nicht ver- ſchwinde, ſo lange Reiche auf Erde druͤken, und Arme auf Erden leiden werden.
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§. 63.
Hier iſt wahrhaftig ein Hauſe Got-
tes, und eine Pforte des
Himmels.
Jch ſaß auch da mitten unter den Leuten;
aber ich kanns nicht ausdruͤken, und
nicht beſchreiben, wie uns allen zu Muthe
war, als ſie nun ohnmaͤchtig vor uns hin-
ſank. —
Geiſt des Herrn! der du wie ein Wind
weheſt, und wie ein Feuer brenneſt, die Her-
zen der Menſchen zu lenken — du ſegneteſt
und heiligteſt die Worte der Sterbenden,
daß die Schaar der Armen, die geſtern noch
uͤber ſie ſeufzten und Raache ſchryen, und
bitter redeten, izt fuͤr ſie jammerten wie fuͤr
eine Geliebte, und ihre Liebe ſuchten, wie
die Liebe einer Schweſter, und ihren Segen
wuͤnſchten, wie den Segen einer Mutter!
Geiſt des Herrn!
Der du Menſchenworte ſegneſt, daß ſie wer-
den wie Worte Gottes; ruhe ewig auf den
Worten dieſer Sterbenden, daß ihr Licht
nicht erloͤſche, und ihre Kraft nicht ver-
ſchwinde, ſo lange Reiche auf Erde druͤken,
und Arme auf Erden leiden werden.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/245>, abgerufen am 21.11.2024.
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