Wenn es aber dahin kam, daß sie den Eid zu ihrem Zeugniß thun mußten, so wußte man ihnen die Worte, die sie beschwo- ren, so auf die Spizen zu sezen, und aus- zudrehen, daß sie genugsam hindienten, den Vogt den Handel gewinnen zu ma- chen, und doch nicht völlige gerade Lügen, sonder mehr verdrehete und verkehrte Wahr- heit waren. Diese schöne Zeugnißgeberey war so bekannt, daß ein Herr aus der Nach- barschaft den Keibaker, wie er in einer sol- chen Handlung für den Vogt vor dem Recht gestanden, abmahlen, und in Kupfer stechen ließ.
Er ist wie lebendig getroffen. -- Sein Haar stehet ihm im Kupfer auf wie einer wil- den Sau der Borst, die Forcht vor der Höll und das Hundeherz doch zu schwören, weil er den Mundvoll, den man ihm dafür dar- wirft, vor sich sieht, redet ihm aus den Au- gen. Er hat eben das Maul offen, und es ist, wie wenn man's sähe, daß er vor Herz- klopfen fast nicht athmen kann, und aus der versoffenen Nase schnaufen muß. Die Au- gen sind halb zu, die Stirne rümpft sich von allen Seiten dagegen und gegen die Na- se hinunter; er hebt just die drey Finger auf, und die Hand (man meynt, man seh', daß sie zittere) ist noch voll Dinte, von einem
Schel-
T
Wenn es aber dahin kam, daß ſie den Eid zu ihrem Zeugniß thun mußten, ſo wußte man ihnen die Worte, die ſie beſchwo- ren, ſo auf die Spizen zu ſezen, und aus- zudrehen, daß ſie genugſam hindienten, den Vogt den Handel gewinnen zu ma- chen, und doch nicht voͤllige gerade Luͤgen, ſonder mehr verdrehete und verkehrte Wahr- heit waren. Dieſe ſchoͤne Zeugnißgeberey war ſo bekannt, daß ein Herr aus der Nach- barſchaft den Keibaker, wie er in einer ſol- chen Handlung fuͤr den Vogt vor dem Recht geſtanden, abmahlen, und in Kupfer ſtechen ließ.
Er iſt wie lebendig getroffen. — Sein Haar ſtehet ihm im Kupfer auf wie einer wil- den Sau der Borſt, die Forcht vor der Hoͤll und das Hundeherz doch zu ſchwoͤren, weil er den Mundvoll, den man ihm dafuͤr dar- wirft, vor ſich ſieht, redet ihm aus den Au- gen. Er hat eben das Maul offen, und es iſt, wie wenn man's ſaͤhe, daß er vor Herz- klopfen faſt nicht athmen kann, und aus der verſoffenen Naſe ſchnaufen muß. Die Au- gen ſind halb zu, die Stirne ruͤmpft ſich von allen Seiten dagegen und gegen die Na- ſe hinunter; er hebt juſt die drey Finger auf, und die Hand (man meynt, man ſeh', daß ſie zittere) iſt noch voll Dinte, von einem
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Wenn es aber dahin kam, daß ſie den
Eid zu ihrem Zeugniß thun mußten, ſo
wußte man ihnen die Worte, die ſie beſchwo-
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zudrehen, daß ſie genugſam hindienten,
den Vogt den Handel gewinnen zu ma-
chen, und doch nicht voͤllige gerade Luͤgen,
ſonder mehr verdrehete und verkehrte Wahr-
heit waren. Dieſe ſchoͤne Zeugnißgeberey
war ſo bekannt, daß ein Herr aus der Nach-
barſchaft den Keibaker, wie er in einer ſol-
chen Handlung fuͤr den Vogt vor dem Recht
geſtanden, abmahlen, und in Kupfer ſtechen
ließ.
Er iſt wie lebendig getroffen. — Sein
Haar ſtehet ihm im Kupfer auf wie einer wil-
den Sau der Borſt, die Forcht vor der Hoͤll
und das Hundeherz doch zu ſchwoͤren, weil
er den Mundvoll, den man ihm dafuͤr dar-
wirft, vor ſich ſieht, redet ihm aus den Au-
gen. Er hat eben das Maul offen, und es
iſt, wie wenn man's ſaͤhe, daß er vor Herz-
klopfen faſt nicht athmen kann, und aus der
verſoffenen Naſe ſchnaufen muß. Die Au-
gen ſind halb zu, die Stirne ruͤmpft ſich
von allen Seiten dagegen und gegen die Na-
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/307>, abgerufen am 21.11.2024.
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