Mann alle Schande und Spott, daß er ein Lump und ein Schelm und ein Taugenichts seye, und wenn dann morgen sein Weib oder sein Vater kam, das gleiche von ihm sagte, und ihn einschranken oder vogten lassen woll- te, so redte er ihm wieder das Wort, und behauptete, es seye gar nicht so schlimm als man thue, er mache freylich mitunter da oder dort etwas Ungeschiktes, aber davor könne man ihn nicht vogten, wenn man die- ses mit allen Leuten, die ungeschikte Sachen machen, vornemmen wollte, man wüßte nicht genug Vögte aufzutreiben, es habe mancher schon hundertfach wieder zusammen gebracht, was er im Anfang verhauset, und wenn man nur rechne, was der Vogtslohn bringe, und was sonst krummes und verderb- liches in einer Wirthschaft entstehen müsse, wenn ein fremder Meister darinn hause, so zeige sich bald, daß einer gar viel verlumpen könne, ehe der Schaden so groß, als wenn man ihn vogte u. s. w. Kurz, er war im- mer dagegen, wenn man einen Uebelhauser einschränken wollte. Er redete deßnahen viel und oft wider das Vogten, und erzählte hundertmal, daß er im * * Amt selber vor Audienz gestanden, da der junge reiche Träu- beli seinem Vogt die Rechnung abnehmen müssen; -- das Geld seye auch um ein paar
1000.
Mann alle Schande und Spott, daß er ein Lump und ein Schelm und ein Taugenichts ſeye, und wenn dann morgen ſein Weib oder ſein Vater kam, das gleiche von ihm ſagte, und ihn einſchranken oder vogten laſſen woll- te, ſo redte er ihm wieder das Wort, und behauptete, es ſeye gar nicht ſo ſchlimm als man thue, er mache freylich mitunter da oder dort etwas Ungeſchiktes, aber davor koͤnne man ihn nicht vogten, wenn man die- ſes mit allen Leuten, die ungeſchikte Sachen machen, vornemmen wollte, man wuͤßte nicht genug Voͤgte aufzutreiben, es habe mancher ſchon hundertfach wieder zuſam̃en gebracht, was er im Anfang verhauſet, und wenn man nur rechne, was der Vogtslohn bringe, und was ſonſt krummes und verderb- liches in einer Wirthſchaft entſtehen muͤſſe, wenn ein fremder Meiſter darinn hauſe, ſo zeige ſich bald, daß einer gar viel verlumpen koͤnne, ehe der Schaden ſo groß, als wenn man ihn vogte u. ſ. w. Kurz, er war im- mer dagegen, wenn man einen Uebelhauſer einſchraͤnken wollte. Er redete deßnahen viel und oft wider das Vogten, und erzaͤhlte hundertmal, daß er im * * Amt ſelber vor Audienz geſtanden, da der junge reiche Traͤu- beli ſeinem Vogt die Rechnung abnehmen muͤſſen; — das Geld ſeye auch um ein paar
1000.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0314"n="296"/>
Mann alle Schande und Spott, daß er ein<lb/>
Lump und ein Schelm und ein Taugenichts<lb/>ſeye, und wenn dann morgen ſein Weib oder<lb/>ſein Vater kam, das gleiche von ihm ſagte,<lb/>
und ihn einſchranken oder vogten laſſen woll-<lb/>
te, ſo redte er ihm wieder das Wort, und<lb/>
behauptete, es ſeye gar nicht ſo ſchlimm als<lb/>
man thue, er mache freylich mitunter da<lb/>
oder dort etwas Ungeſchiktes, aber davor<lb/>
koͤnne man ihn nicht vogten, wenn man die-<lb/>ſes mit allen Leuten, die ungeſchikte Sachen<lb/>
machen, vornemmen wollte, man wuͤßte<lb/>
nicht genug Voͤgte aufzutreiben, es habe<lb/>
mancher ſchon hundertfach wieder zuſam̃en<lb/>
gebracht, was er im Anfang verhauſet, und<lb/>
wenn man nur rechne, was der Vogtslohn<lb/>
bringe, und was ſonſt krummes und verderb-<lb/>
liches in einer Wirthſchaft entſtehen muͤſſe,<lb/>
wenn ein fremder Meiſter darinn hauſe, ſo<lb/>
zeige ſich bald, daß einer gar viel verlumpen<lb/>
koͤnne, ehe der Schaden ſo groß, als wenn<lb/>
man ihn vogte u. ſ. w. Kurz, er war im-<lb/>
mer dagegen, wenn man einen Uebelhauſer<lb/>
einſchraͤnken wollte. Er redete deßnahen viel<lb/>
und oft wider das Vogten, und erzaͤhlte<lb/>
hundertmal, daß er im * * Amt ſelber vor<lb/>
Audienz geſtanden, da der junge reiche Traͤu-<lb/>
beli ſeinem Vogt die Rechnung abnehmen<lb/>
muͤſſen; — das Geld ſeye auch um ein paar<lb/><fwplace="bottom"type="catch">1000.</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[296/0314]
Mann alle Schande und Spott, daß er ein
Lump und ein Schelm und ein Taugenichts
ſeye, und wenn dann morgen ſein Weib oder
ſein Vater kam, das gleiche von ihm ſagte,
und ihn einſchranken oder vogten laſſen woll-
te, ſo redte er ihm wieder das Wort, und
behauptete, es ſeye gar nicht ſo ſchlimm als
man thue, er mache freylich mitunter da
oder dort etwas Ungeſchiktes, aber davor
koͤnne man ihn nicht vogten, wenn man die-
ſes mit allen Leuten, die ungeſchikte Sachen
machen, vornemmen wollte, man wuͤßte
nicht genug Voͤgte aufzutreiben, es habe
mancher ſchon hundertfach wieder zuſam̃en
gebracht, was er im Anfang verhauſet, und
wenn man nur rechne, was der Vogtslohn
bringe, und was ſonſt krummes und verderb-
liches in einer Wirthſchaft entſtehen muͤſſe,
wenn ein fremder Meiſter darinn hauſe, ſo
zeige ſich bald, daß einer gar viel verlumpen
koͤnne, ehe der Schaden ſo groß, als wenn
man ihn vogte u. ſ. w. Kurz, er war im-
mer dagegen, wenn man einen Uebelhauſer
einſchraͤnken wollte. Er redete deßnahen viel
und oft wider das Vogten, und erzaͤhlte
hundertmal, daß er im * * Amt ſelber vor
Audienz geſtanden, da der junge reiche Traͤu-
beli ſeinem Vogt die Rechnung abnehmen
muͤſſen; — das Geld ſeye auch um ein paar
1000.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/314>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.