Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie hatten gut Komödie spielen, er sagte es
ihnen voraus, er werde offentlich wider sie
thun und reden wie der Teufel, aber das
werde ihnen nichts schaden, wenn sie nur
kek seyen, und standhaft fortlaugnen, er und
die andern mögen sagen was sie wollen. --

Er gieng hierinn so weit, daß wenn die
Fehler solcher Leute troz ihrem Laugnen gar
zu deutlich waren, so war er der erste, der
anrieth, man sollte den Ernst brauchen,
und sie einsezen, sie werden dann wohl be-
kennen. --

Aber auch das war Komödie, denn er red-
te auch das mit ihnen ab, lachte sie aus,
wenn sie sich vor dem Gefängniß förchteten,
sagte ihnen, sie werden nicht die ersten, und
nicht die lezten seyn, die darein müssen, er-
klärte ihnen Tag und Stund, wie lang man
sie inne halten könne, und alles, was man
mit ihnen vornemmen werde -- wenn du
das aushaltest, so müssen sie dann darnach
dich wieder gut und besser machen, als du
vorher nie warest, und nie werden wirst --
war das Wort, womit er endete.

Er erzählte solchen Leuten gar oft das
Exempel des Rudis von Lörbach, den izt die
Herren von Kazenstuhl erhalten müssen,
weil er von hundert Sachen, die sie ihn ge-
fragt, keine einzige bekennt.

Das

Sie hatten gut Komoͤdie ſpielen, er ſagte es
ihnen voraus, er werde offentlich wider ſie
thun und reden wie der Teufel, aber das
werde ihnen nichts ſchaden, wenn ſie nur
kek ſeyen, und ſtandhaft fortlaugnen, er und
die andern moͤgen ſagen was ſie wollen. —

Er gieng hierinn ſo weit, daß wenn die
Fehler ſolcher Leute troz ihrem Laugnen gar
zu deutlich waren, ſo war er der erſte, der
anrieth, man ſollte den Ernſt brauchen,
und ſie einſezen, ſie werden dann wohl be-
kennen. —

Aber auch das war Komoͤdie, denn er red-
te auch das mit ihnen ab, lachte ſie aus,
wenn ſie ſich vor dem Gefaͤngniß foͤrchteten,
ſagte ihnen, ſie werden nicht die erſten, und
nicht die lezten ſeyn, die darein muͤſſen, er-
klaͤrte ihnen Tag und Stund, wie lang man
ſie inne halten koͤnne, und alles, was man
mit ihnen vornemmen werde — wenn du
das aushalteſt, ſo muͤſſen ſie dann darnach
dich wieder gut und beſſer machen, als du
vorher nie wareſt, und nie werden wirſt —
war das Wort, womit er endete.

Er erzaͤhlte ſolchen Leuten gar oft das
Exempel des Rudis von Loͤrbach, den izt die
Herren von Kazenſtuhl erhalten muͤſſen,
weil er von hundert Sachen, die ſie ihn ge-
fragt, keine einzige bekennt.

Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0320" n="302"/>
          <p>Sie hatten gut Komo&#x0364;die &#x017F;pielen, er &#x017F;agte es<lb/>
ihnen voraus, er werde offentlich wider &#x017F;ie<lb/>
thun und reden wie der Teufel, aber das<lb/>
werde ihnen nichts &#x017F;chaden, wenn &#x017F;ie nur<lb/>
kek &#x017F;eyen, und &#x017F;tandhaft fortlaugnen, er und<lb/>
die andern mo&#x0364;gen &#x017F;agen was &#x017F;ie wollen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Er gieng hierinn &#x017F;o weit, daß wenn die<lb/>
Fehler &#x017F;olcher Leute troz ihrem Laugnen gar<lb/>
zu deutlich waren, &#x017F;o war er der er&#x017F;te, der<lb/>
anrieth, man &#x017F;ollte den Ern&#x017F;t brauchen,<lb/>
und &#x017F;ie ein&#x017F;ezen, &#x017F;ie werden dann wohl be-<lb/>
kennen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Aber auch das war Komo&#x0364;die, denn er red-<lb/>
te auch das mit ihnen ab, lachte &#x017F;ie aus,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich vor dem Gefa&#x0364;ngniß fo&#x0364;rchteten,<lb/>
&#x017F;agte ihnen, &#x017F;ie werden nicht die er&#x017F;ten, und<lb/>
nicht die lezten &#x017F;eyn, die darein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, er-<lb/>
kla&#x0364;rte ihnen Tag und Stund, wie lang man<lb/>
&#x017F;ie inne halten ko&#x0364;nne, und alles, was man<lb/>
mit ihnen vornemmen werde &#x2014; wenn du<lb/>
das aushalte&#x017F;t, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie dann darnach<lb/>
dich wieder gut und be&#x017F;&#x017F;er machen, als du<lb/>
vorher nie ware&#x017F;t, und nie werden wir&#x017F;t &#x2014;<lb/>
war das Wort, womit er endete.</p><lb/>
          <p>Er erza&#x0364;hlte &#x017F;olchen Leuten gar oft das<lb/>
Exempel des Rudis von Lo&#x0364;rbach, den izt die<lb/>
Herren von Kazen&#x017F;tuhl erhalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
weil er von hundert Sachen, die &#x017F;ie ihn ge-<lb/>
fragt, keine einzige bekennt.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0320] Sie hatten gut Komoͤdie ſpielen, er ſagte es ihnen voraus, er werde offentlich wider ſie thun und reden wie der Teufel, aber das werde ihnen nichts ſchaden, wenn ſie nur kek ſeyen, und ſtandhaft fortlaugnen, er und die andern moͤgen ſagen was ſie wollen. — Er gieng hierinn ſo weit, daß wenn die Fehler ſolcher Leute troz ihrem Laugnen gar zu deutlich waren, ſo war er der erſte, der anrieth, man ſollte den Ernſt brauchen, und ſie einſezen, ſie werden dann wohl be- kennen. — Aber auch das war Komoͤdie, denn er red- te auch das mit ihnen ab, lachte ſie aus, wenn ſie ſich vor dem Gefaͤngniß foͤrchteten, ſagte ihnen, ſie werden nicht die erſten, und nicht die lezten ſeyn, die darein muͤſſen, er- klaͤrte ihnen Tag und Stund, wie lang man ſie inne halten koͤnne, und alles, was man mit ihnen vornemmen werde — wenn du das aushalteſt, ſo muͤſſen ſie dann darnach dich wieder gut und beſſer machen, als du vorher nie wareſt, und nie werden wirſt — war das Wort, womit er endete. Er erzaͤhlte ſolchen Leuten gar oft das Exempel des Rudis von Loͤrbach, den izt die Herren von Kazenſtuhl erhalten muͤſſen, weil er von hundert Sachen, die ſie ihn ge- fragt, keine einzige bekennt. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/320
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/320>, abgerufen am 21.11.2024.