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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Das war ein Mannli -- sagte dann der
Vogt. Jch habe es aus seinem eigenen Mun-
de, daß er an der Folter wie darvor und
darnach immer sich besizen und denken könn-
te, Nein, gehe so geschwind zum Maul her-
aus als Ja.

Jch muß wohl nicht sagen, wie durch
solche geheime Lenkung und Verdrehung des
Rechts, die Herzensverhärtung unter uns ein-
gewurzelt, die unser Elend auf den höchsten
Gipfel gebracht.

Ach! das alte fromme Schamrothwerden,
das gute menschliche Bekennen, Wainen,
Abbitten, das der Herzensverhärtung so sehr
hütete, und so natürlich zur Sinnesände-
rung und Besserung führte, ist aus unserm
Volk wie verbannt, und es ist sogar ein of-
fentliches Sprüchwort unter uns, der sey
kein Mann, der nicht ihrer drey und vieren
ins Ansgesicht weglaugnen könne, was sie
gesehen daß er gethan, und alles Volk, jun-
ges und Altes, Weib und Mann, Knecht
und Magd, und sogar die Schulkinder wis-
sen izt bey uns von nichts anderm mehr, als
bey allem, was sie fehlen, schamlos zu läug-
nen, bis sie überwiesen, und auch die Ue-
berwiesenen schämen sich nicht, und brau-
chen ihr Maul, wie wenn ihnen Gewalt u.
Unrecht geschähe.

Die-

Das war ein Mannli — ſagte dann der
Vogt. Jch habe es aus ſeinem eigenen Mun-
de, daß er an der Folter wie darvor und
darnach immer ſich beſizen und denken koͤnn-
te, Nein, gehe ſo geſchwind zum Maul her-
aus als Ja.

Jch muß wohl nicht ſagen, wie durch
ſolche geheime Lenkung und Verdrehung des
Rechts, die Herzensverhaͤrtung unter uns ein-
gewurzelt, die unſer Elend auf den hoͤchſten
Gipfel gebracht.

Ach! das alte fromme Schamrothwerden,
das gute menſchliche Bekennen, Wainen,
Abbitten, das der Herzensverhaͤrtung ſo ſehr
huͤtete, und ſo natuͤrlich zur Sinnesaͤnde-
rung und Beſſerung fuͤhrte, iſt aus unſerm
Volk wie verbannt, und es iſt ſogar ein of-
fentliches Spruͤchwort unter uns, der ſey
kein Mann, der nicht ihrer drey und vieren
ins Ansgeſicht weglaugnen koͤnne, was ſie
geſehen daß er gethan, und alles Volk, jun-
ges und Altes, Weib und Mann, Knecht
und Magd, und ſogar die Schulkinder wiſ-
ſen izt bey uns von nichts anderm mehr, als
bey allem, was ſie fehlen, ſchamlos zu laͤug-
nen, bis ſie uͤberwieſen, und auch die Ue-
berwieſenen ſchaͤmen ſich nicht, und brau-
chen ihr Maul, wie wenn ihnen Gewalt u.
Unrecht geſchaͤhe.

Die-
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[303/0321] Das war ein Mannli — ſagte dann der Vogt. Jch habe es aus ſeinem eigenen Mun- de, daß er an der Folter wie darvor und darnach immer ſich beſizen und denken koͤnn- te, Nein, gehe ſo geſchwind zum Maul her- aus als Ja. Jch muß wohl nicht ſagen, wie durch ſolche geheime Lenkung und Verdrehung des Rechts, die Herzensverhaͤrtung unter uns ein- gewurzelt, die unſer Elend auf den hoͤchſten Gipfel gebracht. Ach! das alte fromme Schamrothwerden, das gute menſchliche Bekennen, Wainen, Abbitten, das der Herzensverhaͤrtung ſo ſehr huͤtete, und ſo natuͤrlich zur Sinnesaͤnde- rung und Beſſerung fuͤhrte, iſt aus unſerm Volk wie verbannt, und es iſt ſogar ein of- fentliches Spruͤchwort unter uns, der ſey kein Mann, der nicht ihrer drey und vieren ins Ansgeſicht weglaugnen koͤnne, was ſie geſehen daß er gethan, und alles Volk, jun- ges und Altes, Weib und Mann, Knecht und Magd, und ſogar die Schulkinder wiſ- ſen izt bey uns von nichts anderm mehr, als bey allem, was ſie fehlen, ſchamlos zu laͤug- nen, bis ſie uͤberwieſen, und auch die Ue- berwieſenen ſchaͤmen ſich nicht, und brau- chen ihr Maul, wie wenn ihnen Gewalt u. Unrecht geſchaͤhe. Die-

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/321>, abgerufen am 24.11.2024.