Es hängte zwar der eint und andere das Maul ob dieser Ordnung als ob ihm unrecht geschehen, aber sie nahmen die Bäume doch -- die andern lachten, daß ihnen so recht gesche- hen -- und der Junker sagte dann -- als sie ihre Bäum hatten, und alles wieder in ei- nem Kreiß um ihn her stuhnd: --
Ich hätte gern, daß es auch der ärmsten Haus- haltung nicht an der nöthigen Milch fehlte, ihren jungen Kindern eine gute und ihrem Al- ter angemessene, und für ihr Wachsen und Zu- nehmen nothwendige Suppe machen zu können, -- darum habe ich diese Geissen machen hie- her kommen, und will denen, die das Geld nicht haben für ihre Kinder eine zu kauffen, das- selbe gern vorschiessen, und hiemit befahl er denen, die einen solchen Vorschuß gern hätten, näher zu ihm zu kommen.
Es kamen ihrer sieben und zwanzig; aber sie sahen aus, daß es ihm durch Leib und Seel fuhr, -- ohne Hut, -- ohne Kappe, -- ohne Schuh und Strümpf, und alles an ihren Kleidern zerrissen.
Das war noch nicht ihr Elend; der Lump, der Schlägler, der Tröhler, der Spieler und Säuffer war nicht nur auf ihren Röken, war auf ihren Gesichtern wie abgemahlt.
Es erschütterte Arner, da er sie ansah; mit Ernst und Unwillen sagte er ihnen, ihr sehet doch auch gar aus.
Es haͤngte zwar der eint und andere das Maul ob dieſer Ordnung als ob ihm unrecht geſchehen, aber ſie nahmen die Baͤume doch — die andern lachten, daß ihnen ſo recht geſche- hen — und der Junker ſagte dann — als ſie ihre Baͤum hatten, und alles wieder in ei- nem Kreiß um ihn her ſtuhnd: —
Ich haͤtte gern, daß es auch der aͤrmſten Haus- haltung nicht an der noͤthigen Milch fehlte, ihren jungen Kindern eine gute und ihrem Al- ter angemeſſene, und fuͤr ihr Wachſen und Zu- nehmen nothwendige Suppe machen zu koͤnnen, — darum habe ich dieſe Geiſſen machen hie- her kommen, und will denen, die das Geld nicht haben fuͤr ihre Kinder eine zu kauffen, daſ- ſelbe gern vorſchieſſen, und hiemit befahl er denen, die einen ſolchen Vorſchuß gern haͤtten, naͤher zu ihm zu kommen.
Es kamen ihrer ſieben und zwanzig; aber ſie ſahen aus, daß es ihm durch Leib und Seel fuhr, — ohne Hut, — ohne Kappe, — ohne Schuh und Struͤmpf, und alles an ihren Kleidern zerriſſen.
Das war noch nicht ihr Elend; der Lump, der Schlaͤgler, der Troͤhler, der Spieler und Saͤuffer war nicht nur auf ihren Roͤken, war auf ihren Geſichtern wie abgemahlt.
Es erſchuͤtterte Arner, da er ſie anſah; mit Ernſt und Unwillen ſagte er ihnen, ihr ſehet doch auch gar aus.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0130"n="108"/><p>Es haͤngte zwar der eint und andere das<lb/>
Maul ob dieſer Ordnung als ob ihm unrecht<lb/>
geſchehen, aber ſie nahmen die Baͤume doch —<lb/>
die andern lachten, daß ihnen ſo recht geſche-<lb/>
hen — und der Junker ſagte dann — als<lb/>ſie ihre Baͤum hatten, und alles wieder in ei-<lb/>
nem Kreiß um ihn her ſtuhnd: —</p><lb/><p>Ich haͤtte gern, daß es auch der aͤrmſten Haus-<lb/>
haltung nicht an der noͤthigen Milch fehlte,<lb/>
ihren jungen Kindern eine gute und ihrem Al-<lb/>
ter angemeſſene, und fuͤr ihr Wachſen und Zu-<lb/>
nehmen nothwendige Suppe machen zu koͤnnen,<lb/>— darum habe ich dieſe Geiſſen machen hie-<lb/>
her kommen, und will denen, die das Geld<lb/>
nicht haben fuͤr ihre Kinder eine zu kauffen, daſ-<lb/>ſelbe gern vorſchieſſen, und hiemit befahl er<lb/>
denen, die einen ſolchen Vorſchuß gern haͤtten,<lb/>
naͤher zu ihm zu kommen.</p><lb/><p>Es kamen ihrer ſieben und zwanzig; aber<lb/>ſie ſahen aus, daß es ihm durch Leib und Seel<lb/>
fuhr, — ohne Hut, — ohne Kappe, —<lb/>
ohne Schuh und Struͤmpf, und alles an ihren<lb/>
Kleidern zerriſſen.</p><lb/><p>Das war noch nicht ihr Elend; der Lump,<lb/>
der Schlaͤgler, der Troͤhler, der Spieler und<lb/>
Saͤuffer war nicht nur auf ihren Roͤken, war<lb/>
auf ihren Geſichtern wie abgemahlt.</p><lb/><p>Es erſchuͤtterte Arner, da er ſie anſah; mit<lb/>
Ernſt und Unwillen ſagte er ihnen, ihr ſehet<lb/>
doch auch gar aus.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[108/0130]
Es haͤngte zwar der eint und andere das
Maul ob dieſer Ordnung als ob ihm unrecht
geſchehen, aber ſie nahmen die Baͤume doch —
die andern lachten, daß ihnen ſo recht geſche-
hen — und der Junker ſagte dann — als
ſie ihre Baͤum hatten, und alles wieder in ei-
nem Kreiß um ihn her ſtuhnd: —
Ich haͤtte gern, daß es auch der aͤrmſten Haus-
haltung nicht an der noͤthigen Milch fehlte,
ihren jungen Kindern eine gute und ihrem Al-
ter angemeſſene, und fuͤr ihr Wachſen und Zu-
nehmen nothwendige Suppe machen zu koͤnnen,
— darum habe ich dieſe Geiſſen machen hie-
her kommen, und will denen, die das Geld
nicht haben fuͤr ihre Kinder eine zu kauffen, daſ-
ſelbe gern vorſchieſſen, und hiemit befahl er
denen, die einen ſolchen Vorſchuß gern haͤtten,
naͤher zu ihm zu kommen.
Es kamen ihrer ſieben und zwanzig; aber
ſie ſahen aus, daß es ihm durch Leib und Seel
fuhr, — ohne Hut, — ohne Kappe, —
ohne Schuh und Struͤmpf, und alles an ihren
Kleidern zerriſſen.
Das war noch nicht ihr Elend; der Lump,
der Schlaͤgler, der Troͤhler, der Spieler und
Saͤuffer war nicht nur auf ihren Roͤken, war
auf ihren Geſichtern wie abgemahlt.
Es erſchuͤtterte Arner, da er ſie anſah; mit
Ernſt und Unwillen ſagte er ihnen, ihr ſehet
doch auch gar aus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/130>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.