Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, und es dekte mit beyden Augen sein An-
gesicht, das es tief gegen die Erde hinab bog.

Was ist das? -- was ist das? -- fragte
da Arner, und war fast so erschroken als das
Kind. Da sagte ihm ein anders Kind, das
hinter ihm stuhnd, es gehört dem unglüklichen
Rikenberger.

Es that dem Junker so leid, er nahm ihm
seine Hand, und sagte, es ist mir leid, daß
ich dich das gefragt.

Das Kind aber hatte sich auch wieder er-
holt und sagte, verzeihet mir doch was mir
begegnet, ich hab einmal nicht anderst kön-
nen.

Der Junker erwiederte ihm: es ist brav,
daß dir dein Vater so lieb ist, ich weiß aber
auch daß ers verdient, und daß er ein guter
Vater war, und so lang er mit ihm redte,
hatte er seine Hand in der seinen.

§. 50.
Der Mittelpunkt dessen was Arner ist.
Sein Vatersinn, ohne den alles was
er thut nichts anders als Romanen-
Heldenstreich seyn, und in unserer Welt
nicht angehen würde.

Und so sagte er dann dem ganzen Reihen.
-- Ihr könnet nicht glauben, Kinder!

ten, und es dekte mit beyden Augen ſein An-
geſicht, das es tief gegen die Erde hinab bog.

Was iſt das? — was iſt das? — fragte
da Arner, und war faſt ſo erſchroken als das
Kind. Da ſagte ihm ein anders Kind, das
hinter ihm ſtuhnd, es gehoͤrt dem ungluͤklichen
Rikenberger.

Es that dem Junker ſo leid, er nahm ihm
ſeine Hand, und ſagte, es iſt mir leid, daß
ich dich das gefragt.

Das Kind aber hatte ſich auch wieder er-
holt und ſagte, verzeihet mir doch was mir
begegnet, ich hab einmal nicht anderſt koͤn-
nen.

Der Junker erwiederte ihm: es iſt brav,
daß dir dein Vater ſo lieb iſt, ich weiß aber
auch daß ers verdient, und daß er ein guter
Vater war, und ſo lang er mit ihm redte,
hatte er ſeine Hand in der ſeinen.

§. 50.
Der Mittelpunkt deſſen was Arner iſt.
Sein Vaterſinn, ohne den alles was
er thut nichts anders als Romanen-
Heldenſtreich ſeyn, und in unſerer Welt
nicht angehen wuͤrde.

Und ſo ſagte er dann dem ganzen Reihen.
— Ihr koͤnnet nicht glauben, Kinder!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0244" n="222"/>
ten, und es dekte mit beyden Augen &#x017F;ein An-<lb/>
ge&#x017F;icht, das es tief gegen die Erde hinab bog.</p><lb/>
        <p>Was i&#x017F;t das? &#x2014; was i&#x017F;t das? &#x2014; fragte<lb/>
da Arner, und war fa&#x017F;t &#x017F;o er&#x017F;chroken als das<lb/>
Kind. Da &#x017F;agte ihm ein anders Kind, das<lb/>
hinter ihm &#x017F;tuhnd, es geho&#x0364;rt dem unglu&#x0364;klichen<lb/>
Rikenberger.</p><lb/>
        <p>Es that dem Junker &#x017F;o leid, er nahm ihm<lb/>
&#x017F;eine Hand, und &#x017F;agte, es i&#x017F;t mir leid, daß<lb/>
ich dich das gefragt.</p><lb/>
        <p>Das Kind aber hatte &#x017F;ich auch wieder er-<lb/>
holt und &#x017F;agte, verzeihet mir doch was mir<lb/>
begegnet, ich hab einmal nicht ander&#x017F;t ko&#x0364;n-<lb/>
nen.</p><lb/>
        <p>Der Junker erwiederte ihm: es i&#x017F;t brav,<lb/>
daß dir dein Vater &#x017F;o lieb i&#x017F;t, ich weiß aber<lb/>
auch daß ers verdient, und daß er ein guter<lb/>
Vater war, und &#x017F;o lang er mit ihm redte,<lb/>
hatte er &#x017F;eine Hand in der &#x017F;einen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 50.<lb/>
Der Mittelpunkt de&#x017F;&#x017F;en was Arner i&#x017F;t.<lb/>
Sein Vater&#x017F;inn, ohne den alles was<lb/>
er thut nichts anders als Romanen-<lb/>
Helden&#x017F;treich &#x017F;eyn, und in un&#x017F;erer Welt<lb/>
nicht angehen wu&#x0364;rde.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">U</hi>nd &#x017F;o &#x017F;agte er dann dem ganzen Reihen.<lb/>
&#x2014; Ihr ko&#x0364;nnet nicht glauben, Kinder!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0244] ten, und es dekte mit beyden Augen ſein An- geſicht, das es tief gegen die Erde hinab bog. Was iſt das? — was iſt das? — fragte da Arner, und war faſt ſo erſchroken als das Kind. Da ſagte ihm ein anders Kind, das hinter ihm ſtuhnd, es gehoͤrt dem ungluͤklichen Rikenberger. Es that dem Junker ſo leid, er nahm ihm ſeine Hand, und ſagte, es iſt mir leid, daß ich dich das gefragt. Das Kind aber hatte ſich auch wieder er- holt und ſagte, verzeihet mir doch was mir begegnet, ich hab einmal nicht anderſt koͤn- nen. Der Junker erwiederte ihm: es iſt brav, daß dir dein Vater ſo lieb iſt, ich weiß aber auch daß ers verdient, und daß er ein guter Vater war, und ſo lang er mit ihm redte, hatte er ſeine Hand in der ſeinen. §. 50. Der Mittelpunkt deſſen was Arner iſt. Sein Vaterſinn, ohne den alles was er thut nichts anders als Romanen- Heldenſtreich ſeyn, und in unſerer Welt nicht angehen wuͤrde. Und ſo ſagte er dann dem ganzen Reihen. — Ihr koͤnnet nicht glauben, Kinder!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/244
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/244>, abgerufen am 24.11.2024.