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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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dient haben, sizen lassen; und wann er dann
den Rausch ausgeschlaffen, so will er ent-
weder wieder sauffen, oder am Spinnen
von Weib und Kindern wieder erschinden was
er verlumpet; denn gehet's so Junker --
ich will's euch zeigen.

Mit diesen Worten gieng es in seine Kam-
mer, brachte einen ganzen Arm voll Garn,
legt's auf den Tisch, und sagte: Sehet Jun-
ker! wie es dann geh't: wenn die Männer
im Haus so leben, so werden die Weiber
daheim und die Kinder bis in die Wiege hin-
unter ein Lumpenpak -- wie sie betriegen
und bestählen mit wem sie zu thun haben,
und bringen uns dann dergleichen Garn wie
ihr da sehet, das voll Unrath und naß ist
daß man's könnte auswinden, damit sie ei-
nige Kreuzer dem Vater ableugnen, und,
wie er, im Wirthshaus verthun und ver-
sauffen können.

Sein Bruder sezte mit kurzen Worten
hinzu -- das Uebel ist, daß die meiste Leu-
the bey uns keinen Anfang haben im Hau-
sen.

Der Junker erwiederte ihm: aber wären
sie nicht dazu zu bringen, daß sie oder ein-
mal auch die Jungen trachteten zu so einem
Anfang im Hausen zu gelangen --

Meyer. Es wäre vielleicht wohl mög-

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dient haben, ſizen laſſen; und wann er dann
den Rauſch ausgeſchlaffen, ſo will er ent-
weder wieder ſauffen, oder am Spinnen
von Weib und Kindern wieder erſchinden was
er verlumpet; denn gehet’s ſo Junker —
ich will’s euch zeigen.

Mit dieſen Worten gieng es in ſeine Kam-
mer, brachte einen ganzen Arm voll Garn,
legt’s auf den Tiſch, und ſagte: Sehet Jun-
ker! wie es dann geh’t: wenn die Maͤnner
im Haus ſo leben, ſo werden die Weiber
daheim und die Kinder bis in die Wiege hin-
unter ein Lumpenpak — wie ſie betriegen
und beſtaͤhlen mit wem ſie zu thun haben,
und bringen uns dann dergleichen Garn wie
ihr da ſehet, das voll Unrath und naß iſt
daß man’s koͤnnte auswinden, damit ſie ei-
nige Kreuzer dem Vater ableugnen, und,
wie er, im Wirthshaus verthun und ver-
ſauffen koͤnnen.

Sein Bruder ſezte mit kurzen Worten
hinzu — das Uebel iſt, daß die meiſte Leu-
the bey uns keinen Anfang haben im Hau-
ſen.

Der Junker erwiederte ihm: aber waͤren
ſie nicht dazu zu bringen, daß ſie oder ein-
mal auch die Jungen trachteten zu ſo einem
Anfang im Hauſen zu gelangen —

Meyer. Es waͤre vielleicht wohl moͤg-

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[7/0029] dient haben, ſizen laſſen; und wann er dann den Rauſch ausgeſchlaffen, ſo will er ent- weder wieder ſauffen, oder am Spinnen von Weib und Kindern wieder erſchinden was er verlumpet; denn gehet’s ſo Junker — ich will’s euch zeigen. Mit dieſen Worten gieng es in ſeine Kam- mer, brachte einen ganzen Arm voll Garn, legt’s auf den Tiſch, und ſagte: Sehet Jun- ker! wie es dann geh’t: wenn die Maͤnner im Haus ſo leben, ſo werden die Weiber daheim und die Kinder bis in die Wiege hin- unter ein Lumpenpak — wie ſie betriegen und beſtaͤhlen mit wem ſie zu thun haben, und bringen uns dann dergleichen Garn wie ihr da ſehet, das voll Unrath und naß iſt daß man’s koͤnnte auswinden, damit ſie ei- nige Kreuzer dem Vater ableugnen, und, wie er, im Wirthshaus verthun und ver- ſauffen koͤnnen. Sein Bruder ſezte mit kurzen Worten hinzu — das Uebel iſt, daß die meiſte Leu- the bey uns keinen Anfang haben im Hau- ſen. Der Junker erwiederte ihm: aber waͤren ſie nicht dazu zu bringen, daß ſie oder ein- mal auch die Jungen trachteten zu ſo einem Anfang im Hauſen zu gelangen — Meyer. Es waͤre vielleicht wohl moͤg- A 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/29>, abgerufen am 30.04.2024.