soll, die, behüt uns Gott davor! einmal dei- nen nicht gleich sehen.
Es muß einer kein Vater seyn, wenn er nicht lieber vom Donner erschlagen seyn wollte, als von so einem Wort getroffen. Auch zitterte der Ständlj-Sänger, dem man sonst Lumpenhund, und alles was man wollte, sagen konnte, ohne daß ers zörnte, jezt am ganzen Leib; es war aber auch zu erschreklich, denn es war ganz wahr; er konnte es darum auch nicht aushal- ten, und mußte fortgehen.
Aber da er zur Thüre hinaus war, sagte doch ein alter ehrlicher Uhlj: Jä -- Linden- berger, das ist doch zu hart! und ich muß dir sagen, es ist mir einmal noch nicht, daß du in allen Stüken recht habest; gerade z. Ex. will es mir gar nicht in Kopf, daß es mit dem Aus- wendiglehrnen der Religion just so sey, wie du behauptest.
Noch immer in der Hiz, antwortete der Lin- denberger: lieber Uhlj! es tönt freylich hart, wie ichs sage, aber nur weil wir von Jugend auf gewohnt sind, es anderst zu hören. Oder ists nicht so? überlegs, und gieb mir dann eine Antwort.
Wenn einer einem Kind eine Heiden- und Zigeunerreligion in Kopf bringen würde -- wie es dann käme? -- Sez, er würde das Dümmste, das du nur erdenken könntest, ihm
ſoll, die, behuͤt uns Gott davor! einmal dei- nen nicht gleich ſehen.
Es muß einer kein Vater ſeyn, wenn er nicht lieber vom Donner erſchlagen ſeyn wollte, als von ſo einem Wort getroffen. Auch zitterte der Staͤndlj-Saͤnger, dem man ſonſt Lumpenhund, und alles was man wollte, ſagen konnte, ohne daß ers zoͤrnte, jezt am ganzen Leib; es war aber auch zu erſchreklich, denn es war ganz wahr; er konnte es darum auch nicht aushal- ten, und mußte fortgehen.
Aber da er zur Thuͤre hinaus war, ſagte doch ein alter ehrlicher Uhlj: Jaͤ — Linden- berger, das iſt doch zu hart! und ich muß dir ſagen, es iſt mir einmal noch nicht, daß du in allen Stuͤken recht habeſt; gerade z. Ex. will es mir gar nicht in Kopf, daß es mit dem Aus- wendiglehrnen der Religion juſt ſo ſey, wie du behaupteſt.
Noch immer in der Hiz, antwortete der Lin- denberger: lieber Uhlj! es toͤnt freylich hart, wie ichs ſage, aber nur weil wir von Jugend auf gewohnt ſind, es anderſt zu hoͤren. Oder iſts nicht ſo? uͤberlegs, und gieb mir dann eine Antwort.
Wenn einer einem Kind eine Heiden- und Zigeunerreligion in Kopf bringen wuͤrde — wie es dann kaͤme? — Sez, er wuͤrde das Duͤmmſte, das du nur erdenken koͤnnteſt, ihm
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0364"n="342"/>ſoll, die, behuͤt uns Gott davor! einmal dei-<lb/>
nen nicht gleich ſehen.</p><lb/><p>Es muß einer kein Vater ſeyn, wenn er nicht<lb/>
lieber vom Donner erſchlagen ſeyn wollte, als<lb/>
von ſo einem Wort getroffen. Auch zitterte der<lb/>
Staͤndlj-Saͤnger, dem man ſonſt Lumpenhund,<lb/>
und alles was man wollte, ſagen konnte, ohne<lb/>
daß ers zoͤrnte, jezt am ganzen Leib; es war<lb/>
aber auch zu erſchreklich, denn es war ganz<lb/>
wahr; er konnte es darum auch nicht aushal-<lb/>
ten, und mußte fortgehen.</p><lb/><p>Aber da er zur Thuͤre hinaus war, ſagte<lb/>
doch ein alter ehrlicher Uhlj: Jaͤ— Linden-<lb/>
berger, das iſt doch zu hart! und ich muß dir<lb/>ſagen, es iſt mir einmal noch nicht, daß du in<lb/>
allen Stuͤken recht habeſt; gerade z. Ex. will es<lb/>
mir gar nicht in Kopf, daß es mit dem Aus-<lb/>
wendiglehrnen der Religion juſt ſo ſey, wie du<lb/>
behaupteſt.</p><lb/><p>Noch immer in der Hiz, antwortete der Lin-<lb/>
denberger: lieber Uhlj! es toͤnt freylich hart,<lb/>
wie ichs ſage, aber nur weil wir von Jugend<lb/>
auf gewohnt ſind, es anderſt zu hoͤren. Oder<lb/>
iſts nicht ſo? uͤberlegs, und gieb mir dann eine<lb/>
Antwort.</p><lb/><p>Wenn einer einem Kind eine Heiden- und<lb/>
Zigeunerreligion in Kopf bringen wuͤrde —<lb/>
wie es dann kaͤme? — Sez, er wuͤrde das<lb/>
Duͤmmſte, das du nur erdenken koͤnnteſt, ihm<lb/></p></div></body></text></TEI>
[342/0364]
ſoll, die, behuͤt uns Gott davor! einmal dei-
nen nicht gleich ſehen.
Es muß einer kein Vater ſeyn, wenn er nicht
lieber vom Donner erſchlagen ſeyn wollte, als
von ſo einem Wort getroffen. Auch zitterte der
Staͤndlj-Saͤnger, dem man ſonſt Lumpenhund,
und alles was man wollte, ſagen konnte, ohne
daß ers zoͤrnte, jezt am ganzen Leib; es war
aber auch zu erſchreklich, denn es war ganz
wahr; er konnte es darum auch nicht aushal-
ten, und mußte fortgehen.
Aber da er zur Thuͤre hinaus war, ſagte
doch ein alter ehrlicher Uhlj: Jaͤ — Linden-
berger, das iſt doch zu hart! und ich muß dir
ſagen, es iſt mir einmal noch nicht, daß du in
allen Stuͤken recht habeſt; gerade z. Ex. will es
mir gar nicht in Kopf, daß es mit dem Aus-
wendiglehrnen der Religion juſt ſo ſey, wie du
behaupteſt.
Noch immer in der Hiz, antwortete der Lin-
denberger: lieber Uhlj! es toͤnt freylich hart,
wie ichs ſage, aber nur weil wir von Jugend
auf gewohnt ſind, es anderſt zu hoͤren. Oder
iſts nicht ſo? uͤberlegs, und gieb mir dann eine
Antwort.
Wenn einer einem Kind eine Heiden- und
Zigeunerreligion in Kopf bringen wuͤrde —
wie es dann kaͤme? — Sez, er wuͤrde das
Duͤmmſte, das du nur erdenken koͤnnteſt, ihm
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/364>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.