Ohr, daß sie noch höre, und auf den Mund, und dann gegen den Vater.
Er verstuhnd sie, verdrükte seinen Schmerz, daß er reden könne, und sagte dann mit stam- melnden Worten -- wie die liebe Mutter auch gegen ihns ihre Fehler erkennt, und ihns noch um Verzeihung gebeten! -- aber denn auch, daß es bey ihnen bleibe, und sie nicht mehr verlasse.
Bey jedem Wort des Vaters zitterte das Kind, sank sprachlos zwischen ihn und sie hin, und lag so da, bis sie erloschen. Da wars mit ihrem Erlöschen, wie wenn es erwachte, zu zei- gen, daß es für sie Mutter und Schwester sey und bleiben wolle, so lang es nöthig. Im Glau- ben an ihns, stuhnden Vater und Kinder um ihns her und an ihns an, wie ihns Arner er- blikte, da er die Thüre aufthat.
Er rief ihns jezt beyseits, und fragte ihns: Habet ihr auch zu essen? -- Es that ein wenig die Augen gegen ihn auf, und sagte halblaut: Ja!
Es war aber Nein; und er verstuhnds, und sagte: Habet ihr Anken im Haus?
Das nicht, sagte das Kind.
Und der Junker: -- Ihr müsset haben, und du mußt machen, daß dein Bater wieder zu Kräften kommt, und ihm darnach kochen. Da hast du etwas, thu ihm Anken zu und ein Glas Wein. Ich will ihn aber bald wieder sehen.
Mit dem war er von ihm weg.
Indessen hatten die Vorgesezten im Tenn ab-
Ohr, daß ſie noch hoͤre, und auf den Mund, und dann gegen den Vater.
Er verſtuhnd ſie, verdruͤkte ſeinen Schmerz, daß er reden koͤnne, und ſagte dann mit ſtam- melnden Worten — wie die liebe Mutter auch gegen ihns ihre Fehler erkennt, und ihns noch um Verzeihung gebeten! — aber denn auch, daß es bey ihnen bleibe, und ſie nicht mehr verlaſſe.
Bey jedem Wort des Vaters zitterte das Kind, ſank ſprachlos zwiſchen ihn und ſie hin, und lag ſo da, bis ſie erloſchen. Da wars mit ihrem Erloͤſchen, wie wenn es erwachte, zu zei- gen, daß es fuͤr ſie Mutter und Schweſter ſey und bleiben wolle, ſo lang es noͤthig. Im Glau- ben an ihns, ſtuhnden Vater und Kinder um ihns her und an ihns an, wie ihns Arner er- blikte, da er die Thuͤre aufthat.
Er rief ihns jezt beyſeits, und fragte ihns: Habet ihr auch zu eſſen? — Es that ein wenig die Augen gegen ihn auf, und ſagte halblaut: Ja!
Es war aber Nein; und er verſtuhnds, und ſagte: Habet ihr Anken im Haus?
Das nicht, ſagte das Kind.
Und der Junker: — Ihr muͤſſet haben, und du mußt machen, daß dein Bater wieder zu Kraͤften kommt, und ihm darnach kochen. Da haſt du etwas, thu ihm Anken zu und ein Glas Wein. Ich will ihn aber bald wieder ſehen.
Mit dem war er von ihm weg.
Indeſſen hatten die Vorgeſezten im Tenn ab-
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Ohr, daß ſie noch hoͤre, und auf den Mund,
und dann gegen den Vater.
Er verſtuhnd ſie, verdruͤkte ſeinen Schmerz,
daß er reden koͤnne, und ſagte dann mit ſtam-
melnden Worten — wie die liebe Mutter auch
gegen ihns ihre Fehler erkennt, und ihns noch um
Verzeihung gebeten! — aber denn auch, daß es
bey ihnen bleibe, und ſie nicht mehr verlaſſe.
Bey jedem Wort des Vaters zitterte das
Kind, ſank ſprachlos zwiſchen ihn und ſie hin,
und lag ſo da, bis ſie erloſchen. Da wars mit
ihrem Erloͤſchen, wie wenn es erwachte, zu zei-
gen, daß es fuͤr ſie Mutter und Schweſter ſey
und bleiben wolle, ſo lang es noͤthig. Im Glau-
ben an ihns, ſtuhnden Vater und Kinder um
ihns her und an ihns an, wie ihns Arner er-
blikte, da er die Thuͤre aufthat.
Er rief ihns jezt beyſeits, und fragte ihns:
Habet ihr auch zu eſſen? — Es that ein wenig
die Augen gegen ihn auf, und ſagte halblaut: Ja!
Es war aber Nein; und er verſtuhnds, und
ſagte: Habet ihr Anken im Haus?
Das nicht, ſagte das Kind.
Und der Junker: — Ihr muͤſſet haben, und
du mußt machen, daß dein Bater wieder zu
Kraͤften kommt, und ihm darnach kochen. Da
haſt du etwas, thu ihm Anken zu und ein Glas
Wein. Ich will ihn aber bald wieder ſehen.
Mit dem war er von ihm weg.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/435>, abgerufen am 23.11.2024.
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