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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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will geschweigen ihren Arm hatte, und sagte
der Gertrud mit einem Blik -- wie sie ihr
noch keinen gab -- wer sagt aber nein?

Gertrud erwiedert: es sind gewiß im gan-
zen Dorf keine die es so nöthig hätten.

Die Meyerin aber sagte ihr: das ist ein-
mal für eins nicht wahr.

Und Gertrud: wie meynst du jezt auch
das?

Meyerin. Ich meyne wie ich sage; es
sind vielleicht im ganzen Dorf keine die we-
niger eine Mutter nöthig haben als diese.

Das war Gertrud ein Räthsel; sie sagte:
ich weiß nicht wie du das verstehst?

Und die Meyerin: du gehest ihnen für 7
Mütter --

Und dann zu den Kindern: Gället (nicht
wahr?) Kinder? ihr wolltet die Frau lieber
als eine neue Mutter?

Das glaub ich, das glaub ich -- riefen
die Kinder: lieber als hundert Mütter.

Es ist doch dumm, wie du mir's machst,
sagte da Gertrud --

Und die Meyerin: du hast mir's nur zu
gescheid machen wollen.

Gertrud. Ha, ich meyn einmal, er dörf
sich jezt anmelden, wo er wolle.

Meyerin. Lächlend -- das wird ihm
niemand wehren.


D 3

will geſchweigen ihren Arm hatte, und ſagte
der Gertrud mit einem Blik — wie ſie ihr
noch keinen gab — wer ſagt aber nein?

Gertrud erwiedert: es ſind gewiß im gan-
zen Dorf keine die es ſo noͤthig haͤtten.

Die Meyerin aber ſagte ihr: das iſt ein-
mal fuͤr eins nicht wahr.

Und Gertrud: wie meynſt du jezt auch
das?

Meyerin. Ich meyne wie ich ſage; es
ſind vielleicht im ganzen Dorf keine die we-
niger eine Mutter noͤthig haben als dieſe.

Das war Gertrud ein Raͤthſel; ſie ſagte:
ich weiß nicht wie du das verſtehſt?

Und die Meyerin: du geheſt ihnen fuͤr 7
Muͤtter —

Und dann zu den Kindern: Gaͤllet (nicht
wahr?) Kinder? ihr wolltet die Frau lieber
als eine neue Mutter?

Das glaub ich, das glaub ich — riefen
die Kinder: lieber als hundert Muͤtter.

Es iſt doch dumm, wie du mir’s machſt,
ſagte da Gertrud —

Und die Meyerin: du haſt mir’s nur zu
geſcheid machen wollen.

Gertrud. Ha, ich meyn einmal, er doͤrf
ſich jezt anmelden, wo er wolle.

Meyerin. Laͤchlend — das wird ihm
niemand wehren.


D 3
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[53/0075] will geſchweigen ihren Arm hatte, und ſagte der Gertrud mit einem Blik — wie ſie ihr noch keinen gab — wer ſagt aber nein? Gertrud erwiedert: es ſind gewiß im gan- zen Dorf keine die es ſo noͤthig haͤtten. Die Meyerin aber ſagte ihr: das iſt ein- mal fuͤr eins nicht wahr. Und Gertrud: wie meynſt du jezt auch das? Meyerin. Ich meyne wie ich ſage; es ſind vielleicht im ganzen Dorf keine die we- niger eine Mutter noͤthig haben als dieſe. Das war Gertrud ein Raͤthſel; ſie ſagte: ich weiß nicht wie du das verſtehſt? Und die Meyerin: du geheſt ihnen fuͤr 7 Muͤtter — Und dann zu den Kindern: Gaͤllet (nicht wahr?) Kinder? ihr wolltet die Frau lieber als eine neue Mutter? Das glaub ich, das glaub ich — riefen die Kinder: lieber als hundert Muͤtter. Es iſt doch dumm, wie du mir’s machſt, ſagte da Gertrud — Und die Meyerin: du haſt mir’s nur zu geſcheid machen wollen. Gertrud. Ha, ich meyn einmal, er doͤrf ſich jezt anmelden, wo er wolle. Meyerin. Laͤchlend — das wird ihm niemand wehren. D 3

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/75>, abgerufen am 25.11.2024.