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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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ker jezt bis nach Mitternacht über das redte,
was ich eben gesagt.

Der Junker hatte jezt vollends nichts im
Kopf, als diese neue Schul; er redete mit
jedermann, der ihm lieb war, von ihr, und
brauchte manchmal die sonderbahrsten Aus-
drüke; Er sagte einmal zum Lieutenant, das
seye jezt sein Feldzug, und es werde sich
hierinn zeigen, ob er ein Mann sey oder nicht.

Zum Rollenberger sagte er: er vergesse
ob diesem seinen Buben;

Und zur Therese: dieses Wesen sey jezt
seine zweyte Braut, und liege ihm im Kopf
wie sie vor 12 Jahren.

Es ist recht, sagte Therese; ein Mann ist
kein Mann, wenn er in deinem Alter nicht
etwas hat das ihn mit Leib und Seel einnihmt.

Ja -- aber wenn mich das neue Wesen
nur nicht so lang warten laßt eh' es mir zeiget,
wie ich's mit ihm habe -- wie du -- sagte
Arner.

Therese lachte und sagte: es machte nichts.

Aber er war allzusehr überlaufen; er hatte
jezt den Nahmen eines guten Manns; und
wo dieser Nahme laut wird, da laufen allemal
Narren und Schelmen zu, einem, Zeit und
Geld zu stehlen.

Und so giengs ihm: es meynte ein jeder,
er könne nur zu ihm laufen und ihm einschwa-
zen und abbättlen was er wolle.


ker jezt bis nach Mitternacht uͤber das redte,
was ich eben geſagt.

Der Junker hatte jezt vollends nichts im
Kopf, als dieſe neue Schul; er redete mit
jedermann, der ihm lieb war, von ihr, und
brauchte manchmal die ſonderbahrſten Aus-
druͤke; Er ſagte einmal zum Lieutenant, das
ſeye jezt ſein Feldzug, und es werde ſich
hierinn zeigen, ob er ein Mann ſey oder nicht.

Zum Rollenberger ſagte er: er vergeſſe
ob dieſem ſeinen Buben;

Und zur Thereſe: dieſes Weſen ſey jezt
ſeine zweyte Braut, und liege ihm im Kopf
wie ſie vor 12 Jahren.

Es iſt recht, ſagte Thereſe; ein Mann iſt
kein Mann, wenn er in deinem Alter nicht
etwas hat das ihn mit Leib und Seel einnihmt.

Ja — aber wenn mich das neue Weſen
nur nicht ſo lang warten laßt eh’ es mir zeiget,
wie ich’s mit ihm habe — wie du — ſagte
Arner.

Thereſe lachte und ſagte: es machte nichts.

Aber er war allzuſehr uͤberlaufen; er hatte
jezt den Nahmen eines guten Manns; und
wo dieſer Nahme laut wird, da laufen allemal
Narren und Schelmen zu, einem, Zeit und
Geld zu ſtehlen.

Und ſo giengs ihm: es meynte ein jeder,
er koͤnne nur zu ihm laufen und ihm einſchwa-
zen und abbaͤttlen was er wolle.


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[58/0080] ker jezt bis nach Mitternacht uͤber das redte, was ich eben geſagt. Der Junker hatte jezt vollends nichts im Kopf, als dieſe neue Schul; er redete mit jedermann, der ihm lieb war, von ihr, und brauchte manchmal die ſonderbahrſten Aus- druͤke; Er ſagte einmal zum Lieutenant, das ſeye jezt ſein Feldzug, und es werde ſich hierinn zeigen, ob er ein Mann ſey oder nicht. Zum Rollenberger ſagte er: er vergeſſe ob dieſem ſeinen Buben; Und zur Thereſe: dieſes Weſen ſey jezt ſeine zweyte Braut, und liege ihm im Kopf wie ſie vor 12 Jahren. Es iſt recht, ſagte Thereſe; ein Mann iſt kein Mann, wenn er in deinem Alter nicht etwas hat das ihn mit Leib und Seel einnihmt. Ja — aber wenn mich das neue Weſen nur nicht ſo lang warten laßt eh’ es mir zeiget, wie ich’s mit ihm habe — wie du — ſagte Arner. Thereſe lachte und ſagte: es machte nichts. Aber er war allzuſehr uͤberlaufen; er hatte jezt den Nahmen eines guten Manns; und wo dieſer Nahme laut wird, da laufen allemal Narren und Schelmen zu, einem, Zeit und Geld zu ſtehlen. Und ſo giengs ihm: es meynte ein jeder, er koͤnne nur zu ihm laufen und ihm einſchwa- zen und abbaͤttlen was er wolle.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/80>, abgerufen am 25.11.2024.