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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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Aber ihr Gnaden die Fräulein hatte izt nicht
Lust mit der Bäuerin zu reden, obwohl sie verstan-
den, es sey just die, die sie gestern auf dem Spa-
tziergang angetroffen. Es war nicht mehr gestern --
sie habe nichts mit ihr zu reden, sie solle nur gehen
wo sie wolle, war izt die Antwort. Der Jäger
sagte ihr diese Worte. Die Frau aber sagte zum
Jäger -- Ist etwann das Unglück daran Schuld,
das, wie ich höre, ihr gestern im Wald mit ei-
nem Hund begegnet? --

Du hast izt deine Antwort, und kannst gehen,
erwiederte der Jäger. --

Das wohl -- das wohl -- sagte die Bäuerin
aber saget ihr nur noch, es sey auch nichts, was sie
von mir wollen, in beyden Stücken sey es nichts.
-- Er gieng noch einmal hinein, und sagte auch
dieses. --

Meinethalben, sagte Sylvia, gehe alles wie
es wolle, und sezte, da er fort war, hinzu, es be-
triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein
Mensch -- ich bin ein armes unglückliches Ge-
schöpf. --

Gebe doch Niemand viel auf diese Sprach Ach-
tung! Sie ist die mißbrauchteste und die betrieglich-
ste, die den Staub dieser Erde befleckt; kaum ist
sie unter tausend Fällen einmal nicht Unsinn, oder

Aber ihr Gnaden die Fraͤulein hatte izt nicht
Luſt mit der Baͤuerin zu reden, obwohl ſie verſtan-
den, es ſey juſt die, die ſie geſtern auf dem Spa-
tziergang angetroffen. Es war nicht mehr geſtern —
ſie habe nichts mit ihr zu reden, ſie ſolle nur gehen
wo ſie wolle, war izt die Antwort. Der Jaͤger
ſagte ihr dieſe Worte. Die Frau aber ſagte zum
Jaͤger — Iſt etwann das Ungluͤck daran Schuld,
das, wie ich hoͤre, ihr geſtern im Wald mit ei-
nem Hund begegnet? —

Du haſt izt deine Antwort, und kannſt gehen,
erwiederte der Jaͤger. —

Das wohl — das wohl — ſagte die Baͤuerin
aber ſaget ihr nur noch, es ſey auch nichts, was ſie
von mir wollen, in beyden Stuͤcken ſey es nichts.
— Er gieng noch einmal hinein, und ſagte auch
dieſes. —

Meinethalben, ſagte Sylvia, gehe alles wie
es wolle, und ſezte, da er fort war, hinzu, es be-
triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein
Menſch — ich bin ein armes ungluͤckliches Ge-
ſchoͤpf. —

Gebe doch Niemand viel auf dieſe Sprach Ach-
tung! Sie iſt die mißbrauchteſte und die betrieglich-
ſte, die den Staub dieſer Erde befleckt; kaum iſt
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[82/0100] Aber ihr Gnaden die Fraͤulein hatte izt nicht Luſt mit der Baͤuerin zu reden, obwohl ſie verſtan- den, es ſey juſt die, die ſie geſtern auf dem Spa- tziergang angetroffen. Es war nicht mehr geſtern — ſie habe nichts mit ihr zu reden, ſie ſolle nur gehen wo ſie wolle, war izt die Antwort. Der Jaͤger ſagte ihr dieſe Worte. Die Frau aber ſagte zum Jaͤger — Iſt etwann das Ungluͤck daran Schuld, das, wie ich hoͤre, ihr geſtern im Wald mit ei- nem Hund begegnet? — Du haſt izt deine Antwort, und kannſt gehen, erwiederte der Jaͤger. — Das wohl — das wohl — ſagte die Baͤuerin aber ſaget ihr nur noch, es ſey auch nichts, was ſie von mir wollen, in beyden Stuͤcken ſey es nichts. — Er gieng noch einmal hinein, und ſagte auch dieſes. — Meinethalben, ſagte Sylvia, gehe alles wie es wolle, und ſezte, da er fort war, hinzu, es be- triegt mich doch alles, und es hilft mir doch kein Menſch — ich bin ein armes ungluͤckliches Ge- ſchoͤpf. — Gebe doch Niemand viel auf dieſe Sprach Ach- tung! Sie iſt die mißbrauchteſte und die betrieglich- ſte, die den Staub dieſer Erde befleckt; kaum iſt ſie unter tauſend Faͤllen einmal nicht Unſinn, oder

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/100>, abgerufen am 21.11.2024.