mer verloren; und sagte oft, sie möchte nur wün- schen, daß sie nichts mehr sehen, nichts mehr hö- ren, und nichts mehr denken müßte -- auch suchte sie zu schlafen wo sie konnte, und aß und trank von starken Sachen und Gewürz, was um den Weg war, und so tief sie den Kopf hängte, käute sie doch immer etwas mit dem Maul: aber auch izt meynte sie noch nicht, daß sie unrecht habe, und glaubte, Arner habe sein Schicksal, das sie minder bekümmerte als eine Floh, seinen Narrheiten zu danken.
Die Dienste im Haus waren über sie aufge- bracht, daß ihrer viele nicht wußten, was sie tha- ten, wenn sie um den Weg war. Die Küchenmagd warf allemal, wenn sie sie sah, was sie in den Hän- den hatte, an den Boden. Es hätte einen Wink gebraucht, sie hätten sie über alle Mauren hinab- geworfen, und den Jäger in Stücke zerrissen. --
Sie waren eigentlich wild über Arners Krank- heit, oder vielmehr über ihre Ursachen. --
Der Hünerbub warf dem Türk Mäusegift dar, und sagte, du must mir auch nicht mehr leben, du bist auch schuldig; und als er beym Stall schon verreckt da lag, so stieß der Küher dem Aas noch die Mistgabel in den Leib, und sagte, wenn ich sie dem rechten Aas in den Leib hineinstoßen dörfte, ich wollte anderst stoßen. --
mer verloren; und ſagte oft, ſie moͤchte nur wuͤn- ſchen, daß ſie nichts mehr ſehen, nichts mehr hoͤ- ren, und nichts mehr denken muͤßte — auch ſuchte ſie zu ſchlafen wo ſie konnte, und aß und trank von ſtarken Sachen und Gewuͤrz, was um den Weg war, und ſo tief ſie den Kopf haͤngte, kaͤute ſie doch immer etwas mit dem Maul: aber auch izt meynte ſie noch nicht, daß ſie unrecht habe, und glaubte, Arner habe ſein Schickſal, das ſie minder bekuͤmmerte als eine Floh, ſeinen Narrheiten zu danken.
Die Dienſte im Haus waren uͤber ſie aufge- bracht, daß ihrer viele nicht wußten, was ſie tha- ten, wenn ſie um den Weg war. Die Kuͤchenmagd warf allemal, wenn ſie ſie ſah, was ſie in den Haͤn- den hatte, an den Boden. Es haͤtte einen Wink gebraucht, ſie haͤtten ſie uͤber alle Mauren hinab- geworfen, und den Jaͤger in Stuͤcke zerriſſen. —
Sie waren eigentlich wild uͤber Arners Krank- heit, oder vielmehr uͤber ihre Urſachen. —
Der Huͤnerbub warf dem Tuͤrk Maͤuſegift dar, und ſagte, du muſt mir auch nicht mehr leben, du biſt auch ſchuldig; und als er beym Stall ſchon verreckt da lag, ſo ſtieß der Kuͤher dem Aas noch die Miſtgabel in den Leib, und ſagte, wenn ich ſie dem rechten Aas in den Leib hineinſtoßen doͤrfte, ich wollte anderſt ſtoßen. —
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mer verloren; und ſagte oft, ſie moͤchte nur wuͤn-
ſchen, daß ſie nichts mehr ſehen, nichts mehr hoͤ-
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ſie zu ſchlafen wo ſie konnte, und aß und trank von
ſtarken Sachen und Gewuͤrz, was um den Weg
war, und ſo tief ſie den Kopf haͤngte, kaͤute ſie
doch immer etwas mit dem Maul: aber auch izt
meynte ſie noch nicht, daß ſie unrecht habe, und
glaubte, Arner habe ſein Schickſal, das ſie minder
bekuͤmmerte als eine Floh, ſeinen Narrheiten zu
danken.
Die Dienſte im Haus waren uͤber ſie aufge-
bracht, daß ihrer viele nicht wußten, was ſie tha-
ten, wenn ſie um den Weg war. Die Kuͤchenmagd
warf allemal, wenn ſie ſie ſah, was ſie in den Haͤn-
den hatte, an den Boden. Es haͤtte einen Wink
gebraucht, ſie haͤtten ſie uͤber alle Mauren hinab-
geworfen, und den Jaͤger in Stuͤcke zerriſſen. —
Sie waren eigentlich wild uͤber Arners Krank-
heit, oder vielmehr uͤber ihre Urſachen. —
Der Huͤnerbub warf dem Tuͤrk Maͤuſegift dar,
und ſagte, du muſt mir auch nicht mehr leben, du
biſt auch ſchuldig; und als er beym Stall ſchon
verreckt da lag, ſo ſtieß der Kuͤher dem Aas noch
die Miſtgabel in den Leib, und ſagte, wenn ich ſie
dem rechten Aas in den Leib hineinſtoßen doͤrfte, ich
wollte anderſt ſtoßen. —
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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