Die guten Leute aßen über diese Zeit blos für den Hunger, stunden im Augenblick wieder vom Tisch auf, damit sie nicht lange neben des Gene- rals Diensten sitzen müssen, und nahmen das Brod, das sie nicht bey Tisch aßen, mit sich in dem Sack fort; und da des Generals Dienste sie fragten, warum sie so unfreundlich mit ihnen seyen? und sagten, sie wissen doch nicht, was sie ihnen zu Leid gethan, bekamen sie zur Antwort, es sey ihnen izt nicht um reden, sie sollen selbst unter einander re- den, es seyen ihrer genug, und sie gehören zusam- men.
Der Klaus aber, der in solchen Fällen kein Blatt für das Maul nahm, sagte, er habe nichts wider die andern, aber es sey einer unter ihnen -- tausend und tausend seyen am Galgen verfault, die nicht den zehenden Theil so viel Schlimmes gethan haben als er -- und neben diesem, müsse er geste- hen, sitze er nicht gern lange am Tisch. --
Die andern sagten, er solle dem Kind den Na- men geben, und sagen, wen er meyne?
Ich meyne den, antwortete der Klaus, der dem Michel den Hund angehezt, und über den Lieu- tenant Sachen geredt, die den Junker ins Bett gebracht, und wer weiß wohl, ob nicht noch ins Grab! --
Die guten Leute aßen uͤber dieſe Zeit blos fuͤr den Hunger, ſtunden im Augenblick wieder vom Tiſch auf, damit ſie nicht lange neben des Gene- rals Dienſten ſitzen muͤſſen, und nahmen das Brod, das ſie nicht bey Tiſch aßen, mit ſich in dem Sack fort; und da des Generals Dienſte ſie fragten, warum ſie ſo unfreundlich mit ihnen ſeyen? und ſagten, ſie wiſſen doch nicht, was ſie ihnen zu Leid gethan, bekamen ſie zur Antwort, es ſey ihnen izt nicht um reden, ſie ſollen ſelbſt unter einander re- den, es ſeyen ihrer genug, und ſie gehoͤren zuſam- men.
Der Klaus aber, der in ſolchen Faͤllen kein Blatt fuͤr das Maul nahm, ſagte, er habe nichts wider die andern, aber es ſey einer unter ihnen — tauſend und tauſend ſeyen am Galgen verfault, die nicht den zehenden Theil ſo viel Schlimmes gethan haben als er — und neben dieſem, muͤſſe er geſte- hen, ſitze er nicht gern lange am Tiſch. —
Die andern ſagten, er ſolle dem Kind den Na- men geben, und ſagen, wen er meyne?
Ich meyne den, antwortete der Klaus, der dem Michel den Hund angehezt, und uͤber den Lieu- tenant Sachen geredt, die den Junker ins Bett gebracht, und wer weiß wohl, ob nicht noch ins Grab! —
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0107"n="89"/><p>Die guten Leute aßen uͤber dieſe Zeit blos fuͤr<lb/>
den Hunger, ſtunden im Augenblick wieder vom<lb/>
Tiſch auf, damit ſie nicht lange neben des Gene-<lb/>
rals Dienſten ſitzen muͤſſen, und nahmen das Brod,<lb/>
das ſie nicht bey Tiſch aßen, mit ſich in dem Sack<lb/>
fort; und da des Generals Dienſte ſie fragten,<lb/>
warum ſie ſo unfreundlich mit ihnen ſeyen? und<lb/>ſagten, ſie wiſſen doch nicht, was ſie ihnen zu Leid<lb/>
gethan, bekamen ſie zur Antwort, es ſey ihnen izt<lb/>
nicht um reden, ſie ſollen ſelbſt unter einander re-<lb/>
den, es ſeyen ihrer genug, und ſie gehoͤren zuſam-<lb/>
men.</p><lb/><p>Der Klaus aber, der in ſolchen Faͤllen kein<lb/>
Blatt fuͤr das Maul nahm, ſagte, er habe nichts<lb/>
wider die andern, aber es ſey einer unter ihnen —<lb/>
tauſend und tauſend ſeyen am Galgen verfault, die<lb/>
nicht den zehenden Theil ſo viel Schlimmes gethan<lb/>
haben als er — und neben dieſem, muͤſſe er geſte-<lb/>
hen, ſitze er nicht gern lange am Tiſch. —</p><lb/><p>Die andern ſagten, er ſolle dem Kind den Na-<lb/>
men geben, und ſagen, wen er meyne?</p><lb/><p>Ich meyne den, antwortete der Klaus, der<lb/>
dem Michel den Hund angehezt, und uͤber den Lieu-<lb/>
tenant Sachen geredt, die den Junker ins Bett<lb/>
gebracht, und wer weiß wohl, ob nicht noch ins<lb/>
Grab! —</p><lb/></div></body></text></TEI>
[89/0107]
Die guten Leute aßen uͤber dieſe Zeit blos fuͤr
den Hunger, ſtunden im Augenblick wieder vom
Tiſch auf, damit ſie nicht lange neben des Gene-
rals Dienſten ſitzen muͤſſen, und nahmen das Brod,
das ſie nicht bey Tiſch aßen, mit ſich in dem Sack
fort; und da des Generals Dienſte ſie fragten,
warum ſie ſo unfreundlich mit ihnen ſeyen? und
ſagten, ſie wiſſen doch nicht, was ſie ihnen zu Leid
gethan, bekamen ſie zur Antwort, es ſey ihnen izt
nicht um reden, ſie ſollen ſelbſt unter einander re-
den, es ſeyen ihrer genug, und ſie gehoͤren zuſam-
men.
Der Klaus aber, der in ſolchen Faͤllen kein
Blatt fuͤr das Maul nahm, ſagte, er habe nichts
wider die andern, aber es ſey einer unter ihnen —
tauſend und tauſend ſeyen am Galgen verfault, die
nicht den zehenden Theil ſo viel Schlimmes gethan
haben als er — und neben dieſem, muͤſſe er geſte-
hen, ſitze er nicht gern lange am Tiſch. —
Die andern ſagten, er ſolle dem Kind den Na-
men geben, und ſagen, wen er meyne?
Ich meyne den, antwortete der Klaus, der
dem Michel den Hund angehezt, und uͤber den Lieu-
tenant Sachen geredt, die den Junker ins Bett
gebracht, und wer weiß wohl, ob nicht noch ins
Grab! —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/107>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.