Judenleute, wenn wir uns weniger Mühe geben würden, diesen guten Leuten zu einem vergnügten, sichern, harmlosen Leben zu verhelfen, als er in seiner Zeit und in seinen Umständen sich Mühe da- für gegeben! -- Uebrigens, sezte er hinzu, thun wir, was wir ihnen thun, nur uns, und eine jede von diesen fünf hundert Haushaltungen muß uns, wenn wir auch auf nichts als auf unsern Nutzen se- hen wollten, immer in dem Grade viel werther seyn als wir wohl für sie sorgen, oder welches gleich viel ist, als sie wohl stehet und in der Ordnung ist. -- Glaube mir das, diese drey Stücke gehören unzertrennt zusammen. --
Dann wandte er sich an den Rollenberger und sagte ihm, führen Sie ihn doch fleißig und immer zu allem Schweiß und zu aller Mühe dieser Leute, und rechnen Sie ihm anhaltend und umständlich aus, wie wenig ihnen in allen Theilen ihrer Wirth- schaft und ihres Erwerbs reinen Vortheil übrig bleibe, und machen Sie ihn doch nie vergessen, daß der reine Ertrag der Wirthschaft seiner Leute und ihr Hausglück der einzige sichere Maaßstab sey, wie weit er für sich und seine Unterthanen wohl regie- ren werde! --
Dann kam er auch auf die Ruhmsucht unsers Zeitalters, und sagte, er sey so froh, daß er unter seinen Händen unmöglich könne ruhmsüchtig wer-
G 3
Judenleute, wenn wir uns weniger Muͤhe geben wuͤrden, dieſen guten Leuten zu einem vergnuͤgten, ſichern, harmloſen Leben zu verhelfen, als er in ſeiner Zeit und in ſeinen Umſtaͤnden ſich Muͤhe da- fuͤr gegeben! — Uebrigens, ſezte er hinzu, thun wir, was wir ihnen thun, nur uns, und eine jede von dieſen fuͤnf hundert Haushaltungen muß uns, wenn wir auch auf nichts als auf unſern Nutzen ſe- hen wollten, immer in dem Grade viel werther ſeyn als wir wohl fuͤr ſie ſorgen, oder welches gleich viel iſt, als ſie wohl ſtehet und in der Ordnung iſt. — Glaube mir das, dieſe drey Stuͤcke gehoͤren unzertrennt zuſammen. —
Dann wandte er ſich an den Rollenberger und ſagte ihm, fuͤhren Sie ihn doch fleißig und immer zu allem Schweiß und zu aller Muͤhe dieſer Leute, und rechnen Sie ihm anhaltend und umſtaͤndlich aus, wie wenig ihnen in allen Theilen ihrer Wirth- ſchaft und ihres Erwerbs reinen Vortheil uͤbrig bleibe, und machen Sie ihn doch nie vergeſſen, daß der reine Ertrag der Wirthſchaft ſeiner Leute und ihr Hausgluͤck der einzige ſichere Maaßſtab ſey, wie weit er fuͤr ſich und ſeine Unterthanen wohl regie- ren werde! —
Dann kam er auch auf die Ruhmſucht unſers Zeitalters, und ſagte, er ſey ſo froh, daß er unter ſeinen Haͤnden unmoͤglich koͤnne ruhmſuͤchtig wer-
G 3
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Judenleute, wenn wir uns weniger Muͤhe geben
wuͤrden, dieſen guten Leuten zu einem vergnuͤgten,
ſichern, harmloſen Leben zu verhelfen, als er in
ſeiner Zeit und in ſeinen Umſtaͤnden ſich Muͤhe da-
fuͤr gegeben! — Uebrigens, ſezte er hinzu, thun
wir, was wir ihnen thun, nur uns, und eine jede
von dieſen fuͤnf hundert Haushaltungen muß uns,
wenn wir auch auf nichts als auf unſern Nutzen ſe-
hen wollten, immer in dem Grade viel werther
ſeyn als wir wohl fuͤr ſie ſorgen, oder welches gleich
viel iſt, als ſie wohl ſtehet und in der Ordnung iſt.
— Glaube mir das, dieſe drey Stuͤcke gehoͤren
unzertrennt zuſammen. —
Dann wandte er ſich an den Rollenberger und
ſagte ihm, fuͤhren Sie ihn doch fleißig und immer zu
allem Schweiß und zu aller Muͤhe dieſer Leute,
und rechnen Sie ihm anhaltend und umſtaͤndlich
aus, wie wenig ihnen in allen Theilen ihrer Wirth-
ſchaft und ihres Erwerbs reinen Vortheil uͤbrig
bleibe, und machen Sie ihn doch nie vergeſſen, daß
der reine Ertrag der Wirthſchaft ſeiner Leute und
ihr Hausgluͤck der einzige ſichere Maaßſtab ſey, wie
weit er fuͤr ſich und ſeine Unterthanen wohl regie-
ren werde! —
Dann kam er auch auf die Ruhmſucht unſers
Zeitalters, und ſagte, er ſey ſo froh, daß er unter
ſeinen Haͤnden unmoͤglich koͤnne ruhmſuͤchtig wer-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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