Dieses alte Denkmal ihres Hauses empfahl Arner der Therese zum ersten Lehrbuch ihres Karls, mit den Worten: präg ihm früh die alte Lehre ein, die Mittel, durch welche sein Haus gegründet wor- den, werden auf immer die besten seyn, es auch zu erhalten. --
Dann sezte er den Karl zu sich auf das Bett, und sagte ihm, er solle seiner Lebtag daran denken, daß sein Vater ihn izt, da er nicht wisse, ob er noch mehr leben werde oder nicht, so zu sich auf das Bett genommen, und so in den Händen ge- habt, und ihn gebethen habe, daß er so ein christ- licher Junker werde wie der Großvater, und seiner Lebtag nie suche zu schneiden, wo er nicht gesäet -- und seiner Lebtag nie seine Dörfer und seine Bauern unbesorgt und ungeleitet sich selber und dem blinden Glück überlassen, und so verwahrlosen wolle, daß die armen Leute aufwachsen und werden müssen wie herrenloses Gesindel. --
Dann that er das alte Buch auf, zeigte ihm zuerst die Figuren und Gemählde, die darinn sind -- und dann die Rechnungen -- und sagte, Karl! wir ziehen izt, wo der Großvater einen Gulden aus diesen guten Dörfern bezogen, mehr als zehen, und dünkt es dich nicht auch, wir wären keine ehren- veste, rittermäßige und christliche Edelleute, sondern vielmehr unedelmüthige, unchristliche und harte
Dieſes alte Denkmal ihres Hauſes empfahl Arner der Thereſe zum erſten Lehrbuch ihres Karls, mit den Worten: praͤg ihm fruͤh die alte Lehre ein, die Mittel, durch welche ſein Haus gegruͤndet wor- den, werden auf immer die beſten ſeyn, es auch zu erhalten. —
Dann ſezte er den Karl zu ſich auf das Bett, und ſagte ihm, er ſolle ſeiner Lebtag daran denken, daß ſein Vater ihn izt, da er nicht wiſſe, ob er noch mehr leben werde oder nicht, ſo zu ſich auf das Bett genommen, und ſo in den Haͤnden ge- habt, und ihn gebethen habe, daß er ſo ein chriſt- licher Junker werde wie der Großvater, und ſeiner Lebtag nie ſuche zu ſchneiden, wo er nicht geſaͤet — und ſeiner Lebtag nie ſeine Doͤrfer und ſeine Bauern unbeſorgt und ungeleitet ſich ſelber und dem blinden Gluͤck uͤberlaſſen, und ſo verwahrloſen wolle, daß die armen Leute aufwachſen und werden muͤſſen wie herrenloſes Geſindel. —
Dann that er das alte Buch auf, zeigte ihm zuerſt die Figuren und Gemaͤhlde, die darinn ſind — und dann die Rechnungen — und ſagte, Karl! wir ziehen izt, wo der Großvater einen Gulden aus dieſen guten Doͤrfern bezogen, mehr als zehen, und duͤnkt es dich nicht auch, wir waͤren keine ehren- veſte, rittermaͤßige und chriſtliche Edelleute, ſondern vielmehr unedelmuͤthige, unchriſtliche und harte
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Dieſes alte Denkmal ihres Hauſes empfahl
Arner der Thereſe zum erſten Lehrbuch ihres Karls,
mit den Worten: praͤg ihm fruͤh die alte Lehre ein,
die Mittel, durch welche ſein Haus gegruͤndet wor-
den, werden auf immer die beſten ſeyn, es auch zu
erhalten. —
Dann ſezte er den Karl zu ſich auf das Bett,
und ſagte ihm, er ſolle ſeiner Lebtag daran denken,
daß ſein Vater ihn izt, da er nicht wiſſe, ob er
noch mehr leben werde oder nicht, ſo zu ſich auf
das Bett genommen, und ſo in den Haͤnden ge-
habt, und ihn gebethen habe, daß er ſo ein chriſt-
licher Junker werde wie der Großvater, und ſeiner
Lebtag nie ſuche zu ſchneiden, wo er nicht geſaͤet —
und ſeiner Lebtag nie ſeine Doͤrfer und ſeine Bauern
unbeſorgt und ungeleitet ſich ſelber und dem blinden
Gluͤck uͤberlaſſen, und ſo verwahrloſen wolle, daß
die armen Leute aufwachſen und werden muͤſſen
wie herrenloſes Geſindel. —
Dann that er das alte Buch auf, zeigte ihm
zuerſt die Figuren und Gemaͤhlde, die darinn ſind —
und dann die Rechnungen — und ſagte, Karl!
wir ziehen izt, wo der Großvater einen Gulden aus
dieſen guten Doͤrfern bezogen, mehr als zehen, und
duͤnkt es dich nicht auch, wir waͤren keine ehren-
veſte, rittermaͤßige und chriſtliche Edelleute, ſondern
vielmehr unedelmuͤthige, unchriſtliche und harte
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/118>, abgerufen am 18.12.2024.
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