Du Narr! es giebt sich nichts, als das, was man macht -- und mit deiner Schwester warten, bis er todt ist, heißt just den Wagen vor das Roß ge- spannt, und dann wollen fahren -- du solltest dich schämen, dreyßig Jahre eine Schwester zu haben, und sie nicht besser zu kennen. --
Du zankest immer, und zankest ob allem, sagte der Untervogt -- und sie -- es ist doch wahr, man muß blind seyn, in den Tag hinein zu reden wie du redest, kommt dir dann nicht auch in den Sinn, sie scheue sich, wenn der Junker todt ist -- und wolle dann nicht den Namen haben, daß es sey wie es ist. Nein, wenns gerathen muß, so ist izt die rechte Zeit, weil sie noch mit Ehren kann umkeh- ren. --
Der Vogt an ihre Sprache so gewöhnt als an seine Mittagssuppe, sagte kein Wort darüber, als: darinn hast du izt recht. --
Hab ich recht, erwiederte die Vögtin? Es ist mir lieb, daß du es merkst -- aber es ist nichts zu versaumen -- geh doch, so geschwind als du kannst, rede noch einmal mit ihr -- aber mache deine Sa- che besser als das Leztemal meine Wäscherin. --
So schickte sie ihn -- doch sezte sie noch hinzu -- die Stunde ist vielleicht so gut, daß sie izt froh ist, wenn du kommst. --
Er
Du Narr! es giebt ſich nichts, als das, was man macht — und mit deiner Schweſter warten, bis er todt iſt, heißt juſt den Wagen vor das Roß ge- ſpannt, und dann wollen fahren — du ſollteſt dich ſchaͤmen, dreyßig Jahre eine Schweſter zu haben, und ſie nicht beſſer zu kennen. —
Du zankeſt immer, und zankeſt ob allem, ſagte der Untervogt — und ſie — es iſt doch wahr, man muß blind ſeyn, in den Tag hinein zu reden wie du redeſt, kommt dir dann nicht auch in den Sinn, ſie ſcheue ſich, wenn der Junker todt iſt — und wolle dann nicht den Namen haben, daß es ſey wie es iſt. Nein, wenns gerathen muß, ſo iſt izt die rechte Zeit, weil ſie noch mit Ehren kann umkeh- ren. —
Der Vogt an ihre Sprache ſo gewoͤhnt als an ſeine Mittagsſuppe, ſagte kein Wort daruͤber, als: darinn haſt du izt recht. —
Hab ich recht, erwiederte die Voͤgtin? Es iſt mir lieb, daß du es merkſt — aber es iſt nichts zu verſaumen — geh doch, ſo geſchwind als du kannſt, rede noch einmal mit ihr — aber mache deine Sa- che beſſer als das Leztemal meine Waͤſcherin. —
So ſchickte ſie ihn — doch ſezte ſie noch hinzu — die Stunde iſt vielleicht ſo gut, daß ſie izt froh iſt, wenn du kommſt. —
Er
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0130"n="112"/>
Du Narr! es giebt ſich nichts, als das, was man<lb/>
macht — und mit deiner Schweſter warten, bis er<lb/>
todt iſt, heißt juſt den Wagen vor das Roß ge-<lb/>ſpannt, und dann wollen fahren — du ſollteſt dich<lb/>ſchaͤmen, dreyßig Jahre eine Schweſter zu haben,<lb/>
und ſie nicht beſſer zu kennen. —</p><lb/><p>Du zankeſt immer, und zankeſt ob allem, ſagte<lb/>
der Untervogt — und ſie — es iſt doch wahr, man<lb/>
muß blind ſeyn, in den Tag hinein zu reden wie<lb/>
du redeſt, kommt dir dann nicht auch in den Sinn,<lb/>ſie ſcheue ſich, wenn der Junker todt iſt — und<lb/>
wolle dann nicht den Namen haben, daß es ſey wie<lb/>
es iſt. Nein, wenns gerathen muß, ſo iſt izt die<lb/>
rechte Zeit, weil ſie noch mit Ehren kann umkeh-<lb/>
ren. —</p><lb/><p>Der Vogt an ihre Sprache ſo gewoͤhnt als an<lb/>ſeine Mittagsſuppe, ſagte kein Wort daruͤber, als:<lb/>
darinn haſt du izt recht. —</p><lb/><p>Hab ich recht, erwiederte die Voͤgtin? Es iſt<lb/>
mir lieb, daß du es merkſt — aber es iſt nichts zu<lb/>
verſaumen — geh doch, ſo geſchwind als du kannſt,<lb/>
rede noch einmal mit ihr — aber mache deine Sa-<lb/>
che beſſer als das Leztemal meine Waͤſcherin. —</p><lb/><p>So ſchickte ſie ihn — doch ſezte ſie noch hinzu<lb/>— die Stunde iſt vielleicht ſo gut, daß ſie izt froh<lb/>
iſt, wenn du kommſt. —</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[112/0130]
Du Narr! es giebt ſich nichts, als das, was man
macht — und mit deiner Schweſter warten, bis er
todt iſt, heißt juſt den Wagen vor das Roß ge-
ſpannt, und dann wollen fahren — du ſollteſt dich
ſchaͤmen, dreyßig Jahre eine Schweſter zu haben,
und ſie nicht beſſer zu kennen. —
Du zankeſt immer, und zankeſt ob allem, ſagte
der Untervogt — und ſie — es iſt doch wahr, man
muß blind ſeyn, in den Tag hinein zu reden wie
du redeſt, kommt dir dann nicht auch in den Sinn,
ſie ſcheue ſich, wenn der Junker todt iſt — und
wolle dann nicht den Namen haben, daß es ſey wie
es iſt. Nein, wenns gerathen muß, ſo iſt izt die
rechte Zeit, weil ſie noch mit Ehren kann umkeh-
ren. —
Der Vogt an ihre Sprache ſo gewoͤhnt als an
ſeine Mittagsſuppe, ſagte kein Wort daruͤber, als:
darinn haſt du izt recht. —
Hab ich recht, erwiederte die Voͤgtin? Es iſt
mir lieb, daß du es merkſt — aber es iſt nichts zu
verſaumen — geh doch, ſo geſchwind als du kannſt,
rede noch einmal mit ihr — aber mache deine Sa-
che beſſer als das Leztemal meine Waͤſcherin. —
So ſchickte ſie ihn — doch ſezte ſie noch hinzu
— die Stunde iſt vielleicht ſo gut, daß ſie izt froh
iſt, wenn du kommſt. —
Er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/130>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.