gleichen zu lieben, die lachen, bis du ihnen aus dem Sinn bist -- Armes verwahrlosetes Geschlecht, wie bist du dann zu bedauern? -- Aber dennoch bey allem, ihr Fürsten! bey allem ists noch die Fra- ge, wer mehr zu bedauern sey, das arme Geschlecht oder Ihr? wenn ihr solche Lieblinge habt wie He- lidor, der eine Stunde, ehe Bylifsky wieder heim kam, lachend von seinem Fürsten weggieng, weil er den guten Mann, der mit herzlicher Theilneh- mung zu ihm sagte, er hoffe wills Gott, er bringe gute Nachrichten von Arner, mit einem Wort er- schüttert hatte, das ihm durch die Seele gieng. -- Vergessen Ihr Durchlaucht, sagte er zu ihm, doch niemal das Wort, womit Ihr Leibarzt Sie von der gefährlichsten Krankheit geheilet, die Sie je wie- der befallen konnte.
Ganze Reihen von Lebenserfahrungen, die alle den Endzwecken Arners entgegen zu seyn schienen, kamen dem Herzog mit diesem Wort, wie mit ei- nem Schlag, wieder ins Gedächtniß, und das große drückende Bild der Verwirrungen, seiner Jugend Gutmüthigkeit, stund ihm damit plözlich vor Au- gen. -- Er gieng beyseits -- und Helidor hatte, was er wollte. --
Die Sach ist diese. -- Ihr Durchlaucht ka- men im 21. Jahr mit einem Engelherzen, aber als ein unwissendes Kind, an die Regierung, fan-
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gleichen zu lieben, die lachen, bis du ihnen aus dem Sinn biſt — Armes verwahrloſetes Geſchlecht, wie biſt du dann zu bedauern? — Aber dennoch bey allem, ihr Fuͤrſten! bey allem iſts noch die Fra- ge, wer mehr zu bedauern ſey, das arme Geſchlecht oder Ihr? wenn ihr ſolche Lieblinge habt wie He- lidor, der eine Stunde, ehe Bylifsky wieder heim kam, lachend von ſeinem Fuͤrſten weggieng, weil er den guten Mann, der mit herzlicher Theilneh- mung zu ihm ſagte, er hoffe wills Gott, er bringe gute Nachrichten von Arner, mit einem Wort er- ſchuͤttert hatte, das ihm durch die Seele gieng. — Vergeſſen Ihr Durchlaucht, ſagte er zu ihm, doch niemal das Wort, womit Ihr Leibarzt Sie von der gefaͤhrlichſten Krankheit geheilet, die Sie je wie- der befallen konnte.
Ganze Reihen von Lebenserfahrungen, die alle den Endzwecken Arners entgegen zu ſeyn ſchienen, kamen dem Herzog mit dieſem Wort, wie mit ei- nem Schlag, wieder ins Gedaͤchtniß, und das große druͤckende Bild der Verwirrungen, ſeiner Jugend Gutmuͤthigkeit, ſtund ihm damit ploͤzlich vor Au- gen. — Er gieng beyſeits — und Helidor hatte, was er wollte. —
Die Sach iſt dieſe. — Ihr Durchlaucht ka- men im 21. Jahr mit einem Engelherzen, aber als ein unwiſſendes Kind, an die Regierung, fan-
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gleichen zu lieben, die lachen, bis du ihnen aus
dem Sinn biſt — Armes verwahrloſetes Geſchlecht,
wie biſt du dann zu bedauern? — Aber dennoch
bey allem, ihr Fuͤrſten! bey allem iſts noch die Fra-
ge, wer mehr zu bedauern ſey, das arme Geſchlecht
oder Ihr? wenn ihr ſolche Lieblinge habt wie He-
lidor, der eine Stunde, ehe Bylifsky wieder heim
kam, lachend von ſeinem Fuͤrſten weggieng, weil
er den guten Mann, der mit herzlicher Theilneh-
mung zu ihm ſagte, er hoffe wills Gott, er bringe
gute Nachrichten von Arner, mit einem Wort er-
ſchuͤttert hatte, das ihm durch die Seele gieng. —
Vergeſſen Ihr Durchlaucht, ſagte er zu ihm, doch
niemal das Wort, womit Ihr Leibarzt Sie von
der gefaͤhrlichſten Krankheit geheilet, die Sie je wie-
der befallen konnte.
Ganze Reihen von Lebenserfahrungen, die alle
den Endzwecken Arners entgegen zu ſeyn ſchienen,
kamen dem Herzog mit dieſem Wort, wie mit ei-
nem Schlag, wieder ins Gedaͤchtniß, und das große
druͤckende Bild der Verwirrungen, ſeiner Jugend
Gutmuͤthigkeit, ſtund ihm damit ploͤzlich vor Au-
gen. — Er gieng beyſeits — und Helidor hatte,
was er wollte. —
Die Sach iſt dieſe. — Ihr Durchlaucht ka-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/169>, abgerufen am 21.11.2024.
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