So deutlich kamen die Bauern mit ihrer Mey- nung da hinaus, daß man gegen diesen Fehler nicht besser wirken könne, als daß man die Kinder wohl und mit Sorgfalt zu dem erziehe und bilde, was sie in ihrem Stand und in ihrem Platz in der Welt seyn müssen, und dem Leichtsinn, der Zügellosigkeit und Gedankenlosigkeit ihrer Begierden von Jugend auf entgegen arbeite, um sie zu bedächtlichen, sorgfältigen, den morgenden Tag, das Alter und die Nachkommenschaft fest im Aug haltenden Men- schen zu machen, auf die man in jedem Geschäfte des Lebens, also auch in diesem ein gutes Ver- trauen haben könne.
Wie weit sich dieses Vertrauen unter den Alten gegen die Kinder erstreckt, zeige sich, sagten sie, auch hierdurch, daß die Bauern sogar auf den Hö-
ehe man die Stärke einer höhern innern See- lenerhebung in ihrer ganzen Reinheit besizt, zu nichts als zur Verstellung führt, und den rohern Arbeitsmenschen den Geradsinn und die beschränkte aber sichere Kraft seiner eigentlichen Berufs- und Standssittlichkeit verlieren macht, ohne ihm etwas bessers dafür zu geben; wer das weiß, der wird mir die Katz im Sack ver- ziehen. Es sind Bauernreden, die mit der Katz im Sack gar nicht die gleichen Vorstellun- gen verbinden, als die gemeine Leser-Welt, die aber auch, ehe sie über die Bauernsprache urtheilt, sie zu erst verstehen lernen sollte. -- Adieu. --
So deutlich kamen die Bauern mit ihrer Mey- nung da hinaus, daß man gegen dieſen Fehler nicht beſſer wirken koͤnne, als daß man die Kinder wohl und mit Sorgfalt zu dem erziehe und bilde, was ſie in ihrem Stand und in ihrem Platz in der Welt ſeyn muͤſſen, und dem Leichtſinn, der Zuͤgelloſigkeit und Gedankenloſigkeit ihrer Begierden von Jugend auf entgegen arbeite, um ſie zu bedaͤchtlichen, ſorgfaͤltigen, den morgenden Tag, das Alter und die Nachkommenſchaft feſt im Aug haltenden Men- ſchen zu machen, auf die man in jedem Geſchaͤfte des Lebens, alſo auch in dieſem ein gutes Ver- trauen haben koͤnne.
Wie weit ſich dieſes Vertrauen unter den Alten gegen die Kinder erſtreckt, zeige ſich, ſagten ſie, auch hierdurch, daß die Bauern ſogar auf den Hoͤ-
ehe man die Staͤrke einer hoͤhern innern See- lenerhebung in ihrer ganzen Reinheit beſizt, zu nichts als zur Verſtellung fuͤhrt, und den rohern Arbeitsmenſchen den Geradſinn und die beſchraͤnkte aber ſichere Kraft ſeiner eigentlichen Berufs- und Standsſittlichkeit verlieren macht, ohne ihm etwas beſſers dafuͤr zu geben; wer das weiß, der wird mir die Katz im Sack ver- ziehen. Es ſind Bauernreden, die mit der Katz im Sack gar nicht die gleichen Vorſtellun- gen verbinden, als die gemeine Leſer-Welt, die aber auch, ehe ſie uͤber die Bauernſprache urtheilt, ſie zu erſt verſtehen lernen ſollte. — Adieu. —
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0212"n="194"/><p>So deutlich kamen die Bauern mit ihrer Mey-<lb/>
nung da hinaus, daß man gegen dieſen Fehler nicht<lb/>
beſſer wirken koͤnne, als daß man die Kinder wohl<lb/>
und mit Sorgfalt zu dem erziehe und bilde, was<lb/>ſie in ihrem Stand und in ihrem Platz in der Welt<lb/>ſeyn muͤſſen, und dem Leichtſinn, der Zuͤgelloſigkeit<lb/>
und Gedankenloſigkeit ihrer Begierden von Jugend<lb/>
auf entgegen arbeite, um ſie zu bedaͤchtlichen,<lb/>ſorgfaͤltigen, den morgenden Tag, das Alter und<lb/>
die Nachkommenſchaft feſt im Aug haltenden Men-<lb/>ſchen zu machen, auf die man in jedem Geſchaͤfte<lb/>
des Lebens, alſo auch in dieſem ein gutes Ver-<lb/>
trauen haben koͤnne.</p><lb/><p>Wie weit ſich dieſes Vertrauen unter den Alten<lb/>
gegen die Kinder erſtreckt, zeige ſich, ſagten ſie,<lb/>
auch hierdurch, daß die Bauern ſogar auf den Hoͤ-<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><notexml:id="fn01b"prev="#fn01a"place="foot"n="*)">ehe man die Staͤrke einer hoͤhern innern See-<lb/>
lenerhebung in ihrer ganzen Reinheit beſizt,<lb/>
zu nichts als zur Verſtellung fuͤhrt, und den<lb/>
rohern Arbeitsmenſchen den Geradſinn und die<lb/>
beſchraͤnkte aber ſichere Kraft ſeiner eigentlichen<lb/>
Berufs- und Standsſittlichkeit verlieren macht,<lb/>
ohne ihm etwas beſſers dafuͤr zu geben; wer<lb/>
das weiß, der wird mir die Katz im Sack ver-<lb/>
ziehen. Es ſind Bauernreden, die mit der<lb/>
Katz im Sack gar nicht die gleichen Vorſtellun-<lb/>
gen verbinden, als die gemeine Leſer-Welt,<lb/>
die aber auch, ehe ſie uͤber die Bauernſprache<lb/>
urtheilt, ſie zu erſt verſtehen lernen ſollte. —<lb/>
Adieu. —</note><lb/></p></div></body></text></TEI>
[194/0212]
So deutlich kamen die Bauern mit ihrer Mey-
nung da hinaus, daß man gegen dieſen Fehler nicht
beſſer wirken koͤnne, als daß man die Kinder wohl
und mit Sorgfalt zu dem erziehe und bilde, was
ſie in ihrem Stand und in ihrem Platz in der Welt
ſeyn muͤſſen, und dem Leichtſinn, der Zuͤgelloſigkeit
und Gedankenloſigkeit ihrer Begierden von Jugend
auf entgegen arbeite, um ſie zu bedaͤchtlichen,
ſorgfaͤltigen, den morgenden Tag, das Alter und
die Nachkommenſchaft feſt im Aug haltenden Men-
ſchen zu machen, auf die man in jedem Geſchaͤfte
des Lebens, alſo auch in dieſem ein gutes Ver-
trauen haben koͤnne.
Wie weit ſich dieſes Vertrauen unter den Alten
gegen die Kinder erſtreckt, zeige ſich, ſagten ſie,
auch hierdurch, daß die Bauern ſogar auf den Hoͤ-
*)
*) ehe man die Staͤrke einer hoͤhern innern See-
lenerhebung in ihrer ganzen Reinheit beſizt,
zu nichts als zur Verſtellung fuͤhrt, und den
rohern Arbeitsmenſchen den Geradſinn und die
beſchraͤnkte aber ſichere Kraft ſeiner eigentlichen
Berufs- und Standsſittlichkeit verlieren macht,
ohne ihm etwas beſſers dafuͤr zu geben; wer
das weiß, der wird mir die Katz im Sack ver-
ziehen. Es ſind Bauernreden, die mit der
Katz im Sack gar nicht die gleichen Vorſtellun-
gen verbinden, als die gemeine Leſer-Welt,
die aber auch, ehe ſie uͤber die Bauernſprache
urtheilt, ſie zu erſt verſtehen lernen ſollte. —
Adieu. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/212>, abgerufen am 19.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.