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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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fen, wo es doch unsicher sey, um deßwillen, wenn
sie Töchtern gehabt, nicht scharfe Hunde gehalten,
und dennoch sie des Samstag- und Sonntag-Nachts
an die Ketten gelegt, damit sich die Knaben nicht
scheuen zu ihren Häusern hinzuzukommen, und daß
das ihren Töchtern nicht an einer Heurath schade.

Mit einem Wort, man habe fast ohne Sor-
gen trauen dörfen. Etwan gar fromme Leute ha-
ben an einer Samstags- und Sonntags-Nacht noch
ein Vater Unser desto mehr für ihre Kinder gebe-
tet, daß ihnen der liebe Gott seinen guten Geist
nicht entziehe, und sie mit seinem Segen nicht ver-
lassen wölle; es sey aber auch damals in einem
Ehrenhaus so viel als nie ein Unglück begegnet;
aber wohl hernach, da wo der Pflug im Feld nicht
mehr sicher gewesen, wo Altes und Junges zu le-
ben angefangen wie die Heiden im Wald, da wo
man sich aus dem Eidschwören nicht vielmehr ge-
macht, und Leute beym Nachtmahl haben zudienen
dörfen, die als die Schlimmsten hierüber im Land
verschreyt gewesen, da seyen freylich auch die Töch-
tern in sonst braven Häusern in ihren Kammern
nicht mehr sicher gewesen.

Mit einem Wort, sagten sie, und dieses war
das lezte, man habe die Hauptsachen, worauf es in
diesem Stück ankomme, izt wie aus den Augen
verloren, und mache Kindereyen darüber, die nicht

N 2

fen, wo es doch unſicher ſey, um deßwillen, wenn
ſie Toͤchtern gehabt, nicht ſcharfe Hunde gehalten,
und dennoch ſie des Samſtag- und Sonntag-Nachts
an die Ketten gelegt, damit ſich die Knaben nicht
ſcheuen zu ihren Haͤuſern hinzuzukommen, und daß
das ihren Toͤchtern nicht an einer Heurath ſchade.

Mit einem Wort, man habe faſt ohne Sor-
gen trauen doͤrfen. Etwan gar fromme Leute ha-
ben an einer Samſtags- und Sonntags-Nacht noch
ein Vater Unſer deſto mehr fuͤr ihre Kinder gebe-
tet, daß ihnen der liebe Gott ſeinen guten Geiſt
nicht entziehe, und ſie mit ſeinem Segen nicht ver-
laſſen woͤlle; es ſey aber auch damals in einem
Ehrenhaus ſo viel als nie ein Ungluͤck begegnet;
aber wohl hernach, da wo der Pflug im Feld nicht
mehr ſicher geweſen, wo Altes und Junges zu le-
ben angefangen wie die Heiden im Wald, da wo
man ſich aus dem Eidſchwoͤren nicht vielmehr ge-
macht, und Leute beym Nachtmahl haben zudienen
doͤrfen, die als die Schlimmſten hieruͤber im Land
verſchreyt geweſen, da ſeyen freylich auch die Toͤch-
tern in ſonſt braven Haͤuſern in ihren Kammern
nicht mehr ſicher geweſen.

Mit einem Wort, ſagten ſie, und dieſes war
das lezte, man habe die Hauptſachen, worauf es in
dieſem Stuͤck ankomme, izt wie aus den Augen
verloren, und mache Kindereyen daruͤber, die nicht

N 2
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[195/0213] fen, wo es doch unſicher ſey, um deßwillen, wenn ſie Toͤchtern gehabt, nicht ſcharfe Hunde gehalten, und dennoch ſie des Samſtag- und Sonntag-Nachts an die Ketten gelegt, damit ſich die Knaben nicht ſcheuen zu ihren Haͤuſern hinzuzukommen, und daß das ihren Toͤchtern nicht an einer Heurath ſchade. Mit einem Wort, man habe faſt ohne Sor- gen trauen doͤrfen. Etwan gar fromme Leute ha- ben an einer Samſtags- und Sonntags-Nacht noch ein Vater Unſer deſto mehr fuͤr ihre Kinder gebe- tet, daß ihnen der liebe Gott ſeinen guten Geiſt nicht entziehe, und ſie mit ſeinem Segen nicht ver- laſſen woͤlle; es ſey aber auch damals in einem Ehrenhaus ſo viel als nie ein Ungluͤck begegnet; aber wohl hernach, da wo der Pflug im Feld nicht mehr ſicher geweſen, wo Altes und Junges zu le- ben angefangen wie die Heiden im Wald, da wo man ſich aus dem Eidſchwoͤren nicht vielmehr ge- macht, und Leute beym Nachtmahl haben zudienen doͤrfen, die als die Schlimmſten hieruͤber im Land verſchreyt geweſen, da ſeyen freylich auch die Toͤch- tern in ſonſt braven Haͤuſern in ihren Kammern nicht mehr ſicher geweſen. Mit einem Wort, ſagten ſie, und dieſes war das lezte, man habe die Hauptſachen, worauf es in dieſem Stuͤck ankomme, izt wie aus den Augen verloren, und mache Kindereyen daruͤber, die nicht N 2

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/213>, abgerufen am 24.05.2024.