Er antwortete ihm, er habe wohl davon reden gehört, aber Bestimmtes wisse er nichts.
Arner. Warum er nicht besser nachgefragt?
Vogt. Er habe nicht daran gedacht -- und es habe ihms Niemand befohlen.
Junker. Ob die Unordnungen selber nicht Befehls genug gewesen seyen?
Vogt. Das wohl, er habe auch so gefragt, aber nichts vernommen. --
Arner schüttelte den Kopf, und sagte ihm, du bist froh, wenn du nichts weißt; und es ist nichts anders, als was ich dir schon gesagt, du bist zu die- sem Dienst nicht brauchbar.
Vogt. So gebet mir meine Entlassung. --
Junker. Da hast du sie -- und geh izt. --
Er säumte nicht lange, nahm den Thürenan- gel in die Hand, und vor der Thür den Stecken, und gieng mit leichtem Herzen die Treppe hinun- ter. Als er heim kam, sagte ihm seine Frau, da siehest izt, daß ich recht habe, wenn ich zu dir sage, du seyest gar zu nichts nütz. -- Und im Dorf sagte izt ein jedes, der Hummel sey doch noch ein anderer Mann gewesen zum Vogt als er. -- Und Leute von seinem Alter erzählten, wenn ihn der Junker so, wie sie, von Jugend her gekennt hätte, so hätte er ihn gewiß nicht zum Vogt gemacht; wenn
Er antwortete ihm, er habe wohl davon reden gehoͤrt, aber Beſtimmtes wiſſe er nichts.
Arner. Warum er nicht beſſer nachgefragt?
Vogt. Er habe nicht daran gedacht — und es habe ihms Niemand befohlen.
Junker. Ob die Unordnungen ſelber nicht Befehls genug geweſen ſeyen?
Vogt. Das wohl, er habe auch ſo gefragt, aber nichts vernommen. —
Arner ſchuͤttelte den Kopf, und ſagte ihm, du biſt froh, wenn du nichts weißt; und es iſt nichts anders, als was ich dir ſchon geſagt, du biſt zu die- ſem Dienſt nicht brauchbar.
Vogt. So gebet mir meine Entlaſſung. —
Junker. Da haſt du ſie — und geh izt. —
Er ſaͤumte nicht lange, nahm den Thuͤrenan- gel in die Hand, und vor der Thuͤr den Stecken, und gieng mit leichtem Herzen die Treppe hinun- ter. Als er heim kam, ſagte ihm ſeine Frau, da ſieheſt izt, daß ich recht habe, wenn ich zu dir ſage, du ſeyeſt gar zu nichts nuͤtz. — Und im Dorf ſagte izt ein jedes, der Hummel ſey doch noch ein anderer Mann geweſen zum Vogt als er. — Und Leute von ſeinem Alter erzaͤhlten, wenn ihn der Junker ſo, wie ſie, von Jugend her gekennt haͤtte, ſo haͤtte er ihn gewiß nicht zum Vogt gemacht; wenn
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0239"n="221"/><p>Er antwortete ihm, er habe wohl davon reden<lb/>
gehoͤrt, aber Beſtimmtes wiſſe er nichts.</p><lb/><p><hirendition="#g">Arner</hi>. Warum er nicht beſſer nachgefragt?</p><lb/><p><hirendition="#g">Vogt</hi>. Er habe nicht daran gedacht — und<lb/>
es habe ihms Niemand befohlen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Junker</hi>. Ob die Unordnungen ſelber nicht<lb/>
Befehls genug geweſen ſeyen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Vogt</hi>. Das wohl, er habe auch ſo gefragt,<lb/>
aber nichts vernommen. —</p><lb/><p>Arner ſchuͤttelte den Kopf, und ſagte ihm, du<lb/>
biſt froh, wenn du nichts weißt; und es iſt nichts<lb/>
anders, als was ich dir ſchon geſagt, du biſt zu die-<lb/>ſem Dienſt nicht brauchbar.</p><lb/><p><hirendition="#g">Vogt</hi>. So gebet mir meine Entlaſſung. —</p><lb/><p><hirendition="#g">Junker</hi>. Da haſt du ſie — und geh izt. —</p><lb/><p>Er ſaͤumte nicht lange, nahm den Thuͤrenan-<lb/>
gel in die Hand, und vor der Thuͤr den Stecken,<lb/>
und gieng mit leichtem Herzen die Treppe hinun-<lb/>
ter. Als er heim kam, ſagte ihm ſeine Frau, da<lb/>ſieheſt izt, daß ich recht habe, wenn ich zu dir<lb/>ſage, du ſeyeſt gar zu nichts nuͤtz. — Und im<lb/>
Dorf ſagte izt ein jedes, der Hummel ſey doch noch<lb/>
ein anderer Mann geweſen zum Vogt als er. —<lb/>
Und Leute von ſeinem Alter erzaͤhlten, wenn ihn der<lb/>
Junker ſo, wie ſie, von Jugend her gekennt haͤtte,<lb/>ſo haͤtte er ihn gewiß nicht zum Vogt gemacht; wenn<lb/></p></div></body></text></TEI>
[221/0239]
Er antwortete ihm, er habe wohl davon reden
gehoͤrt, aber Beſtimmtes wiſſe er nichts.
Arner. Warum er nicht beſſer nachgefragt?
Vogt. Er habe nicht daran gedacht — und
es habe ihms Niemand befohlen.
Junker. Ob die Unordnungen ſelber nicht
Befehls genug geweſen ſeyen?
Vogt. Das wohl, er habe auch ſo gefragt,
aber nichts vernommen. —
Arner ſchuͤttelte den Kopf, und ſagte ihm, du
biſt froh, wenn du nichts weißt; und es iſt nichts
anders, als was ich dir ſchon geſagt, du biſt zu die-
ſem Dienſt nicht brauchbar.
Vogt. So gebet mir meine Entlaſſung. —
Junker. Da haſt du ſie — und geh izt. —
Er ſaͤumte nicht lange, nahm den Thuͤrenan-
gel in die Hand, und vor der Thuͤr den Stecken,
und gieng mit leichtem Herzen die Treppe hinun-
ter. Als er heim kam, ſagte ihm ſeine Frau, da
ſieheſt izt, daß ich recht habe, wenn ich zu dir
ſage, du ſeyeſt gar zu nichts nuͤtz. — Und im
Dorf ſagte izt ein jedes, der Hummel ſey doch noch
ein anderer Mann geweſen zum Vogt als er. —
Und Leute von ſeinem Alter erzaͤhlten, wenn ihn der
Junker ſo, wie ſie, von Jugend her gekennt haͤtte,
ſo haͤtte er ihn gewiß nicht zum Vogt gemacht; wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/239>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.