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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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das nicht geglaubt, daß sie die Bauern hätten da-
hinbringen können, Geld dafür zu versprechen, um
den Schulmeister behalten zu können. -- Das
Mareili sagte ihm darüber, man thut den Bauern
unrecht, wenn man glaubt, sie gäben nicht gern
Geld aus für ihre Kinder, sie thun es freylich nie,
bis sie sehen und erfahren, daß es etwas nüzt.

Aber meynst du, sagte der Junker, wenn man
machen würde, daß sie erfahren könnten, und die
Probe in ihren Händen hätten, daß man ihre
Kinder weiter bringen könnte, als man sie nicht
bringt, meynst du denn, sie würden an vielen Or-
ten auch selber gerne etwas dazu beytragen, die
Leute, die man hierzu nöthig hätte, zu bezahlen?

An allen Orten, und ganz gewiß würden sie
es dann gerne thun, sagte das Mareili, und alle
Weiber, auch der alte Renold bestätigte das. Er
sezte hinzu, man müßte ihnen nur so einen Mann
zwey oder drey Monat ohne ihre Kösten auf die
Probe geben, dann würden sie ihn gewiß nehmen,
und wenn man es foderte, die Probkösten noch darzu
bezahlen. Diese Bemerkung war dem Junker und
dem Lieutenant sehr wichtig; sie widerlegt das un-
richtige Geschrey, daß die Besserung der Landschu-
len unerschwingliche Geldsummen erfodere, es fehlt
weit mehr an Anstelligkeit und Sachkenntniß.

Und

das nicht geglaubt, daß ſie die Bauern haͤtten da-
hinbringen koͤnnen, Geld dafuͤr zu verſprechen, um
den Schulmeiſter behalten zu koͤnnen. — Das
Mareili ſagte ihm daruͤber, man thut den Bauern
unrecht, wenn man glaubt, ſie gaͤben nicht gern
Geld aus fuͤr ihre Kinder, ſie thun es freylich nie,
bis ſie ſehen und erfahren, daß es etwas nuͤzt.

Aber meynſt du, ſagte der Junker, wenn man
machen wuͤrde, daß ſie erfahren koͤnnten, und die
Probe in ihren Haͤnden haͤtten, daß man ihre
Kinder weiter bringen koͤnnte, als man ſie nicht
bringt, meynſt du denn, ſie wuͤrden an vielen Or-
ten auch ſelber gerne etwas dazu beytragen, die
Leute, die man hierzu noͤthig haͤtte, zu bezahlen?

An allen Orten, und ganz gewiß wuͤrden ſie
es dann gerne thun, ſagte das Mareili, und alle
Weiber, auch der alte Renold beſtaͤtigte das. Er
ſezte hinzu, man muͤßte ihnen nur ſo einen Mann
zwey oder drey Monat ohne ihre Koͤſten auf die
Probe geben, dann wuͤrden ſie ihn gewiß nehmen,
und wenn man es foderte, die Probkoͤſten noch darzu
bezahlen. Dieſe Bemerkung war dem Junker und
dem Lieutenant ſehr wichtig; ſie widerlegt das un-
richtige Geſchrey, daß die Beſſerung der Landſchu-
len unerſchwingliche Geldſummen erfodere, es fehlt
weit mehr an Anſtelligkeit und Sachkenntniß.

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[224/0242] das nicht geglaubt, daß ſie die Bauern haͤtten da- hinbringen koͤnnen, Geld dafuͤr zu verſprechen, um den Schulmeiſter behalten zu koͤnnen. — Das Mareili ſagte ihm daruͤber, man thut den Bauern unrecht, wenn man glaubt, ſie gaͤben nicht gern Geld aus fuͤr ihre Kinder, ſie thun es freylich nie, bis ſie ſehen und erfahren, daß es etwas nuͤzt. Aber meynſt du, ſagte der Junker, wenn man machen wuͤrde, daß ſie erfahren koͤnnten, und die Probe in ihren Haͤnden haͤtten, daß man ihre Kinder weiter bringen koͤnnte, als man ſie nicht bringt, meynſt du denn, ſie wuͤrden an vielen Or- ten auch ſelber gerne etwas dazu beytragen, die Leute, die man hierzu noͤthig haͤtte, zu bezahlen? An allen Orten, und ganz gewiß wuͤrden ſie es dann gerne thun, ſagte das Mareili, und alle Weiber, auch der alte Renold beſtaͤtigte das. Er ſezte hinzu, man muͤßte ihnen nur ſo einen Mann zwey oder drey Monat ohne ihre Koͤſten auf die Probe geben, dann wuͤrden ſie ihn gewiß nehmen, und wenn man es foderte, die Probkoͤſten noch darzu bezahlen. Dieſe Bemerkung war dem Junker und dem Lieutenant ſehr wichtig; ſie widerlegt das un- richtige Geſchrey, daß die Beſſerung der Landſchu- len unerſchwingliche Geldſummen erfodere, es fehlt weit mehr an Anſtelligkeit und Sachkenntniß. Und

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/242>, abgerufen am 21.11.2024.